Star Trek: Picard | Võx (3×09)

„What I see in you, what Vadic saw, an end. The vindication of both our species. To take everything back from those who live like shattered glass.“

Jack erfährt endlich, was es mit seinen Fähigkeiten auf sich hat. Die Titan fliegt zu den Feierlichkeiten des Frontier Day. Spoiler!

Resistance is futile

Als Deanna die rote Tür in Jacks Geist öffnet, erfährt sie, wer hinter seinen Fähigkeiten steckt: die Borg. Das macht Jack zu einer Gefahr für die gesamte Menschheit, doch statt sich einsperren zu lassen, fliegt er direkt zur Borg Queen. Picard bleibt keine Zeit, sich damit zu befassen, denn der Frontier Day steht an – und mit ihm die Vorstellung der Fleet Formation, durch die alle Schiffe miteinander vernetzt werden. Als sie herausfinden, dass die DNS-Sequenz, die Picard an Jack weitergegeben hat, von den Formwandlern in die Transporter eingeschleust wurde, ist es bereits zu spät: Auf sämtlichen Schiffen werden die genetisch veränderten Crewmitglieder assimiliert. Die Flotte ist in der Gewalt der Borg.

Antworten! Chaos! Nostalgie!

Jessas, endlich! Und überhaupt: Ha! Ist es nicht befriedigend, wenn sich die eigenen Theorien als richtig erweisen? Die Borg also, dazu später noch ein paar Worte. Zuerst müssen wir die Frage beantworten, ob „Võx“ eine gute Folge ist. Ist sie? Nun, zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist sie bei IMDb zumindest die am besten bewertete der gesamten Serie. Ohne eine Spielverderberin sein zu wollen, fand ich sie ehrlich gesagt ein bisschen zu vollgestopft, man hätte sich wirklich nicht alles für die vorletzte Folge aufheben müssen. Wie sie dieses Kuddelmuddel jetzt innerhalb nur einer Folge auflösen wollen, ist mir ein absolutes Rätsel. Ansonsten aber … ja, ich fühlte mich exzellent unterhalten.

„That is why you are Võx. Not Locutus, the one who speaks. You are the voice itself.“

Picards alte Nemesis

Ich hab die Kritiker schon im Ohr, die sich darüber beklagen werden, dass schon wieder die Borg die Bösen sind. Man muss das nicht gut finden, aber es ist immerhin konsequent. Die Borg waren aufgrund seiner persönlichen Erfahrung immer die große Nemesis für Picard, der mächtigste Gegner während „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ und der rote Faden durch alle Staffeln von „Star Trek: Picard“. Eigentlich war die Lösung naheliegend. Jetzt erwarte ich aber einmal eine endgültige Klärung, einen echten Abschluss oder auch eine Katharsis, wenn ihr so wollt. Picard muss mit dem Thema Frieden schließen.

Was die Mechanik des Ganzen angeht, ist natürlich alles etwas komplizierter als gedacht. Ja, Jack hat die entsprechende Gensequenz von Picard „geerbt“, doch ob das purer Zufall oder von langer Hand geplant war, bleibt etwas vage. (Die Borg konnten ja nicht wissen, ob er überhaupt jemals Kinder zeugt.) Auch ist unklar, was ihr ursprünglicher Plan war, denn in der Form, wie er nun zur Ausführung kommt, brauchten sie zwingend die Formwandler. Nur die konnten unbemerkt an Bord aller Schiffe gelangen und die Gensequenz in die Transporter einschleusen, um alle damit zu „infizieren“.

Was war noch gleich mit den Formwandlern?

Was mich aber auch schon zur größten Schwäche der Story bringt: die Formwandler. Die Borg sind, was man laut Internet einen „eleventh hour villain“ nennt, also einen Bösewicht, der erst kurz vor Schluss auftaucht. Das Problem ist, dass die Formwandler dadurch zu bloßen Steigbügelhaltern degradiert werden, zu einem erzählerischen Platzhalter, damit der Zuschauer nicht sofort alles durchschaut. Und das ist ehrlich nicht fair und passt auch nicht zu dem, was wir in „Star Trek: Deep Space Nine“ über sie gelernt haben.

Abgesehen davon ist völlig unklar, welchen Vorteil sie aus dieser Allianz ziehen. Ich habe sogar die ganz große Befürchtung, dass man sie im Finale komplett vergessen wird. Schon jetzt können wir allenfalls spekulieren, was aus den Formwandlern geworden ist, die noch an Bord der Flotte waren, als die Borg die jungen Leute assimiliert und die Alten abgeschlachtet haben. Wurden sie ebenfalls getötet, weil sie nicht assimiliert werden können? Und wer auch immer „The Face“ war, etwa die Borg-Queen?

„Funny. I’ve always known the world was imperfect. The broken systems, the wars, suffering, violence, poverty, bigotry. And I always thought if people could only see each other, hear each other, speak in one voice, act in one mind, together. Who knew a little cybernetic authoritarianism was the answer?“

Gesellschaftskritik oder so

Wir unterbrechen das reguläre Programm für eine neue Episode von „Jes zieht wirre Parallelen zum aktuellen politischen Geschehen“. Bin ich die Einzige, die herzlich lachen musste, als sich herausstellt, dass die genetische Veränderung nur bei Leuten unter 25 wirkt? Weil, passt auf, da wurden also junge, beeinflussbare Leute indoktriniert, dass Totalitarismus eigentlich ganz knorke ist und sie alle gleich sein sollten, und bämm! Alle assimiliert. Und jetzt müssen die alten Säcke, die den Wohlstand aufgebaut haben, den die ideologisch verblendeten Jungen nicht zu schätzen wissen, wieder die Welt retten. Das war „Jes zieht wirre Parallelen zum aktuellen politischen Geschehen“, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ein paar Oldies gegen die ganze Borg-Flotte

Aber im Ernst, es mutet schon ein bisschen absurd an, dass eine Handvoll Offiziere im Rentenalter mit einem einzigen Schiff (einem restaurierten Oldtimer noch dazu) die gesamte von den Borg kontrollierte Flotte angreifen will. Haben die überhaupt einen Plan?! Ich gehe jede Wette ein, dass Jack sie am Ende alle retten wird. Es ist einfach zu auffällig, dass wir nichts mehr von ihm sehen, nachdem er zur Borg-Queen geht und offenbar assimiliert wird. Vermutlich machen ihn seine Fähigkeiten in Wirklichkeit zur stärksten Waffe nicht für, sondern gegen die Borg.

Eigentlich beginnt der wirklich spannende Teil der Geschichte sowieso erst, wenn „Star Trek: Picard“ zu Ende ist. Denkt mal darüber nach, die Borg haben gerade dafür gesorgt, dass mehr oder weniger der gesamte Senior-Stab der Sternenflotte getötet wurde. Selbst wenn sie sie besiegen, bleiben nur Junioren übrig, die null Erfahrung haben und noch dazu völlig traumatisiert sind, weil sie ihre Vorgesetzten getötet haben. Es kursieren Gerüchte um ein Spin-off namens „Star Trek: Legacy“ (von dem zumindest bis heute alle hofften, dass Shaw darin eine Rolle spielen würde), und wenn das die Story ist, bin ich offiziell gehyped!

La Forge: „Hopefully, we have enough juice to get us there.“
Data: „What makes you think ‚there‘ hasn’t already been destroyed?“
La Forge: „Data, could you try to be a little more positive?“
Data: „I hope we die quickly.“

Es werde Licht

Dachtet ihr wirklich, ich hätte den glorreichsten Moment der Folge vergessen? Nein, der verdient natürlich einen eigenen Absatz, denn wir erfahren endlich, was Geordi in Hangar 12 versteckt hatte: die komplett restaurierte Enterprise D. Ja, das war die mit der gecrashten Untertassen-Sektion. Das einzige noch funktionierende Schiff, das nicht ins Flotten-Netzwerk eingebunden ist und deshalb auch nicht von den Borg kontrolliert werden kann. (Auch von „Battlestar Galactica“ geklaut, die war nämlich ebenfalls ein Schiff aus dem Museum.)

Und ein glorreicher Moment ist es wirklich, wenn die Lichter auf der Brücke angehen und wir plötzlich sehen. Maaaann, nie war offensichtlicher, wie mies die Schiffe in den neuen „Star Trek“-Serien ausgeleuchtet sind. Noch lustiger ist allerdings, wie offensichtlich die Brücke für das damalige 4:3-Fernsehformat konstruiert wurde. In 16:9 sieht man jetzt nämlich, dass einfach alles in die Mitte gequetscht wurde und von diesen riesigen Rampen flankiert wird. Aber, hey: „You know, it wasn’t until this moment, reunited with all of you, I realized what I missed most. The carpet.“

Vocal Notes

• Hat das ~ in „Võx“ eigentlich mehr als nur dekorative Bedeutung? Das lateinische „vox“ jedenfalls hat keine Tilde, sieht mit aber natürlich extra fancy aus.
• Die Motivation der Borg ist eher wacklig. So was wie Rache kannten die bisher eigentlich nicht, sondern haben nur rational assimiliert, was ihnen nützt.
• RIP Captain Shaw, es war schön mit dir. Frage mich ernsthaft, ob den Machern nicht klar war, was für ein Fanliebling er werden würde. (Dass er seinen letzten Atemzug für ein „Seven of Nine“ nutzt, war indes Klischee pur.)
• Apropos, kam mir am Ende so vor, als hätten alle vergessen, dass Seven und Raffi noch auf der Titan sind. Wieso eigentlich genau noch mal?

4 ½ von 5 assimilierten Junior-Bananen.

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