Star Trek: Discovery | Kobayashi Maru (4×01)

„One of my engineers called it a shit show. What is Earth for ‚bad‘, I am told.“

Die Discovery wird zu einem Notfall gerufen und muss alles riskieren, um die Überlebenden zu retten. Spoiler!

The willingness to accept all potential outcomes of a command decision

Die Föderation erholt sich zusehends, immer mehr Welten werden wieder Mitglied, und die Sternenflotte eröffnet sogar ihre Akademie neu. Als die Discovery unter Captain Michael Burnham zu einem Notfall der Raumstation Deep Space Repair Beta 6 gerufen wird, schließt sich ihnen auch die neue Präsidentin Lara Rillak an. Die Reparaturarbeiten auf der havarierten Station gestalten sich schwierig, da die Verzerrung, die zum Unfall führte, eine Schockwelle aus Eisbrocken nach sich zieht. Die Präsidentin stellt Burnhams gefährliche Manöver zur Rettung dabei immer wieder in Frage.

Gut, aber unpersönlich

Formal gesehen ist „Kobayashi Maru“ eine gute Folge und vielleicht sogar ein wirklich guter Staffelauftakt. Immerhin müssen wir nicht lange warten, bis wir erfahren, welche Katastrophe kosmischen Ausmaßes Michael diesmal bewältigen muss. Und die Präsidentin macht auch ziemlich schnell deutlich, wer ihr dabei mit Vergnügen im Weg stehen wird. Aber ich weiß nicht, ging es nur mir so, dass sich das nicht wie die Rückkehr einer bekannten Crew anfühlte? Dass das genauso gut eine beliebige Folge einer beliebigen anderen Science-Fiction-Serie sein könnte?

„Leadership is about balance, knowing what weight is yours to carry and what isn’t.“

Michael sieht ihre Crew nur als Verfügungsmasse

Ich muss gestehen, aufgrund des Titels dachte ich tatsächlich den Großteil der Folge, dass sich die Rettungsmission an irgendeinem Punkt als Simulation herausstellen würde. Das war vielleicht etwas ungünstig, denn dadurch hab ich die Risiken, die die Discovery eingeht, nicht so recht für voll genommen. Gleichzeitig ist es ganz raffiniert, einmal zu zeigen, dass der Kobayashi-Maru-Test nicht nur ein elaboriertes Gedankenexperiment ist, sondern solche Entscheidungen durchaus zum Alltag eines Captains gehören.

Da das hier aber immer noch die Michael-Burnham-Show™ ist, gehe ich nicht davon aus, dass am Ende der Staffel ihre Läuterung stehen wird. Denn eigentlich hat die Präsidentin in jedem ihrer vorgebrachten Punkte recht, und mäße das neue „Star Trek“ der Idee der Sternenflotte noch irgendeine Bedeutung zu, wäre Michael ihr Kommando hiermit los. Denn Fakt ist, sie geht unnötige Risiken ein – und gefährdet dabei nicht nur sich selbst, sondern ihre gesamte Crew. Zur Rettung etwa eines Dutzends Leute (darunter pikanterweise ihre beste Freundin) riskiert sie das Leben hunderter anderer.

Wie gesagt, ich glaube nicht, dass Michael daraus etwas lernen wird, aber ich würde mich freuen, eines Besseren belehrt zu werden. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Die Serie muss endlich aufhören, Michael als unverwundbare Superheldin zu inszenieren, die immer richtig liegt und im Alleingang das Universum rettet. Lasst sie endlich Verluste erleiden. Empfindliche Verluste, die ihr Selbstwertgefühl erschüttern. Verluste, die ihre Crew merken lässt, wie fahrlässig sie ihrer aller Leben aufs Spiel setzt.

Naturphänomen oder neuer Feind?

Was mich unweigerlich zum mutmaßlichen Thema der Staffel bringt. Anfänglich wirkt es noch wie eine recht harmlose Anomalie, eine Art Raumverzerrung, die die Station aus der Bahn wirft. Am Ende der Folge aber erleben wird, wie dieselbe Verzerrung Kwejian, also einen kompletten Planeten vernichtet. (Musste nur ich an den Todesstern denken?) Die entscheidende Frage lautet: Ist die Verzerrung natürlichen Ursprungs oder haben wir es hier mit einer neuartigen Waffe zu tun? Mit einem Feind, der sich perfekt tarnen kann?

Das Spannende ist, dass wirklich alles möglich ist. Immerhin spielt „Star Trek: Discovery“ jetzt in einer Zukunft, die noch keine andere Serie abgedeckt hat. Wieso also nicht mal wieder einen neuen, richtig gefährlichen Feind ins Spiel bringen? Jemanden wie die Borg oder das Dominion, der nicht innerhalb von zehn Folgen besiegt oder zum Beitritt der Föderation überredet ist? Oder, ganz abstruse Idee, wie wäre es, wenn es sich doch um ein natürliches Phänomen handelt? Wenn Forschung tatsächlich wieder die Hauptrolle spielt, wie die Präsidentin am Anfang noch verkündet? Ich weiß, verrückt, oder?

Michael: „Why do you even have a pet? Why don’t you just have a hologram goldfish?“
Book: „I had one. Grudge ate it.“
Michael: „Who eats a hologram?“

Unter ferner liefen

Die Sequenzen auf Kaminar wirken dagegen leider wie ein Fremdkörper. So beruhigend es ist, dass Saru auch weiterhin eine Rolle spielen wird, wäre es vielleicht klüger gewesen, ihn diese Woche erst einmal außen vor zu lassen. Seine Geschichte trägt nichts zum Plot der Folge bei und nimmt dadurch immer wieder das Tempo raus.

Das vorausgeschickt, war es natürlich faszinierend, wie sich die Gesellschaft der Kelpianer weiterentwickelt hat. Ich glaube, das ist auch für „Star Trek“ das erste Mal, dass wir die Evolution eines Planeten über einen so langen Zeitraum beobachten konnten. Dass wir eben nicht nur den Befreiungsschlag von den Ba’ul erlebt haben, sondern jetzt auch sehen, wie Ba’ul und Kelpianer friedlich zusammenarbeiten.

No Win Notes

• Die Eingangssequenz war eher ein typischer Filmeinstieg, aber durchaus unterhaltsam. Vor allem, als die „butterfly people“ das mit der „queen“ missverstehen und glauben, Books Katze sei wirklich eine Monarchin, die er als Haustier hält.
• Auch spannend: Sollten in so ferner Zukunft die Unterschiede zwischen Spezies nicht viel mehr verschwimmen? Die Präsidentin ist dafür ein gutes Beispiel, sie soll wohl teils Cardassianerin, teils Bajoranerin und teils Mensch sein.
• Kwejian wird vollständig zerstört, und das ist eigentlich sogar eindrücklicher als damals in der Kelvin-Timeline Vulcan, weil es keinerlei Vorwarnung gab. Wie viele Überlebende neben Book mag es noch geben? Eine Handvoll?
• Ich weiß nicht, so richtig überzeugt bin ich von den neuen Uniformen noch nicht. Der asymmetrische Saum macht mich irgendwie nervös.

3 ½ von 5 Bananen, die kopfüber an der Decke hängen.

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