Star Trek: Picard | Farewell (2×10)

„Absolve yourself, or the only life left unsaved will be your own.“

Picard und seine Crew müssen unter allen Umständen dafür sorgen, dass Renée ins All startet. Spoiler!

I don’t need saving, I never have

Während sich Picard und Tallinn auf die Abflugbasis transportieren, um sicherzustellen, dass Renée die Europa-Mission antritt, wollen Rios, Raffi und Seven Dr. Soong stellen. Der aber ist nicht in seinem Labor, sondern hat einige Drohnen als Backup-Plan programmiert. Tallinn opfert sich schließlich für Renée, als Soong versucht, diese zu töten, und Rios setzt die Drohnen außer Gefecht. Nachdem die Zukunft nun wieder auf dem richtigen Weg ist, bietet Q Picard und seiner Crew als Abschiedsgeschenk an, sie in ihre Zeit zurückzuschicken. Und dort wartet noch immer die geheimnisvolle Borg-Königin …

Viele Szenen machen noch lange keine Story

Ein bisschen erweckt „Farewell“ den Eindruck, als habe Produzent Alex Kurtzman den Autoren einfach alle offenen Plots auf den Tisch gekippt und gesagt: Nun, viel Glück. Dieses Staffelfinale schlecht zu nennen, wäre eine Beleidigung für alle schlechten Folgen, denn im Grunde ist das hier einfach nichts. Ein Sammelsurium von Szenen, von denen irgendjemand meinte, sie seien wohl wichtig. Und bei all dem steht Picard die meiste Zeit mit dem sprichwörtlichen Finger im Ohr herum und hat nichts zu tun.

„You don’t get to stop me from fulfilling my purpose because you’re scared I’m gonna die. My fate is not yours to decide.“

Nur mal eben das Universum aus den Angeln gehoben

Wenn man sich die Historie von „Star Trek“ so ansieht, ist es im Grunde ein recht junges Phänomen, dass jeder Plot galaktische Ausmaße haben muss. Ich glaube, das liegt im Wesentlichen im Wechsel vom Fernseh- zum Kinoformat begründet, von dem man sich anschließend nicht wieder lösen konnte. Sowohl „Star Trek: Discovery“ als auch „Star Trek: Picard“ sind in ihrer Struktur eher Kinofilme, die aufs Serienformat heruntergebrochen wurden. Jede Bedrohung ist deshalb auch immer gleich eine Bedrohung für die ganze Galaxis oder das gesamte Universum.

Es mutet daher wie reinste Ironie an, wenn Q Picard fragt: „Must it always have galactic import?“ Versucht ihr uns etwa gerade allen Ernstes zu sagen, dass Q die Zeitlinie nur kaputt gemacht hat, damit Picard die Gelegenheit bekommt, sein Kindheitstrauma zu überwinden? Was bitte schön ist daran nicht galaktischen Ausmaßes?! Nicht zu vergessen, dass im Zuge dessen die Geschichte der Borg neu geschrieben wurde. Ganz ehrlich, ich wäre mehr als glücklich, würde sich „Star Trek“ auf seine Ursprünge besinnen und tatsächlich wieder kleinere Geschichten erzählen, aber dieses Tohuwabohu klein zu nennen, ist der Witz des Jahrhunderts.

Der bis zuletzt undurchschaubare Q

Was mich unweigerlich zu Q selbst bringt. Genau genommen entspricht es ziemlich perfekt dem Charakter, dass seine Motive widersprüchlich bis nachgerade schizophren wirken. Aber es hilft der Story nicht wirklich, wenn die Autoren von Folge zu Folge ihre Meinung darüber ändern, ob er nun Freund oder Feind ist. All seine gezielten Eingriffe in die Vergangenheit – nichts als Mittel zum Zweck, um Picard Seelenfrieden zu schenken? Kommt mir unnötig kompliziert vor. Und passt auch nicht zu dem, was er damals in „Penance“ gesagt hat.

„You ask me why it matters. It matters to me. You matter to me. Even gods have favorites, Jean-Luc, and you’ve always been one of mine.“

Kommunikation hätte viel Zeit gespart

Nach all der Gefühlsduselei mit dem sterbenden Q fiel dann zum Glück noch rechtzeitig jemandem ein, dass noch ein kompletter Plot auf seine Auflösung wartet. Und ganz im Ernst, man merkt ihm an, dass es nur noch darum ging, eine schöne Schleife drumzubinden. Dass Jurati die mysteriöse Borg-Königin ist, war zu diesem Zeitpunkt längst klar, aber wir hätten uns sehr viel Chaos ersparen können, wenn Borgati einfach gleich erklärt hätte, was Sache ist. Ich weiß, ich weiß, Prädestinationsparadoxon. Viel Sinn ergibt das trotzdem nicht, oder?

Und weil es so lustig war, schmeißen die Autoren gleich noch einen neuen Plot in die Runde, der wohl der Cliffhanger für die nächste Staffel sein soll? Der Grund, warum Borgati sich an Picard gewandt hat, ist ein stellares Phänomen, das exakt in diesem Moment die ganze Galaxis bedroht, weshalb die Flotte schnell ihre Schilde zu einem vereinen muss. Das sieht alles ein bisschen lächerlich aus und dauert auch nur zwei Minuten oder so. Und dann ist an der Stelle ein Transwarp-Tunnel, den die Borg gerne bewachen wollen und deshalb um eine provisorische Mitgliedschaft in der Föderation bitten. Klingt logisch.

Tschüs, goodbye, auf Wiedersehen

Auf ein paar Dinge möchte ich nur noch kurz eingehen, bevor diese Review aus allen Nähten platzt. Da wäre zum einen der erfolgreich geheimgehaltene Gastauftritt von Wil Wheaton alias Wesley Crusher alias der „Traveler“. Das war eine nette Überraschung, der zwei zuvor unabhängige Konzepte (die „Traveler“ und die „Supervisors“) clever miteinander verknüpft. Mein Problem besteht eher darin, dass ich nicht verstanden habe, welche Leistung Kores die Anwerbung durch die „Traveler“ rechtfertigen soll. Da Isa Briones eine der Darstellerinnen ist, die nächste Staffel nicht mehr dabei sein werden, macht das auf mich eher den Eindruck, als habe man auf Teufel komm raus einen Abschluss gebraucht.

Ähnlich sieht es bei Rios aus, wobei dessen Abgang immerhin vorbereitet wurde. Ich frage mich allerdings, ob die Autoren einfach nur ignorant sind oder die Botschaft lautet, dass Rios im Fach Geschichte nicht besonders gut aufgepasst hat. Laut „Star Trek“-Kanon bricht nämlich 2026 der dritte Weltkrieg aus, was nach einer ziemlich miesen und potenziell tödlichen Wahl klingt. Über Soong mag ich mir eigentlich nicht länger den Kopf zerbrechen, auch die Sache mit der Khan-Akte ist chronologisch ein bisschen wackelig.

„There are moments in our lives we fear to relive and others we long to repeat. While time cannot give us second chances, maybe people can.“

Konzeptlos und ohne jeden Charme

Wenn man so will, dient „Farewell“ als Tabula Rasa für „Star Trek: Picard“. Nachdem bereits vor einigen Wochen angekündigt wurde, dass nahezu alle Hauptdarsteller aus „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ in der dritten und finalen Staffel mit von der Partie sind, war klar, dass man den aktuellen Cast vorher etwas ausdünnen muss. Überraschend ist, dass offenbar auch Alison Pill nicht mehr dabei sein wird, obwohl es so klang, als spielten die Borg nächste Staffel noch einmal eine gewisse Rolle. Und wen auch immer es interessieren mag: Evan Evagora als Elnor kommt ebenfalls nicht zurück.

Ich schrieb kürzlich schon zum Finale von „Star Trek: Discovery“, dass meine Schmerzgrenze bei „Star Trek“ relativ hoch liegt. Ich bin mit dem Franchise aufgewachsen und klammere mich vielleicht auch ein bisschen verzweifelt an die Nostalgie, die damit verbunden ist. Doch selbst als Fan empfand ich die zweite Staffel von „Star Trek: Picard“ als echte Zumutung. Die Story hatte keinen roten Faden und schlug sinnlos Purzelbäume. Charakterentwicklung fand praktisch nicht statt, sieht man einmal von der überlangen Therapiesitzung für Picard ab. Und was man uns hier als Auflösung verkauft, ist eigentlich eine Frechheit.

Wäre das hier nicht „Star Trek“, hätte ich wenig Skrupel, die Serie an diesem Punkt abzubrechen. Ach, im Grunde habe ich die auch so nicht, denn ich habe mich im Verlauf der Staffel derart von den Figuren entfremdet, dass es nicht mal mehr Spaß gemacht hat, Kritiken zu schreiben. Ab jetzt ist es reiner Perfektionismus, der mich für Staffel 3 dranbleiben lässt. Dass das die letzte sein wird, ist unter diesen Umständen tatsächlich ein Verkaufsargument.

Parting Note

• Ich habe mir erklären lassen, dass Borgati vor 400 Jahren nicht etwa das schon bestehende Borg-Kollektiv übernommen, sondern quasi eine Gegenbewegung gegründet hat. Sonst wäre nämlich tatsächlich die halbe „Star Trek“-Historie hinfällig.

1 von 5 Bananen von galaktischer Bedeutung.

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