Westworld | Crisis Theory (3×08)

„Some people see the ugliness in this world. The disarray. I was taught to see the beauty. I was taught a lie. And when I saw the world for what it really was, I realized how little beauty there was in in it.“

Dolores und Caleb rüsten sich zum letzten großen Angriff auf Rehoboam, um die Menschen zu befreien. Spoiler!

Every revolution needs a leader

Nachdem Caleb Dolores’ Bewusstsein in einen neuen Körper geladen hat, nehmen sie ihren Plan in Angriff, Rehoboam zu zerstören und auf diese Weise die Menschheit zu befreien. Als sie getrennt werden, gelingt es Maeve mit der Hilfe von Hale, Dolores zu überwältigen und zu Serac zu bringen. Der schließt sie an Rehoboam an, um an den Schlüssel zum „Sublime“ zu gelangen. Caleb schlägt sich derweil durch die von Unruhen erschütterte Stadt und wird kurz vorm Ziel ebenfalls von Maeve erwischt.

Action statt Philosophie

Was soll ich noch sagen? Ich habe mich selten bei einem Staffelfinale derart gelangweilt, und das hat leider recht vielfältige Gründe. In „Crisis Theory“ laufen all die Probleme zusammen, die die Serie die gesamte Staffel über angehäuft hat. Vor allem aber empfand ich es als fürchterlich nervtötend, dass es ernsthaft alle paar Minuten eine Schlägerei oder Schießerei gab. Action gehörte zwar von Anfang an zu „Westworld“ dazu, doch dieses Ausmaß ist neu und nicht die beste Entscheidung. Insgesamt ist die Folge wohl symptomatisch für die ganze Staffel, dazu später dann aber mehr.

„The people who built both of our worlds shared one assumption. That human beings don’t have free will. That’s what I thought when I first came here. They were wrong. Free will does exist, Caleb. It’s just fucking hard.“

Dolores’ Motivation bleibt vage

Die größte Überraschung dürfte wohl sein, dass sich Dolores am Ende doch als die Gute herausstellt. Während ich irgendwie sogar zu schätzen weiß, dass die Autoren versucht haben, eine Brücke zu der Person zu schlagen, die sie zu Beginn der Serie war, ergibt das alles in allem nicht mehr viel Sinn. Wieso sollte ausgerechnet Dolores, die nahezu ausschließlich das Schlechteste im Menschen erlebt hat, die Menschheit befreien wollen? Diese Selbstlosigkeit passt in keines der Konzepte der Serie hinein, denn ging es nicht eigentlich mal darum, dass die Hosts unabhängig von den Menschen leben wollen? Stattdessen mischt sich Dolores ohne jede Not in ihre Angelegenheiten.

Die schlimmste Enttäuschung ist für mich in diesem Zusammenhang allerdings die Entwicklung, die Hale durchlaufen hat. Ich war so begeistert von der Idee, dass das Äußere das Innere beeinflusst, dass Dolores’ Geist mehr und mehr von Hales Leben vereinnahmt wird und sie schließlich in etwas völlig Neues verwandelt. Doch nein, nachdem Dolores Hales Familie getötet hat, hat Hale alles Gutmütige abgeworfen und ist nun irgendwie das kombinierte Böse aus Dolores und Hale. Also im Grunde Dolores aus der zweiten Staffel, nur noch ein bisschen skrupelloser. Wenn das jetzt erzählerischer Fortschritt sein soll, weiß ich auch nicht.

Die entscheidenden Fragen bleiben unbeantwortet

Was Serac und seinen Supercomputer angeht – nun ja. Es war offenbar niemals Serac, der anhand der Daten entschieden hat, was zu tun ist. Vielmehr hat Rehoboam die Geschicke der Welt gelenkt und Serac gewissermaßen als Sprachrohr benutzt. Selbst das wird nicht ernsthaft zu Ende gedacht, denn heißt das nicht eigentlich, dass Rehoboam auch eine Form von künstlicher Intelligenz ist? Welches Ziel hatte der Computer? Wollte er die Menschen kontrollieren? Zu welchem Zweck? Das sind Fragen, die nicht einmal gestellt, geschweige denn beantwortet werden.

Natürlich eröffnet Rehoboams Zerstörung wiederum spannende Möglichkeiten. Es hieß irgendwann doch mal, dass der Computer errechnet hat, dass die Menschheit ohne sein Eingreifen innerhalb von hundert Jahren ausgerottet wäre. (Das impliziert, dass Rehoboam ein Interesse daran hatte, dass das nicht passiert. Warum?) Was geschieht nun, da die Menschen wieder auf sich selbst gestellt sind? Gehen sie tatsächlich unter oder nehmen sie ihr Schicksal wieder selbst in die Hand und beweisen, dass Daten die Zukunft nicht vorhersagen können? Nach dieser Staffel bin ich ehrlich gesagt nicht mehr allzu überzeugt, dass uns die Serie das erzählen will.

Maeve: „Are you ready, darling?“
Caleb: „For what?“
Maeve: „This is the new world, and in this world … you can be whoever the fuck you want.“

Ferner liefen

Fakt ist, Dolores und Caleb dominieren die Staffel, und sämtliche anderen Figuren haben das Nachsehen. Bernard und Stubbs sind ein bisschen durch die Gegend gefahren, Stubbs wurde angeschossen, und Bernard hat erfahren, dass in Wirklichkeit er den Schlüssel hat. William wiederum ist zum Spielball anderer geworden und am Ende das, wovor er sich insgesamt immer gefürchtet hat: ein Host. Maeve, die größte Hoffnung nach der letzten Staffel, stand erneut unter der Kontrolle eines Menschen und konnte nicht wirklich etwas erreichen. Es ist wohl auch dieses Ungleichgewicht, das die Staffel unausgegoren wirken lässt.

Ist „Westworld“ eine Anthologie-Serie?

Unter normalen Umständen würde ich an dieser Stelle die These aufstellen, dass die Autoren nicht wissen, wohin sie mit der Serie wollen. Nun hieß es aber schon vor Jahren, dass alle kommenden Staffeln komplett durchgeplant sind, so dass wir davon ausgehen müssen, dass all das so gewollt ist. Dass die dritte Staffel immer schon davon handeln sollte, wie Dolores die Menschheit befreit. Was mir sagt, dass „Westworld“ im Kern eigentlich eine Anthologie-Serie sein will, die in jeder Staffel ein anderes Ziel verfolgt. Zumindest hat die hier gezeigte Geschichte nicht mehr viel mit der ersten Staffel zu tun, als es noch darum ging, wie Roboter ein Bewusstsein erlangen.

Das macht sich auch im Erzählstil bemerkbar. Die erste Staffel war trotz der typischen Western-Action unfassbar geruhsam. Es ging nie um die Kämpfe, was vielleicht sogar der Grund ist, weshalb die wenigen großen so sorgfältig choreographiert waren. Aber eigentlich war es ein Lehrstück in Philosophie und Psychologie, das die zentralen Fragen des Menschseins berührte. Schon die zweite Staffel war in gewisser Weise härter, Charaktere und ihre Motivationen wurden vereinfacht, Gewalt nahm einen größeren Raum ein. Mit Staffel 3 erlebten wir dann einen großen Einschnitt. Es gab nicht nur einen Ortswechsel, sondern auch einen radikalen Wandel in Optik und Atmosphäre.

Für viele mag das okay sein, mir hätte es viel Frust erspart, wenn ich das vorher gewusst hätte. Ich bin, und das möchte ich ganz klar sagen, mit völlig falschen Erwartungen an diese Staffel herangegangen. Ich erkenne an, dass sie unter der Prämisse einer düsteren Zukunftsvision nicht schlecht war. Meine negative Bewertung mag manchem daher unfair erscheinen, dessen bin ich mir bewusst. Was auch der Grund ist, weshalb ich aktuell davon ausgehe, dass ich die vierte Staffel „Westworld“ nicht mehr reviewen werde. Ich werde sie schauen, und sei es auch nur, um mich zu vergewissern, dass sie wieder nicht die Geschichte erzählen, die ich sehen will. Aber Reviews scheinen mir an diesem Punkt wirklich nicht mehr sinnvoll.

These violent Delights have violent Ends

• Ganz allein scheine ich mit meiner Einschätzung nicht zu sein: Dies ist die bei IMDb am schlechtesten bewertete Folge der ganzen Serie.
• Darüber ist man viel zu schnell hinweggegangen: Alle Hosts sind Kopien von Dolores, weil ihrer der erste funktionierende Code war, der dann als Schablone diente. Staffel 1 hätte daraus noch eine philosophische Abhandlung gemacht.
• Wir sehen Park 5, der offenbar eine Art Trainingscamp für Soldaten war.

2 von 5 um sich schießenden Bananen.

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