Re:Visited | Léon – Der Profi

In der Aufzählung meiner Lieblingsfilme vergesse ich ihn gewöhnlich, doch “Léon – Der Profi” gehört zweifellos zu den wichtigeren Filmen meiner Jugend, und das gleich aus mehreren Gründen.

Als ich den Film das erste Mal sah, war ich vierzehn oder fünfzehn und damit nur wenig älter als Natalie Portman, als sie ihn drehte. Ich bin mir nicht ganz sicher, was mich überhaupt dazu veranlasste, ihn mir anzuschauen, ich vermute fast, dass ich auch da schon ein recht großer Fan von Gary Oldman war (den ich bis heute anbete). Auf jeden Fall war ich zutiefst beeindruckt von diesem Mädchen, das sich scheinbar völlig in ihrer Rolle verloren hatte. In der Folgezeit war ich geradezu besessen von Natalie, ich wollte um jeden Preis so aussehen und so sein wie sie, was ganz sicher damit zusammenhängt, dass wir derselbe Jahrgang sind und ich zu der Zeit irgendwie eine Art Vorbild brauchte.

Im Rückblick war diese Obsession ein bisschen gruselig, aber ich weiß Natalie Portman bis heute als Schauspielerin zu schätzen. In den meisten ihrer Filme war sie herausragend, und da ich einige nur wegen ihr angeschaut habe, bin ich wiederum auf andere Schauspieler gestoßen, die mir sonst womöglich entgangen wären (bestes Beispiel ist der großartige Timothy Hutton aus “Beautiful Girls”). Auf der anderen Seite ist mir gerade jetzt, als ich “Léon” nach vielen Jahren erstmals wieder gesehen habe, aufgegangen, dass Natalie in keinem Film, den sie danach gedreht hat, je wieder so gut war. Vielleicht lag es daran, dass sie noch so jung und unerfahren war, vielleicht lag es auch an der Intensität der Geschichte, aber sie spielt die Mathilda nicht, sie ist sie.

Darüber hinaus war der Film aber auch mein cineastischer Weckruf. Ich schätze, die meisten Menschen mögen Filme; die einen vielleicht Action lieber als Dramen, die anderen Starkino lieber als Indie-Perlen. Dass aber Regisseure so etwas wie eine persönliche Handschrift haben, wurde mir erst durch “Léon” bewusst, oder besser gesagt durch “Im Rausch der Tiefe”, den ich danach sah. Luc Besson war der erste Regisseur, dessen Filme ich mir unabhängig von Story oder Besetzung ansah, und es tut ein bisschen weh, dass er sich mittlerweile fast völlig aus dem Geschäft zurückgezogen hat. Vor allem “Nikita” machte so tiefen Eindruck auf mich, das ich später sogar mal etwas ähnliches träumte.

Nun kann ich, wenn ich über Luc Besson spreche, über Eric Serra nicht schweigen. Vielleicht erinnert ihr euch noch an meine Musikgeschichte über Björks “Venus as a Boy”, wo ich ihn bereits einmal kurz erwähnte. War “Léon” der Film, der mich Regisseure unterscheiden lehrte, so war Luc Besson der Mann, durch den mir klar wurde, dass es Filmkomponisten gibt. Das mag etwas albern klingen, aber für jemanden, für den Filmmusik per se von John Williams kam (danke, “Star Wars”), war die Erkenntnis, dass Regisseure zuweilen über Jahre immer wieder mit denselben Komponisten zusammenarbeiten, ein Schock. Ein guter, wie ich anmerken möchte, Eric Serra gehört zu meinen Lieblingen. Und über die spannende Symbiose zwischen Regisseur und Komponist werde ich gewiss auch irgendwann noch eine Musikgeschichte schreiben.

Vorerst genügt es wohl, festzuhalten, dass “Léon – Der Profi” ein Meisterwerk ist, das in Sachen Kameraführung und Choreographie der Actionsequenzen absolut zeitlos wirkt. Man würde nicht glauben, dass der Film tatsächlich schon zwanzig Jahre auf dem Buckel hat!