Star Trek: Picard | The Next Generation (3×01)

„I am not a man who needs a legacy. I want a new adventure.“

Picard erhält eine mysteriöse Nachricht von Beverly Crusher und macht sich mit Riker auf den Weg zu ihr. Spoiler!

Your reputation preceded you so far into the room, that I started early

Gerade als er mit Laris nach Chaltok-IV reisen will, erhält Picard eine verschlüsselte Nachricht von Beverly Crusher, die vor zwanzig Jahren den Kontakt abgebrochen hat. Sie bittet ihn um Hilfe, macht aber deutlich, dass er niemanden einweihen soll, vor allem nicht die Sternenflotte. Dennoch wendet sich Picard an seinen alten Freund Will Riker, der sie auf die USS Titan bringt, die mittlerweile von Captain Liam Shaw kommandiert wird. Sein Plan lautet, unter dem Deckmantel einer Inspektion zum Ryton-System am Rande des Föderationsraums zu fliegen, aus dem Beverlys Nachricht kam. Leichter gesagt als getan.

Auftakt zu einem neuen Abenteuer

Bei Serien, die wie „Star Trek: Picard“ eine durchgehende Handlung haben, fällt es immer schwer, die erste Folge adäquat zu beurteilen. Immerhin ist das meiste nur Vorbereitung auf Kommendes, eine Art Tableau, um Rahmenbedingungen und Figuren abzuchecken. Ähnlich funktioniert auch „The Next Generation“, das uns zeigt, wo Picard sowie Raffi und Seven of Nine (die letzten Überbleibsel des alten Casts) gerade stehen, den zentralen Plot andeutet und den Titelhelden in sein neues Abenteuer schickt. Das gelingt streckenweise ganz gut, hat aber natürlich auch seine Schwächen.

Picard: „Ensuring the condition of our starships would be boring?“
Shaw: „Well, we won’t be blowing things up. Taking or engaging in fire. Crash-landing expectedly or unexpectedly. Y’know, the usual for you boys.“

Man setzt offenbar partielle Amnesie voraus

Zunächst möchte ich beklagen, dass das Finale der vorigen Staffel, so bekloppt es auch gewesen sein mag, einfach ignoriert wird. Man liefert uns nicht den geringsten Anhaltspunkt, wie viel Zeit seitdem vergangen ist, geschweige denn wird thematisiert, ob die Splittergruppe der Borg unter Jurati nun tatsächlich Teil der Föderation ist oder wie es mit dem mysteriösen Angreifer weiterging. Indem uns nun gleich zwei neue Gefahren präsentiert werden, fühlt es sich umso mehr so an, als sei man einfach vom Trümmerfeld der zweiten Staffel davon spaziert, sollen sich doch andere ums Aufkehren kümmern. Und das, wo sich schon die zweite Staffel im Vergleich zur ersten wie ein Reset-Button anfühlte. Echt schwach.

Das zweite, was mich massiv aus der Handlung gerissen hat, ist die Tatsache, dass Beverly in ihrer Nachricht ganz explizit sagt, dass Picard niemanden sonst involvieren soll. Und was macht er? Erzählt es sogleich Laris und Riker. Es kommt noch besser: Riker bringt sie anschließend auf ein Schiff der Sternenflotte, die er eben gerade nicht mit hineinziehen sollte. Wirklich nachvollziehbar ist das auch nicht, denn in der ersten Staffel von „Star Trek: Picard“ stellte es noch kein Problem dar, ein privates Schiff zu mieten – inklusive Pilot, den man nicht erst austricksen muss, um das gewünschte Ziel anzusteuern.

Zwei alte Männer auf Reisen

Okay, Schimpftirade beendet, wenden wir uns den positiven Aspekten von „The Next Generation“ zu. Erstens: Ich liebe, liebe, liebe die Dynamik zwischen Picard und Riker. Da merkt man einfach, wie viel es ausmacht, wenn Schauspieler jahrelang miteinander gearbeitet haben. Und erfreulicherweise wird ihr Alter auch nicht ausgeblendet, sondern kurzerhand in die Handlung integriert: „Terrific, your hands are stiff, my knees are killing me.“ (Übrigens mein Lieblingsmoment der Folge, dicht gefolgt von der Szene, wo sie von Captain Shaw in ein Quartier mit Stockbett verfrachtet werden und Riker meint: „Reminds me of my cadet days, only I don’t remember having to get up to pee this much.“)

Es ist sicher auch eine gute Entscheidung, dass Picards alte Crew nicht gleich komplett aufschlägt. So kriegt hoffentlich jeder ein bisschen Zeit. Von Crusher sehen wir auch noch nicht allzu viel, und das Wenige zeigt vor allem, dass sie sich sehr verändert hat, seit wir sie zuletzt in „Nemesis“ erlebt haben. (Geht es eigentlich nur mir so, dass ich das Gefühl habe, ich hätte den Film zur Vorbereitung noch mal schauen sollen?) Sie umgeben (von den Angreifern abgesehen) derzeit zwei Rätsel: 1. Was ist vor zwanzig Jahren passiert, dass sie alle Seile gekappt hat? 2. Hat das eventuell etwas mit ihrem Sohn zu tun? Der laut IMDb übrigens Jack heißt, was aktuell Spekulationen anheizt, er könnte ein Klon von Beverlys totem Ehemann sein. (Die zweite Theorie lautet natürlich, dass Picard der Vater ist.)

„I’m really sorry, fellas. I love you, I do. I love reading about all your wildly exciting and equally irresponsible … adventures, but I have orders from actual officers whose paygrade are far above all of ours.“

Alte und neue Gesichter

Was den Cast der ersten beiden Staffeln angeht, so wurde wie gesagt ordentlich Tabula Rasa gemacht. Übrig geblieben ist zum einen Raffi Musiker, die nun offenbar undercover für Starfleet Intelligence arbeitet, wobei mir noch nicht ganz klar ist, um welchen Gegner es dabei geht. Der Angriff auf das Recruitment Center sieht so aus, als fände er mithilfe von Portalen statt, angeblich handelt es sich um Transportertechnologie. Hat das irgendwas mit den Leuten zu tun, die Crusher jagen, oder ist das eine komplett eigenständige Story?

Die zweite Figur, die noch von der Partie ist, ist Seven of Nine, die auf Drängen von Picard und Janeway nun doch der Sternenflotte beigetreten ist. Dass sie sofort einen Posten als Erster Offizier bekommen hat, schmeckt aber ehrlich gesagt ein bisschen nach Vetternwirtschaft. Jedenfalls dient sie unter Captain Shaw auf der Titan und muss wegen ihm ihren alten Namen Annika Hansen benutzen. Ich weiß, es geht darum, ihn als Unsympath erster Güte zu charakterisieren, aber Commander Hansen klingt ja nun wirklich besser als Commander of Nine (in meiner Logik ist Seven der Vorname).

Was mich zum ersten (?) Neuzugang der Staffel bringt: Liam Shaw. Ich mag ihn. Ich meine, er ist ein Arschloch, aber er ist auch interessant, weil er die nächste Generation (pun intended) von Sternenflottenoffizieren repräsentiert. Eine Generation, die die Erforschung des Weltraums nicht mehr als großes Wild-West-Abenteuer betrachtet, sondern als bürokratischen Nine-to-Five-Job, in dem der am erfolgreichsten ist, der sich an Vorschriften hält und Befehle befolgt. Er ist der komplette Gegenentwurf zu Picard und Co., und das wiederum verspricht jede Menge Konfliktpotenzial. (Und ehrlicherweise gefallen mir auch seine blumigen Beleidigungen.)

The Next Notes

• Für meinen Geschmack wirft „The Next Generation“ ein bisschen zu sehr mit kryptischen Schlagworten um sich, die gar nicht wirklich wichtig sind und mich nur verwirrt haben. Stichwort Hellbird und Red Lady.
• Was denkt ihr, gehörte die Aussage auch zu Raffis Tarnidentität oder haben sie und Seven sich wirklich schon wieder getrennt?
• „No one wants the fat ones“, das war echt bitter.

4 von 5 klobigen Bananen, die keiner will.

Vorherige Folge
Nächste Folge
Zurück zur Staffelübersicht