Doctor Who | Vincent and the Doctor (5×10)

Auf einem Gemälde von Vincent van Gogh entdecken der Doctor und Amy ein Monster und beschließen, dem weltberühmten Maler einen Besuch abzustatten. Doch der Mann ist alles andere als ein selbstbewusster und ausgeglichener Mensch. Vorsicht vor dem Spoiler!

Vom schlechten Gewissen geplagt, weil er Rorys Tod nicht verhindern konnte, ist der Doctor gerade besonders nett zu Amy und nimmt sie sogar ins Musée d’Orsay mit, um sich eine Ausstellung von Vincent van Gogh anzusehen. Dort allerdings entdecken sie auf einem seiner Bilder ein Monster und beschließen, der Sache vor Ort auf den Grund zu gehen. Es zeigt sich, dass Vincent zu Lebzeiten alles andere als ein geachteter Maler war und zudem an schweren Depressionen litt, doch bei der Monsterjagd an der Seite von Amy und dem Doctor läuft er zu Hochform auf.

Seit ihrer Ausstrahlung ist diese Folge tatsächlich eine von denen, die ich Leuten empfehle, die noch nie „Doctor Who“ gesehen haben. Obwohl sie keineswegs typisch für die Serie ist, zählt sie zu den am besten erzählten und nimmt sich dabei erstaunlich feinfühlig dem ernsten Thema Depression und Angstzuständen an. Es ist außerdem das erste Mal in New Who, dass eine historische Persönlichkeit nicht als Karikatur dargestellt wird.

Wahrscheinlich nimmt es kaum Wunder, dass ich als Kunsthistorikerin ausgerechnet von dieser Folge so begeistert bin. Tatsache aber ist, bevor ich „Vincent and the Doctor“ sah, hatte ich mich wenig bis gar nicht mit van Gogh beschäftigt, auch nicht während meines Studiums. Ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass ich anschließend in der Bibliothek nachschaute, ob auf dem Bild der Kirche nicht vielleicht wirklich ein unerklärliches Monster zu sehen ist. (Spoiler: Ist es nicht.) Was der Folge neben der realistischen Charakterisierung van Goghs so gut tut, ist die Besetzung von Tony Curran, der dem Selbstportraits des Malers auf geradezu erschreckende Weise ähnlich sieht, und der Figur gleichzeitig eine ungeahnte Tiefe verleiht.

Eine der ersten Lektionen, die ich während meines Kunststudiums allerdings gelernt habe, ist, dass man niemals von den Lebensumständen eines Malers auf seine Kunst schließen sollte. Zweifellos haben Krankheiten einen Einfluss darauf, wie und was jemand malt, aber es sollte niemals als alleinige Erklärung herhalten. Es ist „Doctor Who“ unter diesem Gesichtspunkt sehr hoch anzurechnen, dass sehr deutlich betont wird, dass van Gogh nicht wegen, sondern trotz seiner psychischen Erkrankung in der Lage war, die Welt auf seine eigene Weise zu sehen. Die Depressionen waren Teil seiner Persönlichkeit, aber sie waren nicht alles, was ihn ausmachte. Oder, vom Doctor poetischer formuliert. „The way I see it, every life is a pile of good things and bad things. The good things don’t always soften the bad things, but vice-versa the bad things don’t necessarily spoil the good things and make them unimportant.“

Natürlich war es reichlich dick aufgetragen, dass der Doctor Vincent van Gogh zum Schluss in unsere Gegenwart mitnimmt, um ihm zu zeigen, dass spätere Generationen sein Talent zu schätzen wissen. Wer jedoch selber kunstschaffend ist und die Hürden kennt, Anerkennung für seine Arbeit zu erhalten, wer selbst schon einmal seine Fähigkeiten in Frage gestellt hat, weil niemand sonst sie zu erkennen in der Lage scheint – der hat zu dieser Szene eine gänzlich andere Beziehung. Ja, sie ist kitschig, aber sie kann auch all jenen Hoffnung machen, die heute mit ihrer Arbeit scheitern, denn Kunst ist unsterblich, und ihr wahrer Wert zeigt sich eben oftmals erst spät.

Der einzige Wermutstropfen dieser wirklich starken Episode ist das Monster. Es ist irgendwo verständlich, dass die Geschichte den Krafayis als Auslöser brauchte, doch gleichzeitig nimmt er ihr ihre Schwere und ihren angenehmen Realismus. Es wird außerdem nie erklärt, warum van Gogh ihn nun eigentlich sehen kann, wir sollen wohl einfach annehmen, dass es etwas mit seiner psychischen Verfassung zu tun hat. (Wenngleich es wirklich ein Unterschied ist, ob man Farben hören kann oder unsichtbare Monster sieht.) Zum Glück ist der Monsterplot nach einer halben Stunde aber auch schon vorbei und es bleibt Zeit, sich wieder den wirklich wichtigen Themen zuzuwenden.

Vincent and the Notes. Autsch, als die TARDIS das Monster anhand von van Goghs Zeichnung nicht erkennt und er dann was von „proper painters“ murmelt. Die Sonnenblumen mussten wohl sein, aber zumindest wurden sie angenehm subtil eingebunden. Interessant, dass van Gogh Amys Traurigkeit spürt, obwohl sie selbst nicht dazu in der Lage ist. Und von allem, was hier über Depression gesagt wird, rechne ich es Autor Richard Curtis besonders hoch an, dass der Doctor deutlich macht, dass das nicht gleichbedeutend mit „verrückt“ ist. Oi, der Doctor nennt van Gogh aus Versehen Rory. „Is this how time normally passes? Really slowly, in the right order?“ Der Song im Museum ist übrigens „Chances“ von Athlete.

5 von 5 Bananen im Sonnenblumenfeld.

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