The Handmaid’s Tale | Bear Witness (3×10)

„You’re not you. I’m not me. This is a transaction.“

Fred sorgt dafür, dass sich auch die Kommandanten strikter an die Regeln halten müssen – und hat dabei vor allem Lawrence im Auge. Spoiler!

If he’s unfit to lead his household, he’s unfit to lead Gilead

June kehrt in den Haushalt der Lawrences zurück, der sich unter den neuen Regeln von Kommandant Waterford stark verändert hat. Doch versteckte Bücher allein reichen nicht aus, und da Fred den unkonventionellen Joseph Lawrence um jeden Preis loswerden will, schlägt er Winslow vor, zu überprüfen, ob bei der Zeremonie im Lawrence-Haus alles ordentlich abläuft. Es ist das letzte Zünglein an der Waage, das Lawrence davon überzeugt, dass er seine Frau Eleanor dringend aus Gilead rausschaffen muss.

Die Umkehr von Täter und Opfer

„Bear Witness“ ist eine seltsame Folge, die die Rollen von Täter und Opfer vollständig umkehrt. Auch das ist ein Charakteristikum jeder Diktatur: Über kurz oder lang wendet sie sich gegen die eigenen Leute. Zugegeben, die Lawrences waren nie wirklich Teil Gileads, denn es ist mehr als offensichtlich, dass sie vor diesem Abend nie auch nur eine einzige Zeremonie durchgeführt haben (die Marthas wussten noch nicht einmal, wo sie stehen müssen). Und auch wenn wir immer im Hinterkopf behalten müssen, dass Joseph Lawrence einer der Mitgründer Gileads ist und damit mehr als genug Schuld auf sich geladen hat, haben diese Szenen doch etwas zutiefst Beschämendes.

In privilegierter Position ist es leicht, sich den Standards zu widersetzen und dabei die Augen davor zu verschließen, dass dieses Privileg nicht alle haben. Dass andere eben diese Position ausnutzen, um Menschen zu erniedrigen und auszunutzen. Die Lawrences haben sich in ihre eigene Welt zurückgezogen, und Joseph schien ernsthaft davon auszugehen, dass er damit bis an sein Lebensende durchkommt. Dabei war es unvermeidlich, dass Emporkömmlinge wie Waterford sich eines Tages an ihm abarbeiten würden.

„It’s been five years since we had our children torn away from us. An eternity. They were one; now they’re six. They were seven; now they’re twelve. We’ve missed everything. The steps, the smiles. The tragedies.“

Mehr Kontrolle, mehr Widerstand

Am Ende ist das, was sich dort im Haus abspielt, aber nur ein Vorgeschmack dessen, was noch auf sie zukommt. Die Veränderungen, die Waterford von Washington noch Boston holt, mögen zunächst klein scheinen, doch sie sind zweifellos nur der Anfang. Heute ist es die Dekoration in den Häusern von Kommandanten, morgen sind es Ringe in den Lippen der Mägde. Es könnte die letzte Chance sein, noch irgendetwas zu unternehmen, denn schon jetzt ist das Maß an Überwachung, das Gilead den Mägden und Marthas angedeihen lässt, geradezu absurd hoch.

Die Resonanz auf Junes Vorschlag, die Kinder aus Gilead zu schaffen, ist dennoch überwältigend. Mithilfe eines raffinierten Kommunikationssystems per Backwaren („scones mean no, muffins mean yes“) lassen die Marthas im Distrikt June wissen, dass sie dabei sind. Das wird keine kleine Aktion, wie es anfänglich schien, dies könnte tatsächlich der größte Coup des Widerstands werden. Und sie haben einen Trumpf: Kommandant Lawrence will seine Frau um jeden Preis über die Grenze schaffen und würde June alles geben, damit sie ihm dabei hilft.

Ein Abend, der das Leben dreier Menschen verändert

Aber ich kann nicht über „Bear Witness“ sprechen, ohne auf die Zeremonie selbst einzugehen. Wie gesagt, es ist eine glatte Umkehr dessen, was wir bisher in dem Zusammenhang gesehen haben. June ist diesmal nicht das Opfer, sondern diejenige, die das Ganze aus der Notwendigkeit heraus orchestriert. Und obwohl Joseph am Ende mit ihr schläft, ist er kein Täter, es herrscht stattdessen eine Art widerwilliger Konsens. Wenn überhaupt, dann ist Eleanor das Opfer. Ohne ihre Medikamente ist sie kaum in der Lage, zu verarbeiten, was hier passiert. Dieser Abend verändert die Beziehung dieser drei Menschen auf immer; entzweit sie nicht, wie es Zweck dieser überwachten Zeremonie war, sondern schweißt sie enger zusammen.

Eleanor: „The Aunt checked on us before.“
Fred: „Oh! It’s mere formality, Mrs. Lawrence. Shoring up those households that have had difficulties with Handmaids.“
Lydia: „Bearing witness ensures that every member of the family is performing their role. Any deviation could tip the scales to failure.“
Lawrence: „Are you gonna sit in the bed with us, too? Because that would definitely make things more interesting.“

Serena ist erneut in der Defensive

Was Serena angeht, so wird sie zunehmend ungeduldig mit Fred. Nichole war vielleicht der Anstoß, doch anders als für seine Frau war für Fred nie das Kind wichtig, sondern lediglich sein ramponierter Ruf. Und nun, da seine Karriere wieder Auftrieb hat, ist sein Interesse, die Sache weiterzuverfolgen, entsprechend gering. Was sich Serena davon erhofft, ihm Tuellos Satellitentelefon zu überlassen, ist dennoch nur schwer nachzuvollziehen. Der Amerikaner wollte Serena helfen, Gilead und ihren Mann zu verlassen – welchen Grund sollte er haben, Fred dabei zu unterstützen, Nichole nach Gilead zurückzuholen?

Blessed be the fruit

• Aus den Akten im Keller der Lawrences erfährt June, das Janines Sohn Caleb vor vier Jahren gestorben ist. Sie behält das allerdings für sich und erzählt Janine, dass die Familie nach Kalifornien umgezogen ist.
• Apropos, wir kriegen zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit wieder eine Zeitangabe. Fünf Jahre sind vergangen, seit Gilead errichtet wurde.
• Junes „I mean, at least it wasn’t you“ zu Fred nach der Zeremonie war ein Schlag unter die Gürtellinie, der gesessen hat.
• Und wie süß war das eigentlich, dass Joseph June Anti-Baby-Pillen gibt und diese auch noch als „collector’s item“ bezeichnet?

5 von 5 Bananen-Muffins.

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