Star Trek: Strange new Worlds | Ghosts of Illyria (1×03)

„It seems to me, things like this are exactly why the Federation is so wary of genetically modified species like the Illyrians. You start breaking down the genetic code, who knows what the unexpected consequences can be?“

Nach einer Außenmission breitet sich auf der Enterprise eine unbekannte Krankheit aus, gegen die nur Una immun zu sein scheint. Spoiler!

You’re an abomination!

Die Enterprise erforscht eine verlassene Kolonie der Illyrians auf Hetemit IX, als sie ein Ionensturm zum Abbruch der Mission zwingt. Während der Großteil des Außenteams rechtzeitig zum Schiff zurückkehren kann, bleiben Pike und Spock auf dem Planeten zurück und verschanzen sich in der Bibliothek. Spock hofft, dort mehr über die wegen genetischer Modifikation aus der Föderation verbannten Illyrians zu erfahren. Derweil bricht auf der Enterprise bei den Mitgliedern des Außenteams eine mysteriöse Krankheit aus und verbreitet sich rasend schnell auf dem gesamten Schiff. Die Betroffenen werden wie Motten von Licht angezogen.

Ein klassischer Plot, solide interpretiert

Die von einem unbekannten Virus heimgesuchte Crew gehörte lange Zeit zum Standard-Repertoire jeder ersten Staffel einer „Star Trek“-Serie. Dass man es bei „Star Trek: Strange new Worlds“ mit der Rückkehr zu den Wurzeln so ernst meint, einen derart ausgelutschten Plot wiederzubeleben, ist ebenso schockierend wie aufregend. Denn obwohl „Ghosts of Illyria“ all die klassischen Elemente beinhaltet (inklusive einem Crewmitglied, das immun ist und alle rettet), gelingt es den Autoren doch, der Geschichte einen individuellen Touch zu geben. Das macht sie am Ende zwar nicht zur beste Folge der Serie, aber es ist in jedem Fall eine der besten Umsetzungen dieser Idee, die ich kenne.

„My people were never motivated by domination. Illyrians seek collaboration with nature. By bioengineering our bodies, we adapt to naturally existing habitats. Instead of terraforming planets, we modify ourselves, and there’s nothing wrong with that.“

Kein Platz für Vorurteile

Die zweifellos größte Stärke von „Ghosts of Illyria“ ist, dass sich die Serie ihrem Stil treu bleibt und auch diese Story dazu nutzt, ein Crewmitglied in den Mittelpunkt zu stellen – diesmal „Nummer Eins“ Una Chin-Riley. Die Figur hatte damals nur in „The Cage“ einen Auftritt und wurde anschließend in Romanen weiterentwickelt, woraus wohl auch die Idee stammt, dass sie eine Illyrian ist. Im Grunde kann ich zu dem Themenkomplex wenig beitragen, da ich mich an die wenigen Male, in denen diese Spezies in „Star Trek“ vorkam, nicht erinnern kann. Letzten Endes macht die Folge aber einen guten Job, das Wichtigste zur Sprache zu bringen, alles darüber hinaus ist dann wohl eher für die Hardcore-Fans interessant.

Wir erfahren jedenfalls, dass sich die Illyrians selbst genetisch verändern, um sich ihrem jeweiligen Lebensraum anzupassen, und deshalb mehr oder weniger Ausgestoßene sind. Seit den Eugenischen Kriegen (Stichwort Khan Noonien Singh) sind derlei Modifikationen in der Föderation nämlich verboten. Etwas, woran sich Fans von „Star Trek: Deep Space Nine“ wenigstens noch am Rande erinnern mögen, weil der gute Dr. Bashir deswegen dann arg in die Bredouille kam.

Lustigerweise nutzt „Star Trek: Strange new Worlds“ einen ganz ähnlichen Kniff, um der abstrakten Thematik eine menschliche Note zu verleihen. Denn wie Bashir hat auch Una bereits vielfach bewiesen, dass sie der Sternenflotte gegenüber loyal ist. Dass sie eine genetisch modifizierte Illyrian ist, ist für Pike deshalb auch kein Grund für Misstrauen. Ich gehe sogar stark davon aus, dass Unas Zweifel völlig fehl am Platz sind und für Pike eben nicht entscheidend ist, dass sie die Crew gerettet hat. Er sieht in ihr einfach eine gute Freundin.

Es bleiben Fragen offen, aber das ist okay

Es ist wahrscheinlich Ansichtssache, ob man das neue alte Format in sich geschlossener Folgen als Stärke oder Schwäche empfindet. Gewiss sehen wir hier nur einen Ausschnitt aus einer weit größeren Geschichte über das Schicksal der Illyrians in der Kolonie, die versucht haben, ihre Modifikationen rückgängig zu machen. Und angesichts eines Crewmitglieds, das von Khan Noonien Singh abstammt, ist sogar anzunehmen, dass das Thema Eugenik noch eine Rolle spielen wird. Gerade der Konflikt zwischen La’an und Una, der hier erst mal nur auf den Tisch gelegt, aber nicht vollends geklärt wird, hat enorm viel Potenzial.

Aber es bleiben doch viele Fragen offen, und ich vermute, dass das gewollt war. In den letzten Jahren wurden wir durch fortlaufende Handlungen darauf konditioniert, dass uns die Autoren sprichwörtlich an die Hand nehmen und am Ende noch einmal ausführlich erklären, was jetzt die Moral von der Geschichte ist. Aber Serien und speziell „Star Trek“-Serien waren nicht immer so, die Regel waren Plots, die Raum zum Nachdenken ließen und das endgültige Urteil oftmals sogar dem Zuschauer überließen. Das habe ich daran immer geschätzt und empfinde es als geradezu befreiend, dass man uns hier endlich wieder mehr zutraut.

Spock: „I believe there is a human phrase, ‚A watched kettle never boils‘.“
Pike: „It’s a pot. And, in this case, I’m pretty sure we’re going to get hit with the scalding water.“
Spock: „You are deliberately mixing my metaphor in order to indulge your anxiety.“

Ein perfekt eingespieltes Team

Während Una auf der Enterprise alle Hände voll zu tun hat, machen sich Pike und Spock im Grunde einen entspannten Nachmittag. Ich muss sagen, ich werde mehr und mehr ein Fan der Dynamik zwischen den beiden. Gerade dadurch, dass inzwischen häufig der Fokus auf weibliche Figuren gelegt wird, ist es schön, wenn sich eine Serie auch mal Zeit für eine Männerfreundschaft nimmt. Und zwar, ohne in eins der üblichen Extreme zu verfallen, also Bromance oder Rivalität. Pike und Spock wissen ganz einfach die Gesellschaft des jeweils anderen zu schätzen, und das ist erfrischend normal.

Ein blinder Passagier im Transporter

Die für mich schwächste Idee war die von Dr. M’Bengas todkranker Tochter, die er im Musterpuffer des medizinischen Transporters „versteckt“. Auch wenn ich bewundernd anerkenne, wie nahtlos sich diese Information in den Hauptplot einfügt (das Virus wird nur deshalb nicht erkannt, weil der Transporter nicht aufgerüstet wurde), kommt mir die Story an sich reichlich generisch vor. Womöglich ändert sich das, wenn wir mehr darüber erfahren. Die offensichtlichste Frage lautet: Warum macht er das heimlich? Gibt es etwa Regeln, die diese Art der „Konservierung“ verbieten?

Notes of Illyria

• Man bemerke auch die raffinierte Umkehrung eines typischen Horror-Tropus: Da sich das Virus über Lichtwellen verbreitet, ist man im Dunkeln am sichersten.
• Ach, ihr wisst alle, dass ich eine Schwäche für die Evolution der „Star Trek“-Uniformen hab. Die hier gezeigten Lederjacken für Außenmissionen mag ich ganz besonders.
• Dass Spock die Rückkehr zum Schiff verpasst, weil er in der Bibliothek die Zeit vergisst, ist so durch und durch Spock.

3 ½ von 5 Bananen ohne Vitamin D.

Vorherige Folge
Nächste Folge
Zurück zur Staffelübersicht