Star Trek: Strange new Worlds | Lift us where Suffering cannot reach (1×06)

„On Majalis, we have a saying: Let the tree that grows from the roots of sacrifice lift us where suffering cannot reach.“

Die Enterprise rettet einen Jungen, der auf seinem Planeten Majalis einer heiligen Aufgabe entgegenblickt. Spoiler!

Science, service, sacrifice

Die Enterprise kartographiert das Majalan-System und fängt den Notruf eines Shuttles auf, das von einem wesentlich größeren Schiff angegriffen wird. Als sie die Passagiere des schwer beschädigen Shuttles herausbeamen, stellt sich heraus, dass Pike einen von ihnen von früher kennt: Ministerin Alora. Sie begleitet einen kleinen Jungen, den sie als „First Servant“ vorstellt, zu seiner „Ascension“-Zeremonie. Als sie das Wrack des Angreifers untersuchen, finden sie Hinweise, dass einer der Wächter daran beteiligt war, die den Jungen eigentlich beschützen sollen.

Eine kontroverse Folge, die zum Nachdenken anregt

„Lift us where Suffering cannot reach“ ist eine schwierig zu bewertende Folge. Sie bricht aus der bislang doch sehr hoffnungsvollen und positiven Stimmung von „Star Trek: Strange new Worlds“ aus und lässt uns mit einem geradezu bitteren Ende zurück. Dennoch möchte ich einigen anderen Rezensenten widersprechen und behaupten, dass genau das beabsichtigt war. Der Zuschauer soll fassungslos sein. Die fehlende „Erlösung“ ist keine Schwäche, sondern eine Stärke der Folge, und verleiht der bisher eher leichtgewichtigen Serie Relevanz.

„He chooses it freely, and we honor his sacrifice.“

Ein Leben im Zeichen des bevorstehenden Opfers

Das Drehbuch der Folge basiert auf einer bei TOS dann nicht mehr genutzten Story von Gene Roddenberry und weist wohl einige Parallelen zu einer Kurzgeschichte von Ursula K. Le Guin mit dem Titel „Die Omelas den Rücken kehren“ auf. Ich selbst kenne die Geschichte nicht, will aber nicht ausschließen, dass entsprechend vorgebildete Zuschauer den Kniff hier schneller durchschauen. Mir war beim Sehen zwar recht schnell klar, dass irgendetwas an der Sache faul ist, aber ohne das Vorwissen hat der emotionale Bogen bei mir gut funktioniert.

Im Grunde lässt sich das Dilemma sehr prägnant auf den Begriff des Sündenbocks reduzieren. Oder mit den Worten der Vulkanier: „Das Schicksal vieler wiegt schwerer als das Schicksal des Einzelnen.“ Die Majalans wählen alle paar Jahre ein Kind als „First Servant“ aus, und da dieses in einer von „science, service, sacrifice“ geprägten Kultur aufwächst, betrachtet es das als große Ehre. Ich gehe übrigens davon aus, dass der „First Servant“ genau weiß, was es mit der „Ascension“ auf sich hat. Zumindest intellektuell, denn ob ein Kind auch emotional verstehen kann, dass es sein Leben für das Wohl der Gesellschaft opfert, darf durchaus bezweifelt werden.

Eine Frage der Perspektive, aber nicht nur

Natürlich erzählt „Star Trek: Strange new Worlds“ die Geschichte aus der Perspektive der Föderation und nimmt entsprechend eine ablehnende Haltung ein. Abgesehen davon hält sich die Folge mit einem Urteil aber angenehm zurück und bietet uns stattdessen an, auch die andere Seite zu verstehen. Denn die Majalans nehmen die Sache keineswegs leicht, sondern haben ihre komplette Kultur darauf ausgerichtet. Eine Kultur übrigens, die dadurch auf eine Weise fremdartig wirkt, wie das bei „Star Trek“ selten der Fall ist. Und Alora betont auch, dass sie seit langem nach Alternativen suchen, bislang nur einfach nicht erfolgreich waren.

Dann wiederum, heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Der einzige Punkt, an dem „Lift us where Suffering cannot reach“ für mich scheitert, ist der fehlende Hintergrund. Was genau macht diese Maschine? Angeblich würde die Stadt ohne sie auf die aus Lava und Säure bestehende Oberfläche des Planeten stürzen. Wieso eine so hochentwickelte Zivilisation aber statt nach einem Ersatz für das Kind nicht nach einem Ersatz für die Maschine sucht, ist mir unbegreiflich. Und da die Majalans laut Alora nicht wissen, wie genau die Maschine funktioniert, habe ich mich auch gefragt, ob sie eigentlich nur einer alten Anleitung folgen oder tatsächlich mal ausprobiert haben, was passiert, wenn sie kein Kind anschließen.

Pike: „Your whole civilization, all your… this, it’s all founded on the suffering of a child.“
Alora: „Can you honestly say that no child suffers for the benefit of your Federation? That no child lives in poverty or squalor while those who enjoy abundance look away? The only difference is we don’t look away. And because of that, the suffering is borne on the back of only one. It’s what makes it a sacred honor. That’s why I choose our way.“

Hoffnung für M’Bengas Tochter

Natürlich ließe sich auch darüber streiten, ob die zwei Subplots in dieser Folge so besonders gut aufgehoben waren. Da wäre zum einen thematisch damit verknüpft die Geschichte mit M’Benga’s Tochter Rukiya. Als M’Benga sieht, wie weit die Medizin der Majalans ist, dass es bei ihnen faktisch keine Krankheiten mehr gibt, schöpft er natürlich Hoffnung. Das Problem dabei ist, dass die Majalans ihr Wissen nicht mit Außenstehenden teilen. Und nach allem, was Pike gesehen hat, können wir wohl davon ausgehen, dass sie auch niemals Teil der Föderation werden.

Immerhin: Gamal, der leibliche Vater des „First Servant“, sagt sich nach dem Scheitern seines Rettungsversuchs von seiner Heimatwelt los. Er hat also keinen Grund mehr, sich an die Regeln zu halten, und verspricht, M’Benga ein wenig Hilfestellung zu geben. Es mag keine Heilung sein, aber vielleicht ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Was freilich indirekt die nächste moralische Frage aufwirft: Darf man von einem Fortschritt profitieren, der auf dem Rücken geopferter Kinder entstanden ist?

Uhura rettet den Tag – mal wieder

Weit weniger flüssig fügt sich Uhuras nächster Rotationseinsatz bei der Sicherheit in die Story ein. Zugegeben, ihre Übersetzungen liefern wichtige Hinweise, worum es bei dem Angriff auf das Shuttle wirklich ging. Aber dadurch wirkt das alles nur noch konstruierter. Uhura hat in jeder Abteilung, in der sie bisher eingesetzt wurde, irgendeine entscheidende Wundertat vollbracht, langsam wird es langweilig.

Lift us where Notes cannot reach

• Hand hoch, wer dachte auch, dass die „Ascension“ eine Art Thronbesteigung ist und der Junge anschließend die Gesetze ändert, damit seine neue Freundin Rukiya die Behandlung kriegt, die sie benötigt? Sehr effektiver Fake-out.
• Das hab ich bei einem anderen Rezensenten gelesen, und das hat mich im Nachhinein noch mehr verstört: Das Implantat, das alle Krankheiten heilt, wird den Jungen länger am Leben halten, so dass er noch länger leiden muss.
• Hm, Pike und Captain Batel aus „Strange new Worlds“ haben vielleicht nur eine lose Beziehung, aber dass er hier einen auf Kirk macht und mit Alora ins Bett geht … schwierig.

4 von 5 Bananen mit fancy Quantum Bio Implantat.

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