Liebeshandlungen | Eine unsexy Dreiecksgeschichte („Lucifer“, Staffel 3)

„I’ve come to the conclusion that no matter what happens with you and Pierce, you and I are partners, Detective, and nothing can come between that.“

Alle, die auch meinen monatlichen Schnelldurchlauf lesen, wissen bereits, dass ich mit der dritten Staffel „Lucifer“ so ein bisschen auf Kriegsfuß stand. Das lag nicht nur am inkonsistenten Plot, der sich endlos in die Länge zog, sondern auch daran, wie die Serie mit Deckerstar umgegangen ist. Duh, als ob die Autoren nicht genau wüssten, dass ein Großteil der Fans eigentlich nur deswegen schaut. Spoiler!

Junge kriegt Flügel, Mädchen sucht sich anderen Jungen

Rekapitulieren wir kurz. Am Ende der letzten Staffel wollte Lucifer Chloe endlich sein Devil Face zeigen, damit sie ihm glaubt. Doch dann wurde er entführt, wachte irgendwo in der Wüste auf und hatte plötzlich seine Engelsflügel wieder. Was dann auch erst mal das ist, was ihn vorrangig beschäftigt. So gelingt es Chloes neuem Boss Marcus Pierce, der in Wirklichkeit Cain ist (ihr wisst schon, der mit Abel), sich zwischen sie zu drängen. Wie genau das dazu führt, dass die beiden eine Beziehung anfangen und dann plötzlich auch noch heiraten wollen, ist eines der großen Mysterien dieser Staffel.

Die Anti-Liebeshandlung

Bevor ich mich also den wirklich relevanten Dingen zuwende, lasst mich zuerst darüber sprechen, wie es „Lucifer“ gelingt, eine ganze Staffel mit einer Liebeshandlung zwischen zwei Figuren zu füllen, die null Chemie miteinander haben. Quasi der Gegenentwurf zu dem, worum es bei dieser Reihe eigentlich gehen soll. Dass es für das Verhalten sowohl von Pierce als auch von Chloe theoretisch eine rationale Erklärung gibt, macht die Sache nicht besser. Oder weniger qualvoll anzusehen.

Also, Pierce. Der ist unsterblich und mag nicht mehr. Weil Chloe Lucifer verwundbar macht, glaubt er, dass sie das auch für ihn tun kann. Weil halt. Ist es der Moment, als er sieht, wie liebevoll sich Chloe um den angeschossenen Lucifer kümmert, der das Ganze zum Kippen bringt? Ich weiß es nicht, plötzlich schmeißt er sich jedenfalls an sie ran und macht ihr nach gefühlt drei Tagen Beziehung einen Heiratsantrag. Den Chloe unverständlicherweise annimmt.

Was mich zu Chloe bringt. Ja, wir haben es verstanden, sie versucht, über Lucifer hinwegzukommen. Worüber genau, fragen wir lieber nicht, immerhin waren sie bisher ja nicht mal zusammen. Ist es allein die scheinbare Bodenständigkeit von Pierce? Liebe kann es jedenfalls nicht sein, weshalb die Verlobung dann auch … was, einen Tag hält? Alles in allem wirkt das einfach nur furchtbar unreif. Buh, mein Schwarm ist nicht in der Lage, seine Gefühle zu artikulieren, also mach ich mit einem anderen rum.

Kleine Liebesgesten im Alltag

Lassen wir das. Es gibt viele schöne Momente zwischen Lucifer und Chloe, die im Vergleich zu diesem aufgeblasenen Drama wunderbar subtil sind. Zum Beispiel, als er ihr eine Halskette mit der Kugel schenkt, mit der sie ihn damals angeschossen hat. (Fun Fact: Lucifers „I thought since I’ll likely never penetrate you, I’d commemorate the one time you penetrated me“ hat Tom Ellis improvisiert, Lauren Germans Lachen ist also echt.) Oder als er eine private Prom Night für sie organisiert, weil sie diese Highschool-Erfahrung verpasst hat.

Persönlich am aufschlussreichsten fand ich den Abend, als Lucifer mit Chloe und ihrer Tochter Trixie Monopoly spielt und sich sogar ein Einhorn ins Gesicht malen lässt. Amenadiel gegenüber spielt er später herunter, wie sehr er das wirklich genossen hat, denn noch bedeutet ihm sein Image als Frauenheld zu viel. Aber ich denke, das war tatsächlich eine wichtige Erfahrung für ihn, weil das eine ganz andere Form von Intimität ist, die er bisher nicht kannte.

Erst Ehrlichkeit bringt sie einander näher

Aber es sind die letzten vier Folgen der Staffel, die Deckerstar dann endlich ein gutes Stück voranbringen. In „Anything Pierce can do I can do better“ gesteht Lucifer nicht nur sich selbst ein, dass er einen Fehler gemacht hat, als er Chloe nicht einfach seine Gefühle gestanden hat. Er spricht auch mit Linda darüber, die daraufhin seine Catchphrase umkehrt und ihn fragt, was er begehrt. Die Antwort ist so schlicht wie traurig: „I want her to choose me.“ Traurig vor allem deshalb, weil sie kurz darauf Pierce wählt, als sie seinen Antrag annimmt.

In „Quintessential Deckerstar“ bekommen wir dann auch den Kuss, auf den wir eine ganze Staffel lang gewartet haben. Dem voraus geht Chloes Geständnis gegenüber Ella, dass ihre Gefühle für Lucifer sowohl der Grund dafür waren, dass sie Pierces Antrag angenommen hat, als auch dafür, dass sie die Verlobung wieder gelöst hat. Aber auch Lucifer wird klar, dass sie längst ihn gewählt hat, indem sie mit ihm arbeitet, obwohl sie seine Hilfe gar nicht braucht. Leider wird der Kuss jäh unterbrochen, als Chloe einen Anruf erhält und erfährt, dass Charlotte erschossen wurde.

„A Devil of my Word“ schließlich markiert den bisherigen Höhepunkt der Beziehung zwischen Chloe und Lucifer. Als sie in eine Falle von Pierce tappen, stellt sich Chloe schützend vor Lucifer, weil sie weiß (oder auch nur hofft), dass er ihr nichts tun wird. Als es doch zur Schießerei kommt, schützt Lucifer sie mit denselben Flügeln, die er die ganze Staffel über so verzweifelt loszuwerden versucht hat. Es ist die vielleicht beste und kraftvollste Szene der Serie überhaupt. Und gleichzeitig die frustrierendste, denn Chloe kriegt davon nichts mit, sondern sieht am Ende nur Lucifers Devil Face.

Kann Chloe mit Lucifers teuflischer Seite umgehen?

Die dritte Staffel entlässt uns mit vielen Ungewissheiten. In gewisser Weise ist nachvollziehbar, warum Lucifer sich Chloe nicht mithilfe seiner Flügel offenbaren wollte, denn er sieht sich selbst eben nicht als Engel. Andererseits fühlte sich das allzu oft nach einer faulen Ausrede der Autoren an, um die Geschichte nicht weiter vorantreiben zu müssen. Ähnlich verhält es sich mit Pierce, der als Love Interest einfach nicht funktioniert.

In der vierten Staffel kann es nun so oder so weitergehen. Entweder kennt Chloe Lucifer inzwischen gut genug, um darüber hinwegzukommen, dass er der Teufel ist. Linda ist es gelungen. Oder aber sie ist dermaßen entsetzt, dass sie ihn nicht mehr um sich haben will, weder als Freund noch als Partner. Ehrlich, nach dieser Staffel weiß ich nicht, welche Richtung sie einschlagen werden, ich vermute aber letzteres. Wegen des Dramas. Deshalb meine Prognose für nächste Staffel: Definitiv kein Sex, vielleicht nicht mal ein weiterer Kuss. Was echt so nervt!

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