Schreibstube | Don’t forget to remember

Wie vermutlich bei den meisten Autoren ist mein ganzes Leben aus Notizen zusammengesetzt. Ich habe akzeptiert, dass ich ständig neue Notizbücher anfange ohne je eines zu beenden. Und auch, dass mich das irgendeinen fernen Tages vor ernsthafte Platzprobleme stellen wird. Bis dahin nehme ich mit Freuden jedes Notizbuch entgegen, dass man mir schenkt.

Doch das ist nur ein Aspekt, denn wie dringend ich diese Bücher brauche, merke ich immer dann, wenn ich mal keines zur Hand habe, eine Idee nicht aufschreibe und Stunden später nur noch weiß, dass ich eine hatte und sie mutmaßlich genial war. So gerade erst wieder geschehen, als ich endlich einen passenden und noch dazu wundervoll poetischen Titel für ein Projekt fand, ihn nicht notierte und dann natürlich prompt vergaß. Das ist eine Woche her, ich zermartere mir deswegen immer noch das Gehirn.

Und dann gibt es noch die Momente, in denen ich mir einen Gedanken notiere und davon ausgehe, dass ich ihn innerhalb der nächsten Tage verarbeiten werde, weshalb es nicht nötig scheint, ihn genauer auszuarbeiten. Ein inzwischen schon legendäres Beispiel sind die berühmten “fliegenden Fischwesen”, die mich auch nach bald zehn Jahren noch immer beschäftigen.

In den Aufzeichnungen für mein aktuelles Projekt, das einstweilen weiterhin “Nocturnal” heißt, bis mir der wundervoll poetische Titel (siehe oben) wieder einfällt, habe ich nun etwas gefunden, was diesen mysteriösen Tieren den Rang als kryptischste Notiz aller Zeiten ablaufen könnte. Da stellt also mein Held seine neue Freundin seinem Bruder vor, und ich schrieb dazu: “Der berühmte Satz mit dem Buckel und dem Schielauge, es soll deutlich werden, dass er sie wirklich liebt.” Hä?! Es ist offensichtlich, dass ich da eine Idee hatte, die ich damals für literarisch hoch wertvoll hielt, denn im letzten Absatz findet sich dann der Hinweis: “Aufnahme des Bildes vom Buckel und dem Schielauge, als er sie verlässt.” Das war also was Großes, irgendwas echt Handlungsrelevantes.

Und die Moral von der Geschicht? Mein Gehirn ist ein chaotisches Organ, dem nicht über den Weg zu trauen ist, egal um was es geht. Lehrt mich das, das mit den Notizen künftig ernster zu nehmen. Ähm. Nö?