Musikgeschichten #20

Special: Coverversionen

Wer jemals das Vergnügen hatte, mit mir intensiver über Musik zu diskutieren, weiß, dass ich eine ziemlich eindeutige Meinung zu gecoverten Songs habe. Es gibt nach meinem Empfinden kaum etwas Frustrierenderes als einen Musiker, der mit einem Song Erfolg hat, den jemand anders vor zwanzig Jahren geschrieben hat. Außer vielleicht Radiomoderatoren, die so wenig Achtung vor ihrem Job haben, dass sie es nicht für nötig erachten, darauf hinzuweisen. Und kennt ihr eigentlich dieses Gefühl, wenn ihr ganz genau wisst, ihr kennt diesen Song, den gerade alle toll finden, nur irgendwie anders, und ihr kommt einfach nicht drauf, woher?

Das Phänomen gecoverter Songs war mir tatsächlich lange überhaupt nicht geläufig. Und dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt, wurde mir sogar erst bewusst, als ich in einem Blog von jemandem las, der alle Versionen von “Leaving on a Jet Plane” sammelte. Für alle, die es nicht wissen, “Leaving on a Jet Plane” von John Denver ist der gefühlt meistgecoverte Song der Welt, und dabei ist er noch nicht mal besonders gut. Aber ich fand die Geschichte witzig und stolperte in der Folgezeit selber des öfteren über Coverversionen davon.

Nun ist es eigentlich eine ziemlich junge Entwicklung, dass Musiker bekannte Songs covern, um einen sicheren Hit zu landen. Früher wurden Songs vor allem deshalb gecovert, um seinen Vorbildern zu huldigen, und der Unterschied zu Covern aus Geldgründen ist der, dass es sich meist nicht um reines Nachsingen handelt, sondern um eigene Interpretationen. Und das ist der Moment, wo ich Martin Gore ins Spiel bringen muss, dessen zwei Coveralben sozusagen die Latte sind, an der sich grundsätzlich alle Cover messen lassen müssen. “Counterfeit” entdeckte ich relativ früh in meiner heißen Depeche-Mode-Phase und fand es damals furchtbar spannend, dass sich direkte Einflüsse auf dem nächsten Album der Band finden lassen. Man merkt einfach, er hat sich mit den Songs beschäftigt.

In meiner Welt sind Coverversionen meistens trotzdem mit der manischen Suche nach dem Original verbunden, was mir – obwohl ich das niemals zugeben würde – auch irgendwie Spaß macht. Als ich zum Beispiel auf dem “Kill Bill”-Soundtrack “About her” von Malcolm McLaren hörte, schrillten bei mir natürlich sofort sämtliche Alarmglocken, aber es dauerte Wochen, bis ich auf “She’s not there” von The Zombies kam – einfach deshalb, weil der Titel ein anderer war. Und nur damit wir uns recht verstehen, ich mag McLarens Version sehr. Richtig absurd wurde es mit “Islands in the Stream” von Dolly Parton, weil ich da zwar wusste, dass es das Original sein muss, aber irgendwie das seltsame Gefühl hatte, bereits ein Cover davon gehört zu haben. Darauf bin ich tatsächlich etwas stolz, weil ich ohne Internet und nur mit meiner eigenen Musiksammlung schließlich darauf kam, dass Rapper Pras den Refrain daraus für sein “Ghetto Superstar” übernommen hat. Dass mich so was tatsächlich für Tage und Wochen beschäftigen kann, verstehen allerdings nur die wenigsten.

Übrigens, ich sammle inzwischen auch Coverversionen – von “She’s not there”. Also immer her damit!