In meinen Balkon-Chroniken haben Gurken letztes Jahr mehr oder weniger die Hauptrolle gespielt. Was nur fair ist, denn sie haben auch das meiste Wasser verbraucht, den meisten Platz beansprucht und die meiste Arbeit verursacht. Und wer denkt, dass das mit der Arbeit nach der Ernte vorbei war … nun ja. An insgesamt fünf Wochenenden erkundete ich anschließend die Geheimnisse der gemeinen Gewürzgurke und möchte euch heute einen kleinen Einblick gewähren.
Aller Anfang ist schwer
Beschäftigt man sich als Laie erstmals mit dem Thema Einlegen, steht man jedenfalls erst mal wie der sprichwörtliche Ochse vorm Berg. Zwar findet man online Anleitungen zuhauf, aber diese Fülle an Informationen ist genau das Problem. Es gibt Gewürzgurken, Salzgurken, Senfgurken, Dillgurken, Schüttelgurken und noch unendlich viel mehr. Die einen legen ein, die anderen kochen ein. Und wie oft ich auf Anweisungen stieß, die in der Form absolut keinen Sinn ergaben, ist ehrlich gesagt erschütternd.
Das hier ist also quasi als Crash-Kurs zu verstehen, um euch in die Lage zu versetzen, selbst zu experimentieren. Ich erkläre euch ein paar Grundlagen, verzichte aber bewusst darauf, ein standardisiertes Rezept zu veröffentlichen. Die Tatsache, dass ich nach meiner Recherche ein Dutzend unterschiedlicher Zutatenlisten und Mengenangaben hatte, war nämlich das, was mich am Ende am meisten aufgehalten hat.
Punkt 1: Einlegen oder einkochen?
Hand aufs Herz, wer verbindet Einkochen eher mit Marmelade? Dass man auch Gurken einkochen kann, war mir vorher nicht klar, und ich weiß ehrlicherweise bis heute nicht, was der Mehrwert sein soll.
• Beim Einkochen werden die Gurken samt Essigmischung ins Glas gefüllt, verschlossen und anschließend bis zu zwanzig Minuten gekocht.
• Beim Einlegen wird dagegen die Essigmischung gekocht und heiß über die Gurken ins Glas gegeben, das man danach sofort schließt. Die Gurken „kochen“ quasi nach.
Wichtig: Ich habe ausschließlich eingelegt, kann also keinerlei Aussagen zum Einkochen machen. Behaltet das bitte auch bei allen nachfolgenden Hinweisen im Hinterkopf.
Punkt 2: Wichtige Vorbereitungen
Geerntet werden Gurken am besten Morgens, weil sie dann die meisten Nährstoffe enthalten. Danach wäscht man sie erst mal gründlich. Bei mir hat sich eine kleine Haushaltsbürste bewährt, da Gurken eine leicht stachelige Haut haben, die damit gut abgeschrubbelt werden kann. Dann schneidet man die Stiele ordentlich ab, falls das nicht schon bei der Ernte geschehen ist. Bevor man die Gurken anschließend über Nacht in eine Schüssel Wasser mit reichlich Salz legt, sollte man sie mehrfach mit einer feinen Nadel anstechen, damit die Lauge auch ins Innere der Gurke gelangen kann.
Das Salz dient mehreren Zwecken:
• Es verhindert die Bildung von Keimen.
• Es schwemmt die Bitterstoffe aus und macht die Gurken bekömmlicher.
• Es entzieht den Gurken Wasser, so dass sie beim Einlegen knackig bleiben.
• Es schafft eine geschmackliche Grundlage für den Essigsud.
Punkt 3: Das richtige Mischungsverhältnis
Wenn ihr wie ich einfach nur nach Rezepten für Gewürzgurken googelt, werdet ihr schnell feststellen, dass die meisten auf ein oder mehrere Kilogramm Gurken gerechnet sind. Das ergibt Sinn, wenn man sie fertig kauft, nicht aber, wenn man sie nach und nach selbst erntet. Die Erntezeit beträgt bei Einlegegurken im Idealfall bis zu zwei Monate. Da die Lagerung unverarbeiteter Gurken jedoch schwierig ist (sie werden schlapp und gummiartig), muss man zwangsläufig in kleineren Portionen einlegen.
Indem ich alle Rezepte heruntergerechnet habe, kam ich durchschnittlich auf ein Mischungsverhältnis von 1 Teil Essig auf 2 Teile Wasser. In vielen Rezepten wird einfacher Branntweinessig verwendet, ich selbst habe mich schlussendlich für einen Kräuteressig entschieden. Wer sich die Arbeit ganz sparen will, erhält im gut sortierten Supermarkt mittlerweile auch Gurkenessig, der speziell fürs Einlegen gedacht ist. Inwieweit man den noch individuell würzen kann und muss, weiß ich allerdings nicht. Bei allen anderen Essigsorten fügt man für klassische Gewürzgurken auf 300 ml Sud noch etwa 1 Esslöffel Zucker und 1 Teelöffel Salz hinzu. (Dazu später mehr bei meinem Geschmackstest.)
Ein wichtiges Intermezzo: Wie sterilisiere ich die Gläser richtig?
Das Thema Hygiene sollte man auch beim Einlegen nicht unterschätzen. Sauberes Arbeiten erhöht die Haltbarkeit und verhindert, das sich Keime bilden, die gesundheitsschädigend sein können. Deshalb am besten zwischen den einzelnen Arbeitsschritten auch immer mal wieder gründlich die Hände waschen. Das gilt vor allem, bevor man Gurken, Gewürze oder die sterilisierten Gläser anfasst.
Was mich zum Sterilisieren bringt. Es gibt verschiedene Methoden mit Backofen oder Spülmaschine, ich persönlich fand die Methode im Wasserbad am einfachsten. Dabei legt man das Glas und den Schraubdeckel in einen mit Wasser gefüllten Topf, so dass beides vollständig bedeckt ist. Das Wasser bringt man zum Kochen und lässt es anschließend mindestens 10 Minuten lang kochen. Da der Essigsud ungefähr genauso lange braucht, lässt sich das gut nebenher machen und hat den Vorteil, dass das einmal sterilisierte Glas danach nicht noch lange herumsteht und Staub sammeln kann. Am besten nimmt man das Glas erst kurz vor dem Befüllen aus dem Wasser. (Unnötig zu erwähnen: Vorsicht, heiß!)
Punkt 4: Die Gewürze
Das Würzen ist der spaßige Teil des Einlegens, denn die Wahl der Gewürze bleibt jedem selbst überlassen. Es gibt keine Regeln, und wer mutig ist, versucht mit jedem Glas eine neue Mischung. Natürlich gibt es einige klassische Gurkengewürze, die als Anhaltspunkt dienen können. Dazu zählen beispielsweise:
• Zwiebeln
• Dill
• Senfkörner
• Wacholderbeeren
• Schwarzer Pfeffer
• Piment
• Lorbeerblätter
Punkt 5: Die Zubereitung
Die Essig-Wasser-Mischung mit Salz und Zucker lässt man in einem Topf aufkochen und anschließend zehn Minuten kochen. Wer mag, kann die Gewürze mitkochen, ansonsten kommen sie zusammen mit den Gurken direkt ins sterilisierte Glas. Schichtet die Gurken schön eng, die Gewürze dabei sowohl unten als auch oben verteilen. Ist der Essigsud fertig, wird er ohne Abkühlen ins Glas gegossen, und zwar möglichst bis ganz oben zum Rand. Anschließend Deckel drauf und ordentlich verschließen. Vorsicht beim Hantieren: Das Glas ist jetzt natürlich kochend heiß!
Zum Abkühlen wird das Glas umgedreht, so dass es auf dem Deckel steht und sich ein Vakuum bilden kann. Übrigens: Am besten ist es, wenn die eingelegten Gurken möglichst langsam abkühlen. Das lässt sich ganz einfach erreichen, indem man ein Geschirrtuch oder etwas ähnlich drumherum wickelt. Ist das Glas dann vollständig abgekühlt, wandert es für mindestens drei Monate lichtgeschützt in den Keller. Je länger man sich darüber hinaus zurückhalten kann, desto mehr können die Gurken natürlich durchziehen. Zum Thema Haltbarkeit gibt es viele Meinungen, bis zu einem Jahr sollten sie aber gelagert werden können. Lediglich einmal angebrochene Gläser sollte man im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb weniger Tage aufbrauchen.
Fazit und Geschmacksurteil
Mein erstes, Ende Juli 2021 eingelegtes Glas habe ich Anfang Dezember geöffnet, also knapp vier Monate später. Ich habe mir ehrlicherweise nicht allzu viel davon versprochen, weil ich bei diesem Versuch noch sehr unsicher war und mich nicht getraut habe, meinem Gefühl zu vertrauen. Jedenfalls ahnte ich schon, dass ich zu viel Zucker beigemischt hatte, und reduzierte das bei allen folgenden Gläsern. Wie erwartet waren die ersten Gurken dann auch eher süßsauer, was nicht ganz mein Geschmack ist. Aber sie waren knackig geblieben, also konnte ich das als Teilerfolg verbuchen.
Das zweite Glas, eine Woche später eingelegt, ging an ein unabhängiges Testinstitut (meine Eltern). Dieses war allerdings sehr ausgelastet, weshalb das Ergebnis zunächst auch auf sich warten ließ. Geöffnet wurde das Glas schließlich Mitte Januar und damit etwa fünf Monate nach dem Einlegen. Hier das Qualitätsurteil:
Ich selbst hatte das dritte Glas (Mitte August eingelegt) noch vor Weihnachten geöffnet und war ohne Witz hin und weg. Irgendwie habe ich es quasi aus dem Stand geschafft, genau die richtige Menge Gewürze zu treffen, so dass die Gurken sogar besser schmeckten als aus dem Supermarkt. (Ich weiß, das ist ein seltsames Kriterium, aber andere Vergleichsmöglichkeiten hatte ich nicht.) Drei weitere Gläser stehen aktuell noch im Keller und hatten mittlerweile ein halbes Jahr Zeit, gut durchzuziehen. Wie gesagt, das mit der Haltbarkeit ist schwierig, wahrscheinlich werde sie in den nächsten ein, zwei Monaten ebenfalls aufbrauchen.
Was mein generelles Fazit angeht: Ich bin erstaunt, dass man mit vergleichsweise wenig Aufwand so etwas Leckeres und vor allem Haltbares herstellen kann. Obwohl ich nicht glaube, dass ich so bald noch mal selbst Gurken ziehen werde (zu viel Arbeit), könnte ich mir vorstellen, künftig im Spätsommer fertige Gurken zu kaufen und sie dann nur noch selbst einzulegen. Was denkt ihr? Wollt ihr es jetzt auch mal versuchen oder habt vielleicht sogar schon mal eingelegt? Welche Gewürze könnte ich noch ausprobieren?
Schöner Artikel! Freut mich, dass deine ersten Gehversuche in Sachen Einlegen erfolgreich waren.
Welche Gurkensorte hast du verwendet?
Übrigens, ich hab nie ganz verstanden, wieso man die Gläser nach dem Verschließen rumdreht. Das Vakuum entsteht doch, weil sich die heiße Luft abkühlt und zusammenzieht. Und dadurch den Deckel mit herunterzieht.
Dabei sollte es aber – rein physikalisch
– egal sein, wie herum das Glas steht.
(Ich hab kurz mal gegoogelt, und es ist eigentlich tatsächlich egal. Früher, mit schlechteren Hygienebedingungen in Küchen, nutzte man das wohl, um den Deckel durch den heißen Inhalt mit zu sterilisieren. Heute muss man das nicht mehr, bzw. man kocht den Deckel einfach vorher mit dem Glas mit.)
Ein sehr interessantes Thema! Da bekommt man gleich Lust auf ein Glas “Pickles”.
Die Sorte nennt sich “Vorgebirgstraube”. Die war mir bei der Recherche immer wieder begegnet, weil sie wohl recht robust ist. Zumindest bei mir war sie außerdem sehr ertragreich. (Keine Ahnung, ob ich das in den Balkon-Chroniken mal geschrieben hatte, aber ich hab bewusst eine Sorte mit männlichen und weiblichen Blüten genommen, auch wenn es damit schwieriger ist.)
Das mit dem Vakuum und auf dem Kopf hab ich mir insgeheim fast gedacht, physikalisch ergab das wenig Sinn. Ich denke aber, in dem Fall steckt auch etwas Psychologie dahinter. Für mich war das immer so ein Abschlussmoment, wenn ich das Glas zugeschraubt und umgedreht hab. 🙃
Hm. Also so hat sich das Ganze zugetragen. Schön jedenfalls das du uns da mit nimmst auf die ‘Reise der Gurke’ ins Einmachglas.
Du beschreibst das alles sehr anschaulich und man wird da buchstäblich angesteckt zum selber machen. Auf den Versuch kommt es an. (Aber der gute Vorsatz… . Da schlägt dann das mexikanische Sprichwort leider doch manchmal zu).
Aber hey. Jedenfalls wie du sagst, es schmeckt! Und hat sich somit für dich wohl tatsächlich gelohnt. (Und klar. Gurken welche man schon von der Blüte her kannte. Stimmt. Wer da sagt, gekauftes schmeckt genau so gut, der kennt dann nicht den Unterschied).
Trotzdem Frage. Den Essigsud worin du, wie du schreibst die Gewürze nicht mitkochst, den erhitzt du aber trotzdem zehn Minuten lang. Ich bin jetzt kein Einlegeexperte. Ich meine nur, so vom Gefühl her, heißer als heiß? Wahrscheinlich hat es aber seinen guten Grund. Vielleicht wichtig für die Haltbarkeit des Ganzen.
Allgemein Haltbarkeit. Du hast ja sauber gearbeitet. Wenn Gläser und Deckel nicht einen irgendwie ‘unsichtbaren’ Schaden haben, das Vakuum hält und du kühl und dunkel lagerst. Was soll sein? Ein Jahr bestimmt. Eingemachtes hat jetzt nun auch nicht die ewige Dauer, aber das mit der Haltbarkeit wird oft meistens unterschätzt.
Gewürze. Obwohl sich Experimentieren immer lohnt. Aber die klassischen so wie du sie hier beschreibst, sind ja nun schon oft geprüft und sehr bewährt und zumindest ich verbinde damit eben ‘die’ Einlegegurke. Trotzdem denke ich, dass vor allem der Essig hier das Sagen hat.
(Den Ochsen vorm Berg. Den Ausspruch kannte ich so nicht. Bei mir hier, da steht zum Unterschied, die sprichwörtliche ‘Kuh vor dem neuen Tor’, und weis nicht so recht was sie davon halten soll. Unschlagbar natürlich in mundartlicher Ausdrucksform!)
Siehst du, da zeigt sich wieder der Blick von außen. Der Blödsinn mit den zehn Minuten Kochen ist mir gar nicht aufgefallen, da hab ich einfach von allen anderen Rezepten nachgeplappert. (Das meinte ich, als ich schrieb, dass manche Leute irgendwas sagen, was keinen Sinn ergibt.) Demnach müsste es reichen, den Sud einmal ordentlich aufzukochen, und zehn Minuten braucht es nur, wenn man die Gewürze mitkocht. (Beim letzten Glas hab ich mal einen Teil mitgekocht, mal sehen, ob das einen Unterschied macht.) Vielleicht ergänze ich noch einen Satz zu dieser Verwirrung, damit nicht der nächste irgendwelchen Unsinn liest und unhinterfragt nachmacht …