Star Trek: Discovery | That Hope is you, Part 2 (3×13)

„You were the one that wrestled with how to be what this time requires of us. And you challenged me to do the same.“

Während Michael und die Crew die Discovery zurückerobern wollen, versucht Saru, zu Su‘Kal durchzudringen. Spoiler!

Even in fear you can still step forward

Nachdem sie Stamets aus der Schusslinie gebracht hat, gelingt es Michael, Admiral Vance und die inzwischen angerückte Flotte von Ni‘Var dazu zu bringen, die Discovery vorerst ziehen zu lassen. Während sie anschließend damit beschäftigt ist, Book zu befreien, gelingt es der Brückencrew, eine Bombe zu basteln, um eine der Gondeln zu lösen und das Schiff aufzuhalten. Im Verubin-Nebel bemüht sich Saru derweil darum, Su‘Kals Vertrauen zu gewinnen und ihn davon zu überzeugen, dass er das Holo beenden muss, bevor das Schiff komplett auseinanderfällt.

Vor allem ein Tempo-Problem

Lasst mich mit dem Positiven beginnen: Das Staffelfinale von „Star Trek: Discovery“ ist nicht total furchtbar. Tatsächlich gelingt es ihm über weite Strecken, eine spannende Story zu erzählen, auch wenn der Fokus wie so oft zu stark auf halsbrecherischer Action liegt, die in einigen hanebüchenen Stunts resultiert. Im Wesentlichen ist das Problem der Folge das gleiche wie schon in „Su‘Kal“: Durch den Wechsel zwischen den ruhigen Sequenzen im Verubin-Nebel und dem Kampf auf der Discovery ist das Tempo äußerst unstet und der ständig betonte Zeitdruck einfach nicht spürbar.

„Disconnection. That’s how this future began. One moment in time. It radiated outward until no one even remembered that connection was possible anymore. But it is. The need to connect is at our core as sentient beings. It takes time, effort, and understanding. Sometimes, it feels impossible. But if we work at it, miracles can happen.“

Mehr denn je eine Utopie

Ein bisschen wirkt „That Hope is you, Part 2“ wie aus der Zeit gerissen. Das liegt zum einen daran, dass unter all der Action eines der Kernthemen von „Star Trek“ verborgen liegt: der Zusammenhalt. Die Crew der Discovery setzt sich am Ende nicht deshalb durch, weil sie ihren Gegnern zahlenmäßig überlegen ist oder die bessere Ausstattung hat, sondern weil sie gemeinsam für eine Sache einstehen. Dabei geht es gar nicht so sehr darum, dass diese Sache die Föderation ist, der Knackpunkt ist eher, dass Osyraas Leute nur Untergebene sind, die aus Angst oder Machtgier für sie arbeiten.

Aber was mich während der einen Stunde Laufzeit vielmehr beschäftigt hat, ist, wie seltsam fremd mir dieser Zusammenhalt vorkam. Die einen mögen darin die typische „Star Trek“-Gewohnheit sehen, aktuelle Ereignisse zu katalysieren, in Wirklichkeit wird hier aber nur die Verzögerung zwischen den Dreharbeiten und unserer Gegenwart sichtbar. Vor einem Jahr hätte ich mir vielleicht noch vorstellen können, dass die Menschen in einer Krise zusammenhalten, inzwischen jedoch wurden wir alle eines Besseren belehrt. Das ist ein Effekt, den „Star Trek: Discovery“ nicht vorhersehen konnte, aber er ist nichtsdestotrotz da und hat mir die Aussage so ein bisschen verdorben.

Große Drehbuchlücken

Inhaltlich ist „That Hope is you, Part 2“ solide erzählt. Die verschiedenen Puzzleteile, die uns im Laufe der Staffel präsentiert wurden, fügen sich zusammen und ergeben ein stimmiges Bild. Hier und da muss man die Teile vielleicht mit ein bisschen mehr Gewalt ineinander drücken. So ist mir zum Beispiel überhaupt nicht klar, wie Culber und Adira so sicher sein können, dass Su‘Kals genetische Anomalie keine Gefahr mehr darstellt, wenn er den Dilithium-Planeten verlässt. (Die ganze Galaxis verwendet Dilithium, das in seiner Nähe jederzeit in die Luft fliegen kann?) Auch ist die Flotte der Romulaner und Vulkanier ein völlig unnötiges Plotelement, das zu keinem Zeitpunkt genutzt wird.

Das Wichtigste aber ist: Womit genau überzeugt Michael Vance eigentlich davon, das wichtigste Schiff der Flotte von Osyraa entführen zu lassen? Vertrauen Sie mir, ich bin die Heldin dieser Show? Ich meine, man muss durchaus bewundern, wie der Bogen zur ersten Folge der Staffel geschlagen wird (nicht nur im Titel), indem Michaels Versuch, ihren Platz in dieser Zukunft zu finden, einen Abschluss findet. Aber zu welchem Preis? Sie hat sämtliche Werte der Föderation wiederholt mit Füßen getreten, doch weil sie das ja immer mit den besten Absichten getan hat und es am Ende durch viel Glück gut ausgegangen ist, ist sie jetzt die große Heldin.

Saru: „Outside can be challenging …“
Su’Kal: „Dangerous“
Saru: „… but it is also beautiful. And diverse. And filled with wonder.“

Die Serie vereinfacht die Zusammenhänge

Interessanterweise habe ich das Gefühl, dass „Star Trek: Discovery“ trotz aller vermeintlichen Epik immer viel zu klein denkt. Der Story-Arc dieser Staffel ist ein gutes Beispiel dafür. Ausgangssituation war eine stark dezimierte Föderation, die der Macht der deutlich besser vernetzten Smaragdkette gegenübersteht. Das ist eine Situation, die sich so über Jahrzehnte entwickelt hat, sich aber offensichtlich innerhalb von Minuten umdrehen lässt. Kaum hat die Föderation ausreichend Dilithium, wollen die abtrünnigen Welten sogleich wieder beitreten.

Viel schwerer wiegt die Vereinfachung bei der Smaragdkette, einem Imperium, das sich über etliche Systeme erstreckt. Dass es sofort in sich zusammenbricht, nachdem Osyraa getötet wurde, halte ich für ausgemachten Unsinn. Zum einen wäre es erstaunlich, wenn diese Information tatsächlich zeitnah bis in die entlegensten Winkel der Galaxis vordringt, Zum anderen gibt es in solchen Organisationen immer mindestens ein Dutzend Speichellecker, die nur auf so eine Gelegenheit gewartet haben. Wenn überhaupt, sollte die Situation dadurch noch schlimmer werden, da verschiedene Leute die Macht für sich beanspruchen und diesen Konflikt auf dem Rücken der Untergebenen austragen. Mag sein, dass das zu viel war, um es noch in diese Folge zu pressen, aber das Friede-Freude-Eierkuchen-Ende, das wir stattdessen präsentiert kriegen, ist lächerlich.

Welche Werte vertritt das neue „Star Trek“?

Doch lasst mich zum größten Aufreger, mithin zum Kernproblem der gesamten Serie kommen: Michael wird zum Captain der Discovery befördert. Ich hatte seit langem befürchtet, dass es dazu kommt, aber immer noch einen Funken Hoffnung, dass die Autoren nicht bloß Fanfiction schreiben. Möchte mir bitte jemand erklären, wodurch genau sich Michael als Führungspersönlichkeit qualifiziert hat? Ist es nicht fast symbolisch, dass die gesamte Brückencrew in dieser Folge eng zusammenarbeitet, während Michael ihr Ding allein durchzieht?

Ich hasse es, das sagen zu müssen, und war bislang auch immer der Meinung, dass dieses Urteil zu hart ist, aber: Das ist nicht mehr mein „Star Trek“. Das Abenteuer, die fremden Welten, die Aliens, das ist alles noch da und macht unbestreitbar Spaß. Aber eine Show, die rücksichtslose Alleingänge honoriert und Figuren beiseiteschiebt, die sich diplomatisch verhalten und die Crew tatsächlich anführen, kann ich nicht ernst nehmen. Und ja, hier spricht auch die Enttäuschung aus mir, dass Saru das Kommando abgegeben hat. Noch wissen wir nicht, welche Rolle er in der nächsten Staffel spielen wird, aber sicher nicht die des Captains, und das ist einfach unverzeihlich.

Zareh: „This is what’s called a no-win situation.“
Michael: „I don’t believe in those.“
Osyraa: „Well, then, you still have a lot to learn.“

Viel Gutes, viel Schlechtes, vieles offen

Bei aller Kritik will ich nicht leugnen, dass ich die Staffel zu einem guten Teil sehr mochte. Sie hatte ihre Hochs und Tiefs, und viele der Probleme rühren auch nachweislich daher, dass dreizehn Folgen einfach nicht sehr viel sind, um hochkomplexe Geschichten zu erzählen. (Das muss man sich immer vor Augen halten: Alle vorherigen „Star Trek“-Serien hatten knapp doppelt so viele Folgen pro Staffel.) Hier und da ist es gelungen, die Crew stärker in den Fokus zu rücken, Adira ist eine gelungene Ergänzung, und die technischen Spielereien, die die Zukunft zu bieten hat, sind optisch eine Schau.

Ein paar Dinge, die uns nächste Staffel erwarten, wurden ebenfalls schon angedeutet. Da wären beispielsweise die Sphären-Daten, die dem Schiff eine eigene Persönlichkeit gegeben haben und sich aktiv für die Crew einsetzen. Es wäre spannend, wenn das auch zu Problemen führt, dass der Computer nun seinen eigenen Kopf hat. Wie erfahren, dass Book den Sporen-Antrieb auch ohne Tardigraden-DNS bedienen kann, weil er ein Empath ist. (Auch wenn ich es mehr als unglaubwürdig fand, dass das gleich beim ersten Versuch klappt.) Das könnte die Möglichkeit eröffnen, den Antrieb auch auf anderen Schiffen einzubauen, beraubt Stamets jedoch seines besonderen Status‘, den er insgeheim vermutlich doch genießt. Überhaupt, der Bruch zwischen ihm und Michael ist tief und dürfte noch zu Konflikten führen. Und dann ist da noch die Tatsache, dass Su‘Kals Holo-Programm Gray als eigene Person erkannt hat. Warum nur er und nicht alle früheren Wirte Tals, bleibt offen, aber damit ist jedenfalls der Weg geebnet, ihn in irgendeiner Form zurückzuholen.

That Note is you, Part 2

• Dass die Folge die Fortsetzung der Staffeleröffnung ist, wurde lange geheimgehalten. Bis kurz vor Ausstrahlung trug sie noch den Titel „Outside“.
• Streckenweise waren die Actionszenen extrem verwirrend, weil sie in Teilen des Schiffs spielten, die wir nie zuvor gesehen haben. In einigen Momenten war ich mir nicht mal sicher, ob wir noch auf der Discovery sind.
• Apropos, die Turbolifte, die durch mehr ungenutzten Raum „fliegen“ als ein Schiff dieser Größe haben sollte, ergaben überhaupt keinen Sinn.
• Neue Uniformen. Hm, ich weiß nicht recht, ob ich davon überzeugt bin. Nach drei Staffeln hab ich mich doch sehr an die blauen Overalls gewöhnt.

3 ½ von 5 atemlosen Bananen.

Vorherige Folge
Nächste Folge
Zurück zur Staffelübersicht