Star Trek: Picard | Et in Arcadia ego, Part 1 (1×09)

„Maybe all rationales for killing just boil down to fear, the opposite of logic.“

Picard und Co. finden Sojis Heimatwelt und treffen dort auf ein bekanntes Gesicht. Doch die Romulaner sind bereits auf dem Weg. Spoiler!

They hit us with a flower

Die La Sirena trifft auf der Coppelius-Station auf Ghurion IV ein, wo Maddox’ Androiden leben. Picard und seine Crew werden von Dr. Alton Inigo Soong begrüßt, dem Sohn von Dr. Noonian Soong, der einst Data geschaffen hat. Sie lernen außerdem Sutra kennen, die offenbar die Schwester von Janna war. Sutra ist es auch, die aus Juratis Erinnerung die wahre Bedeutung der Mahnung erfasst und die darin erwähnte Allianz der Synths zu Hilfe rufen will, bevor die Warbirds der Romulaner eintreffen.

Gewaltiger Auftakt zum Finale

Oh, es passiert so furchtbar viel in dieser Folge, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Angesichts der vielen Themen, die im Laufe der Staffel angerissen und hier nochmals vertieft werden, ist absehbar, dass nicht alles davon einen Abschluss finden wird. Vieles werden wir zweifellos auch noch in die zweite Staffel mitnehmen, was vielleicht nicht die schlechteste Lösung ist. Der erste Teil des Staffelfinales jedenfalls eröffnet viele Möglichkeiten, wie die Geschichte weitergehen kann.

Rios: „How many?“
Raffi: „Uh, two hundred and eighteen Warbirds.“
Rios: „Ah. Two hundred and eighteen. That’s not so bad.“
Raffi: „True, you really only have to worry about the first hundred and nine.“

Das Paradies und der Teufel

In guter alter „Star Trek“-Tradition trägt diese bedeutende Folge einen lateinischen Titel. „Et in Arcadia ego“ kann mit „auch ich (bin/war) in Arkadien“ übersetzt werden, weist aber eine ganze Reihe von Interpretationsmöglichkeiten auf. Die naheliegendste Bedeutung dürfte im Zusammenhang mit „Star Trek: Picard“ wohl die sein, dass mit „ich“ der Tod gemeint ist, der auch einen paradiesischen Ort wie Arkadien irgendwann heimsuchen wird.

Und Ghurion IV hat zweifellos vieles von einem Paradies an sich. (Auch wenn der Planet, den wir hier besuchen, irgendwie sehr wenig Ähnlichkeit mit dem hat, den Soji in ihrem Traum gesehen hat.) Und man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Androiden eine gewisse Naivität an sich haben, die sie zu perfekten Bewohnern dieses Paradieses macht. Aber machen wir uns nichts vor, schon Dr. Noonian Soong war nicht das, was wir einen „guten“ Menschen nennen würden. Wieso sollte sein Sohn Alton Inigo (Initialen A.I.), der einen Vater zum Vorbild hatte, der seine Androiden den eigenen Kinder immer vorgezogen hat, anders sein? Er identifiziert sich mehr mit den Synths als mit den Menschen und arbeitet daran, seinen Verstand in eine Art Golem zu übertragen.

Nicht nur der Titel dieser Folge liefert Hinweise auf die tiefere Bedeutung des Gezeigten, auch der Name der Station ist sicherlich nicht zufällig gewählt. Denn Coppelius heißt auch eine zentrale Figur in E. T. A. Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“. Dieser Coppelius führt am Vater des Protagonisten Nathanael alchemistische Experimente durch, die schließlich zu dessen Tod führen. Im Laufe der Geschichte taucht eine andere Figur auf, die Coppelius zum Verwechseln ähnlich sieht und Nathanael in den Wahnsinn treibt. Es ist offensichtlich, dass Soong in diesem Szenario Coppelius ist, aber heißt das vielleicht, dass der Maddox, den Jurati getötet hat, ebenfalls nur eine Kopie war?

„Life begins. The dance of division and replication. Imperfect, finite. Organic life evolves, yearns for perfection. That yearning leads to synthetic life. But organics perceive this perfection as a threat. When they realize their creations do not age, or become sick, or die, they will seek to destroy them and, in so doing, destroy themselves. Beyond the boundaries of time and space, we stand, an alliance of synthetic life, watching you, waiting for your signal. Summon us and we will come. You will have our protection. Your evolution will be their extinction.“

Sutra ist die Zerstörerin, nicht Soji

Die wichtigste Frage lautet vielleicht: Wie viel freien Willen haben die Androiden? Wir gewinnen den Eindruck, dass sie alle einen jeweils unterschiedlichen Stand der Forschung repräsentieren, einige also weiter entwickelt sind als andere. Obwohl Sutra mit ihren grünen Augen Data äußerlich sehr viel ähnlicher ist als andere Synths, scheint sie eine gewisse Führerrolle einzunehmen. Und sie ist verschlagen genug, um Narek zu ihren Zwecken zu nutzen und dafür eine der ihren zu opfern. Tatsächlich ist es also sie, die den Tod in ihr scheinbares Paradies holt.

Dennoch bleibt offen, ob das allein ihr Wirken ist, oder ob sie nicht doch irgendeiner Programmierung von Dr. Soong folgt. (Der immerhin geht ja davon aus, dass er bald selbst ein Synth ist.) Das ist vor allem deshalb so irritierend, weil Sutra damit in gewisser Weise genau die Haltung einnimmt, die sie den Menschen vorwirft. Sie will alle töten, weil einige eine Bedrohung darstellen. Sojis Kontemplation über Logik und Opfer kommt wohl nicht von ungefähr, denn einem Androiden muss die Unlogik dieses Vorgehens einfach auffallen.

Dann wiederum: Ist es möglich, dass in der Mahnung mehr als nur die Kontaktdaten versteckt waren? Dass Sutra im wahrsten Sinne des Wortes umprogrammiert wurde? Ich bin mir zwar nicht sicher, ob wir noch eine Geschichte brauchen, in der Künstliche Intelligenz als böse dargestellt wird und die Menschheit ausrotten will. Aber noch ist alles offen, und wenn sie das am Ende irgendwie mit Control aus „Star Trek: Discovery“ verknüpfen, dann fände ich das tatsächlich sogar ziemlich cool.

Raffi: „I love you, J. L. Oh, you don’t have to say it back to me.“
Picard: „I don’t?“
Raffi: „Not unless you want to. Sorry, yeah, that’s fine. It’s fine.“
Picard: „Okay … I love you too, Raffi.“

Das Leben, das Universum und der ganze Rest

Lasst mich alles andere an dieser Stelle etwas schneller abhandeln, da die Review sowieso schon viel zu lang ist. Ich fand es schön, dass es diesen sehr starken Gegensatz zur Handlung gab, was die persönlichen Beziehungen der Figuren angeht. Raffi und Picard, die sich gegenseitig versichern, dass sie einander lieben, steht dabei an vorderster Front und ist vor allem deshalb wichtig, weil bereits gesagt wurde, wie schwer sich Picard mit Gefühlsäußerungen tut. Aber auch Rios hat einen ruhigen, liebevollen Moment mit Jurati.

Seven of Nine und Elnor kamen nur am Anfang kurz vor, aber ich nehme an, dass sie im zweiten Teil noch eine größere Rolle spielen werden. (Auch, weil Narek auf dem Weg zum Kubus ist, als wir ihn das letzte Mal sehen.) Und ein bisschen klang der Abschied von Seven und Picard nach einer Hintertür für ein Spin-off über die Fenris-Ranger, oder ging das nur mir so? Auf jeden Fall muss mit den Borg noch irgendwas passieren, nachdem sie die ganze Staffel über so eine prominente Rolle gespielt haben. (Möglicherweise auch Setup für die zweite Staffel? Zumindest sieht es jetzt so aus, als habe die Mahnung in Ramdhas Kopf zum Zusammenbruch der Submatrix geführt, und das möchte ich bitte noch genauer wissen!)

Et in Nota ego, Part 1

• Ganz ehrlich, was hat es mit den Blumendingern auf sich?
• Warum wurden Dahj und Soji nach bereits existierenden Androiden geformt, während alle anderen Zwillingspaare einzigartig sind? Und wohin hat Maddox sie gebracht, nachdem sie Ghurion IV verlassen hatten?
• Spot II. war zwar reiner Fanservice, aber im Grunde sollte sowieso jede Science-Fiction-Serie eine Katze haben, also okay für mich.

4 ½ von 5 lateinischen Bananen.

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