Literatur am Samstag | Die Kochtopfdirektive, oder: Wie der Osterhase starb

Dieses kleine Ostermärchen hat mittlerweile auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel. (Siebzehn, wenn ich dem Zeitstempel der Textdatei trauen kann.) Und es beweist, dass die Gelfs eine ziemlich alte Erfindung von mir sind. Außerdem, dass ich schon früh sehr morbide war. In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Jedes Kind kommt irgendwann in ein Alter, in dem seine Eltern ihm sagen müssen, dass es gar keinen Osterhasen gibt, und das, obwohl er jahrelang so schöne Geschenke gebracht hat. Das hat schon so seine Richtigkeit, aber das war nicht immer so. Vor langer, sehr langer Zeit lebte der Osterhase, und zwar in der Schweiz, wo die Menschen so merkwürdig sind, dass ein sprechender Hase gar nicht weiter auffällt.

Eines Tages kam ein Gelf in die Schweiz, ein putziges kleines Wesen, das nur ein Problem hatte: Jeder wollte es beschenken. Das fing schon im Kindergarten an, wo die kleine Amy ihm ihren Lieblingsteddy schenkte (und später so unglücklich darüber wurde, dass sie ein Kindheitstrauma mit ins Erwachsenenleben nahm). Lange Zeit dachte der Gelf, dass er einfach eine enorme Ausstrahlung hat, bis ihn seine Eltern darüber aufklärten, dass es allen Gelfs so geht. Sie wecken in ausnahmslos jedem Lebewesen den dringenden Wunsch, sie zu beschenken. Es ist wirklich ein Glück, dass es nicht allzu viele von ihnen gibt, daher ist es auch eher unwahrscheinlich, dass ihr je einem Gelf begegnet. Die meisten Gelfs leben übrigens auch heute noch in der Schweiz, weil sie dort wie gesagt nicht sonderlich auffallen.

Nun kam dieser Gelf also in die Schweiz und traf dort den Osterhasen, der ihm zuerst einmal ein bunt bemaltes Ei schenkte. Der Gelf bedankte sich brav und wurde der Assistent des Osterhasen, half ihm beim Bemalen der Eier und beim Aufspüren neuer ausgefallener Verstecke. Er ließ es auch wortlos über sich ergehen, dass der Osterhase ihm jedes Mal, wenn sie sich begegneten, etwas schenkte. Der Gelf beschränkte den persönlichen Kontakt auf das Nötigste, und der Osterhase tat ihm den Gefallen und schenkte ihm nichts Teures. Mit diesem stillschweigenden Abkommen kamen die beiden jahrelang gut miteinander aus. Der Gelf durfte irgendwann sogar beim Verstecken der Eier helfen.

Doch die Freundschaft geriet in ernsthafte Gefahr, als der Osterhase dem Gelf einen Kochtopf schenkte. Das war ihm dann schon unangenehm, denn ihr müsst wissen, dass ein Kochtopf zu jener Zeit (und ganz besonders in der Schweiz) ein halbes Vermögen kostete. Doch der Osterhase wusste eben, dass der Gelf für sein Leben gern kochte, und wollte ihm nur eine Freude machen. Der Gelf war deswegen jedoch sehr wütend und stritt stundenlang mit dem Osterhasen, bis er schließlich heiser war und lieber schmollte.

Der Osterhase hatte wegen dieser Geschichte dann ein ziemlich schlechtes Gewissen und wollte seinen Fehler wiedergutmachen. Doch wie ich eingangs bereits erwähnte, haben Gelfs diese gewisse Ausstrahlung, und so fiel dem Osterhasen beim besten Willen nichts anderes ein als seinem Freund ein Geschenk zu kaufen. Und so besorgte er eine Bratpfanne und brachte sie dem Gelf.

Wie es der Zufall so wollte, kannte sich der Gelf mit den Preisen für Kochutensilien ziemlich gut aus und wusste deshalb, dass Pfannen sogar noch teuer waren als Töpfe (wie gesagt, in der Schweiz). Er geriet daraufhin derartig in Wut, dass er dem Osterhasen die Bratpfanne über den Schädel zog, was dieser nicht verkraftete und tot umfiel.

So also starb der Osterhase. Das wirklich Traurige an der Geschichte aber ist, dass er die Bratpfanne im Sonderangebot erstanden hatte.