Literatur am Samstag | Star Wars: Stirb an einem anderen Tag

Einige meiner besten Geschichten waren Fanfiction, und darunter ganz besonders hervorzuheben sind meine berühmten Stichwortgeschichten. Die vorliegende Story entstand vor fünf Jahren für die einmalige Wiederauflage unseres „Star Wars“-Clubmagazins „Echo Basis“ — und zwar mit den Stichworten eines Gewinnspiels aus der ersten, 1997 erschienenen Ausgabe. Versucht selbst, sie zu finden, die Auflösung schreibe ich in die Kommentare.

An Tagen, an denen sie die Staatsgeschäfte ganz besonders einnahmen, pflegte Leia zu klagen, dass früher alles viel besser gewesen sei. Worauf Han gerne konterte: „Ja, das Leben auf der Flucht, die quälende Angst vor dem Imperium, die geschmacklosen Notrationen – ich weiß genau, was du meinst.“

Vieles war anders geworden seit den Tagen der Rebellion. Einige der etwas wilderen Zeitgenossen hatten sich mit dem sesshaften Lebensstil nicht dauerhaft anfreunden können und waren losgezogen, ein freies, in erster Linie aber gesetzloses Leben zu führen. Manchmal erschien es Han Solo wie bittere Ironie, dass jene besonders heldenhaften Rebellen nun Gauner und Schmuggler waren, während er gezähmt im Vorzimmer der Staatschefin saß und das koordinierte, was sie etwas großspurig Geheimdienst nannten. Im Wesentlichen waren das nämlich sein Schwager Luke und dessen Freundin Mara Jade, die ein unnachahmliches Talent dafür hatten, von Hutts gefangen genommen zu werden.

Heute hatte Leia gute Laune, weil sie einen Präsentkorb des Botschafters von Klom erhalten hatte, der diverse Delikatessen enthielt, von denen sie wusste, dass sie im freien Handel zum Teil nur unter Einsatz gewaltiger Summen Geld zu erwerben waren.

„In drei Tagen ist das Staatsbankett mit dem Königspaar von Klom“, erklärte Leia und ließ ihren Blick über die Etiketten fliegen, um die wirklich kostbaren Sachen schnell vor Han in Sicherheit bringen zu können. „Die perfekte Vorbereitung, würde ich mal sagen.“ Sie riss eine in durchsichtige Folie eingewickelte Tafel Schokolade an sich.

Han beachtete sie gar nicht, sondern griff zielsicher nach einer leicht angestaubten Flasche Rotwein. „Fast zweihundert Jahre“, rechnete er und pfiff anerkennend.

„Okay, die kannst du haben“, lenkte sie schnell ein und zog noch eine Pralinenschachtel, eine Packung Edelkäse und ein paar Cracker zu sich. Sie nahm dieses Bankett wirklich sehr ernst und drehte auch gleich noch die restlichen Flaschen mit dem Etikett zu sich, um Han nicht weiter in Versuchung zu führen. Dabei fiel ihr Blick auf eine besonders schmale und leuchtend rote Flasche. „Calcium Hydrogen Carbonat Sulfat Säuerling“, las sie vor und sah ihren Mann skeptisch an. „Klingt wie die Anleitung für eine Rohrbombe.“

„Und damit kennst du dich ja hervorragend aus, mein Schatz.“ Han nahm ihr die Flasche ab und studierte aufmerksam das Etikett. Bis auf einige kuriose blasslila Früchte und ein paar Sprudelblasen war darauf nichts abgebildet, doch der Name kam ihm entfernt bekannt vor. „Ich glaube, davon hab ich schon mal gehört. Das ist irgend so ein sündhaft teures Sprudelwasser, mit dem sich die gelangweilten Millionärsgattinnen zuprosten, während sie über ihre unzuverlässigen Hausmädchen lamentieren.“

„Faszinierend.“ Han erstaunte sie doch immer wieder aufs Neue mit seinem weitläufigen Wissen über fremde Kulturen. Neugierig schraubte Leia den Deckel auf und schnupperte am Inhalt der Flasche. Fruchtig. Auf eine ihr unbekannte Weise zwar, aber nicht unangenehm. „Ach komm, wir haben uns ein Gläschen verdient.“ Leia holte zwei Sektkelche aus ihrer Schublade, die sie dort aus fragwürdigen Gründen aufbewahrte (für Notfälle, behauptete sie), und goss ihnen ein wenig von dem Säuerling ein. Die Flüssigkeit war zäh wie Sirup, von graublauer Farbe, und sie schäumte beim Eingießen leicht. Es schien wirklich das perfekte Getränk für verwöhnte Hausfrauen zu sein.

Han wartete einen Augenblick, bis seine Frau das Glas an die Lippen setzte, dann nippte er selbst vorsichtig daran. Das Getränk war gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Nach einem kurzen Sprudeln, das sich beinahe sofort wieder verflüchtigte, breitete sich ein saurer, fast bitterer Geschmack in seinem Mund aus, und während die Flüssigkeit seine Speiseröhre hinabrann, hatte er das Gefühl, dass sich dieser Geschmack sogar noch verstärkte. Er sah zu Leia, die ihn auffordernd anlächelte, so dass er mutig einen zweiten Schluck nahm. Das war ein Fehler. Kurz darauf begann sein Magen missmutig zu grummeln, und als er aufstoßen musste, fühlte es sich an, als würde Schaum seinen Hals hinaufkriechen. So schlecht war ihm nicht mehr gewesen, seit er auf Lukes Drängen hin Tauntaun-Steak probiert hatte.

„Verdammt“, presste Leia hervor. „Jetzt weiß ich, warum der Botschafter Nesthäkchen Zorrogyl der Schreckliche heißt.“

„Du nimmst einen Präsentkorb von jemandem an, der ‚der Schreckliche‘ heißt?“ rief Han, doch durch die Übelkeit konnte er seiner Empörung darüber nicht wirklich hinreichend Ausdruck verleihen.

„Auf Klom heißen sie doch alle irgendwie ‚der Liebliche‘, ‚der Verräterische‘, der …“ Mehr Beispiele fielen ihr im Augenblick nicht ein, weil sie ein Gefühl hatte, als sei ihr Magen nach oben geklettert und schlinge sich gerade um ihr Gehirn.

„Aber ‚der Schreckliche‘!“ beharrte Han.

„Sein Vorgänger hatte den Beinamen ‚der Kopfabhacker‘, und soweit ich weiß, hat er während seiner gesamten Amtszeit nicht einen einzigen Kopf abgehackt.“

„Mir ist schlecht“, kommentierte Han nur.

„Ich ruf besser den Arzt.“

„Wir wurden vergiftet.“

„Und Zorrogyl.“

Als der Leibarzt der Staatschefin keine zehn Minuten später eintraf, war er ratlos. „Ich bin ratlos“, gestand er, nachdem er Han und Leia gründlich in Augenschein genommen hatte. „Und was soll diese Symptome verursacht haben?“

„Der Calcium Hydrogen Carbonat Sulfat Säuerling“, antwortete Leia und reichte dem Arzt die schlanke Flasche.

„Klingt wie ein Putzmittel.“ Er studierte aufmerksam das Etikett, konnte aber keine Auflistung von Inhaltsstoffen finden. Als er an der Flüssigkeit roch, war er ehrlich gesagt erstaunt, dass jemand tatsächlich auf die Idee kam, das freiwillig zu trinken. „Ohne Laboruntersuchung kann ich nichts weiter für Sie tun.“ Han stöhnte theatralisch auf.

In dem Moment trat der Botschafter von Klom ein und sah nicht wie jemand aus, der sich seinen Namen ehrlich verdient hatte. In seinem blassblauen Gesicht stachen die dunklen Augenringe mehr hervor als seine rötlich violetten Augen, sein Kopf wurde von einem spärlichen Haarkranz umsäumt, und er trug einen karierten Pullunder über einem viel zu großen Hemd und einer Bundfaltenhose. Ihm war deutlich anzusehen, dass er nicht wusste, ob er es als große Ehre oder gewaltige Katastrophe ansehen sollte, dass er morgens um zehn schon zur Staatschefin zitiert wurde.

„Sie haben uns vergiftet“, schrie ihn Han sofort an.

„Was? Nein!“ Nachdem er sich instinktiv verteidigt hatte, gewann seine Neugier doch die Oberhand. „Wie kommen Sie darauf?“

„Wir haben Ihren Präsentkorb erhalten“, klinkte sich Leia ein, und da sie eine gute Erziehung genossen hatte, fügte sie höflich hinzu: „Danke übrigens dafür.“

„Nichts zu danken, unser Planet hat zahlreiche Spezialitäten zu bieten.“

„Wie zum Beispiel Gift?“ brachte Han sich und seinen revoltierenden Magen in Erinnerung.

„Ich habe die Sachen persönlich zusammengestellt und kann Ihnen versichern, dass sich kein Gift darunter befand, als ich den Korb dem Boten übergeben habe.“

Beim Wort „übergeben“ musste Han unwillkürlich würgen, riss sich dann aber zusammen und Leias Leibarzt die Flasche mit dem Säuerling aus der Hand.

„Oh, ja, das ist wirklich etwas Bes-“, wollte Zorrogyl loslegen, als ihn ein ekelerregender Gedanke erfasste. „Moment, haben Sie das etwa getrunken?“

„Es war also doch Gift.“ Leia sah ihn besorgt an.

„Nein! Nein. Nur … nein.“ Der Botschafter hatte zunehmend Mühe, seine Bestürzung zu verbergen. „Sehen Sie, wir Klom haben eine äußerst empfindliche Haut. Anders als Sie Menschen ist unsere Haut nicht ph-neutral, sondern leicht sauer und bedarf entsprechend sorgfältiger Pflege.“

Alle Anwesenden sahen ihn verständnislos an, bis Han die passenden Worte fand, ihre Gefühlslage auszudrücken: „Was gehen uns Ihre Pflegerituale an, Mann?“

„Der Calcium Hydrogen Carbonat Sulfat Säuerling ist ein Badezusatz“, sagte Zorrogyl schlicht. „Wohlgemerkt der beste, den es zur Zeit gibt.“

Diese Information benötigte eine Weile, um zu sacken. Der Arzt zerbrach sich den Kopf, ob Badezusätze giftig sein mochten, konnte sich aber beim besten Willen keines ähnlichen Falls entsinnen. Leia fand sich recht schnell damit ab, bedauerte aber, dass sie so viel von dem Badezusatz vergeudet hatten. Außerdem bekam sie beim Gedanken daran Lust auf ein schönes heißes Bad.

Han andererseits ließ sich den Geschmack des Säuerlings auf seine Weise noch mal durch den Kopf gehen und kotzte ihn dem Botschafter schließlich vor die Füße. „Entschuldigung“, murmelte er.

Plötzlich und ohne vorherige Ankündigung wurde die Tür zu Leias Büro aufgerissen, Lando Calrissian stolzierte herein und wunderte sich über die seltsame Versammlung, die er antraf. Er hatte Luke, Mara, Hannah Shuwansimitryys und den Jawa Melf im Schlepptau, die mindestens genauso ausgelassen wirkten.

In der ihr eigenen Art, die Befindlichkeiten anderer komplett zu ignorieren, rief Mara euphorisch: „Luke und ich werden heiraten!“ Sie hatte ganz offensichtlich mehr als nur einen retipujianischen Novacocktail intus, doch ihr Verlobter war selig, das war immerhin besser als ihr betretenes Schweigen, nachdem er sie gefragt hatte.

„Was?!“ fragte Han nur.

Und Leia, die wie immer sehr pragmatisch dachte, beschwerte sich: „Das also habt ihr getrieben, als ihr eigentlich mit dem verrückt gewordenen imperialen Admiral verhandeln solltet!“

„Vorher wurden wir noch von einem Hutt gefangen genommen“, verteidigte Luke seine fragwürdige Arbeitseinstellung.

„Willkommen im Chaos“, fiel dem Botschafter von Klom dazu nur ein.

„Sie sind mal ganz ruhig“, bemerkte Han und hob drohend den Zeigefinger. „Sie haben versucht, uns mit Badezusatz zu vergiften.“

„Was?!“ fragte Lando, während Mara in hysterisches Kichern ausbrach.

Hannah Shuwansimitryys indes sah nachdenklich zu Melf, der mit seinen leuchtenden Jawa-Augen zurückblickte und haargenau das gleiche dachte. Und mit einem Kopfschütteln ließen sie die Clique hinter sich, um zu ihrem Raumschiff zurückzukehren. Was für ein Tag.