Im Schnelldurchlauf | Serien im Januar

„Das Leben ist nur etwas, das vor unseren Augen vorüberzieht – wie ein Film auf einer Leinwand.“
(„Devs“)

Wer hätte gedacht, dass ein Januar in puncto Serien so ein Highlight sein kann. Freilich ist das Wenigste von dem, was ich geschaut habe, topaktuell, vielmehr binge ich mich gerade bei Disney+ durch die Perlen des vergangenen Jahres. Und Perlen waren das, sag ich euch! Spoiler!

Devs (Miniserie)

Informatikerin Lily Chan arbeitet beim Tech-Riesen Amaya. Als ihr Freund Sergei in die sagenumwobene Devs-Abteilung befördert wird, verschwindet er plötzlich und begeht kurz darauf vor laufenden Sicherheitskameras Selbstmord. Trotz des Videos glaubt Lily nicht an einen Suizid und findet heraus, dass Sergei ein russischer Industriespion war. Doch je mehr sie erfährt, desto mehr rückt sie selbst in den Fokus der Firma, die um jeden Preis verhindern will, dass jemand erfährt, was sie in Devs tun: mithilfe eines Quantencomputers die gesamte Existenz berechnen – Vergangenheit und Zukunft.

Ich muss gestehen, dass mich „Devs“ vor allem wegen seines seltsamen Posters reizte, bevor ich mich auch schon mitten in einer philosophischen Abhandlung über Determinismus und den freien Willen befand. Wie schon bei „Ex Machina“, einem anderen Meisterwerk von Alex Garland, spielt auch bei „Devs“ das Visuelle eine Schlüsselrolle; es entsteht ein surrealer Bilderrausch, der den geradezu religiösen Charakter der Entdeckung perfekt unterstreicht. (Nicht umsonst ist das erste Bild, das sie „empfangen“, Jesus am Kreuz.) Der Spionagekram ist streckenweise anstrengend, doch als Gesamtkunstwerk ist die Serie eine Wucht.

4 ½ von 5 Bananen, die nicht anders können.

Fringe (Staffel 5)

Im Jahr 2036 gelingt es Olivias und Peters Tochter Henrietta, ihre Eltern sowie Walter und Astrid aus dem Amber zu befreien, in dem sie vor zwanzig Jahren eingeschlossen wurden. Inzwischen haben die Observer die Welt übernommen und arbeiten daran, die Luftzusammensetzung zu ihren Gunsten zu verändern. Walter hatte einen Plan, um die Observer zu besiegen, kann sich aber nicht mehr an ihn erinnern. Die einzige Spur, die sie haben, sind einige Videokassetten mit Anweisungen, die sie zu verschiedenen Artefakten führen. Dabei sind ihnen die Observer ständig auf der Spur.

Ich finde immer noch, dass die fünfte Staffel ein unrühmliches Ende für „Fringe“ ist. Und damit meine ich nicht die finale Folge, bei der kein Auge trocken bleibt, sondern die Staffel an sich. Sie verabschiedet sich völlig vom bisherigen Modus Operandi der Serie zugunsten einer Art dystopischen Schnitzeljagd, der es oft an Spannung fehlte, weil man als Zuschauer keine Ahnung hat, wo das alles eigentlich hinführen soll. Klar gibt es tolle Charaktermomente, wunderbare Reminiszenzen an frühere Folgen und unerwartete Gastauftritte, aber das allein macht halt leider keine gute Staffel.

2 ½ von 5 Bananen in Amber.

Gabriel: „Geht’s dir gut? Was hast du mit deinen Haaren gemacht?“
Emily: „Das ist nur ein Pony! Man kann sich auch einen Pony schneiden, wenn alles okay ist.“

(„Emily in Paris“)

Emily in Paris (Staffel 3)

Nachdem Sylvie und sämtliche Mitarbeiter bei „Savoir“ gekündigt haben, versuchen sie, ihre alten Kunden zu sich zu holen. Emily ist dabei in der Zwickmühle, denn obwohl sie Sylvies Jobangebot angenommen hat, bringt sie es nicht über sich, die hochschwangere Madeline im Stich zu lassen. Auch in der Beziehung zwischen Emily und Alfie kriselt es, weil er das Gefühl hat, dass Emilys Job immer an erster Stelle steht. Derweil gelingt Mindy der Sprung auf die Bühne, was allerdings die Beziehung mit Benoit belastet. Und Camille verguckt sich in eine Künstlerin und beginnt eine Affäre mit ihr.

Wenn Alfie Emily vorwirft, dass es immer nur um die Arbeit geht, ist das fast ironisch zu verstehen. Denn das Agenturleben spielt – abgesehen von etlichen Katastrophen und ihrer wundersamen Abwendung – bei „Emily in Paris“ eigentlich nur noch eine Nebenrolle. Stattdessen machen sich nur alle mit ihren Beziehungen wahnsinnig und führen dabei geradezu absurde Gründe an, um ihre Handlungen zu rechtfertigen. Ich gestehe, zum ersten Mal war mir das etwas zu viel, mir fehlte das Laissez-faire der vorigen Staffeln. Es ist schön, dass noch eine Staffel kommt, aber wegen mir kann das auch gern die letzte sein.

2 ½ von 5 Bananen mit Panik-Pony.

Moon Knight (Staffel 1)

Steven Grant, Angestellter in einem Londoner Museumsshop, glaubt, dass er einfach nur sehr lebhaft träumt. Bis er auf die harte Tour erfährt, dass er sich den Körper mit einem gewissen Marc Spector teilt – der wiederum der Avatar des ägyptischen Gottes Konshu ist, der Moon Knight. Gemeinsam müssen sie im Auftrag von Konshu verhindern, dass Arthur Harrow den Gott Ammit wiederbelebt. Der wurde einst in Stein gebannt, weil er Menschenseelen schon verurteilt, bevor sie etwas Falsches getan haben. Die Jagd auf Harrow führt sie zusammen mit Marcs Ehefrau Layla nach Ägypten.

„Moon Knight“ verquickt ein klassisches Superhelden-Abenteuer mit Psychostudie, ein interessantes, wenngleich nicht in Gänze überzeugendes Experiment. Marc Specter/Steven Grant wird im Grunde nur ausgenutzt, weil er sich seines geistigen Zustands nicht bewusst ist, das macht ihn auf ganz unerwartete Weise verwundbar. Dazu ist er auch ein unzuverlässiger Erzähler, was den Plot gelegentlich etwas aufhält, aber auch für spannende Wendungen sorgt. Der mythologische Unterbau mit den ägyptischen Gottheiten ist hier und da ziemlich wild geraten (Taweret ist herrlich), aber immerhin mal was Neues mit viel Potenzial.

3 ½ von 5 Bananen, die ein Blackout haben.

Carmen: „Gibt es einen Namen dafür, dass man Angst hat, dass was Gutes passiert, weil man denkt, dass was Schlimmes passiert?“
Richie: „Ich weiß nicht … Leben?“

(„The Bear“)

The Bear: King of the Kitchen (Staffel 1)

Nach dem Selbstmord seines Bruders Michael übernimmt Carmen „Carmy“ Berzatto dessen heruntergewirtschafteten Sandwich-Laden. Carmen, der in einem Nobelrestaurant ausgebildet wurde, will aus dem Laden etwas machen, doch die Angestellten stellen sich quer. Sie wollen ihr „System“ nicht ändern und schrecken selbst vor Sabotage nicht zurück. Hinzu kommen bald auch finanzielle Probleme, denn Michael hat Carmen immense Schulden hinterlassen. Nach und nach aber entdecken die Köche ihre Begeisterung für gutes Essen wieder und trauen sich auch, Neues auszuprobieren.

„The Bear“ ist keine Wohlfühlserie. Die Protagonisten schreien sich den Großteil der Zeit gegenseitig an, brüllen aggressiv durcheinander, und ehrlicherweise möchte man allen mal ordentlich eine klatschen. Und doch entwickelt die Serie einen unglaublichen Sog, gewinnt man diese kaputten Charaktere fast unmerklich lieb und fiebert mit, wenn mal wieder etwas gründlich schiefgeht. Kurz: „The Bear“ ist anstrengend, aber lohnenswert. Und danach weiß man sein eigenes ruhiges Leben definitiv mehr zu schätzen. Die bereits bestellte zweite Staffel ist wohlverdient!

4 von 5 geschmorten Bananen mit fancy Risotto.

Andor (Staffel 1)

Bei der Suche nach seiner im Kindesalter verlorenen Schwester gerät Cassian Andor an zwei Sicherheitsleute und tötet sie. Dank eines übereifrigen Inspektors ist er kurz darauf der meistgesuchte Mann des Sektors. Um seine Haut zu retten, nimmt Andor das Angebot an, ein paar Rebellen gegen Bezahlung bei einem Raubüberfall auf einen imperialen Stützpunkt zu helfen. Tatsächlich aber ist er nur ein Rädchen im Getriebe, denn die verschiedenen Widerstandszellen wollen das Imperium so weit reizen, dass es endlich sein wahres Gesicht zeigt und eine echte Rebellion entfacht wird.

Nach der epischen Enttäuschung namens „Obi-Wan Kenobi“ (Reviews kommen!) war ich nicht einmal ansatzweise auf die Genialität von „Andor“ vorbereitet. Statt märchenhafter Naivität und Plattitüden gibt es hier raue Wirklichkeit, viel Menschlichkeit und einen ungewöhnlich pointierten Kommentar zum Faschismus. Vor allem aber ist das alles hochspannend erzählt und deckt ganz nebenbei Genres wie Politthriller, Heist-Movie, Dystopie und Drama ab. Bitte gebt Tony Gilroy künftig alle „Star Wars“-Serien! (PS: Ein ausführlicher Artikel ist schon in Arbeit.)

5 von 5 Bananen in blauer Milch.