Star Trek: Picard | No Win Scenario (3×04)

„No one is coming to rescue us, Will. The power array will explode. We wait and we die here of suffocation.“

Die Titan wird immer tiefer in den Nebel hineingezogen. Seven versucht, den Formwandler an Bord zu finden. Spoiler!

This is the end, my friend

Die Titan sitzt ohne Antrieb im Nebel fest und wird durch Energiestöße immer weiter in ihn hineingezogen. Das Ende in Sicht, verbringt Picard auf dem Holodeck etwas Zeit mit Jack, um ihn besser kennenzulernen. Da findet Beverly heraus, dass es sich bei den Energiestößen um Wehen handelt und der Nebel eine Art riesige Gebärmutter ist. Mehr noch: Wenn sie es richtig anstellen, können sie die freigesetzte Energie nutzen, um den Nebel zu verlassen und gleichzeitig ihren Antrieb wieder aufzuladen. Während sie an den technischen Anpassungen arbeiten, macht Seven Jagd auf den Formwandler.

Verrückt, aber gut

Was für ein wilder Ritt! In gewisser Weise ist diese Folge „Star Trek“ in Reinkultur, von der Idee einer Gebärmutter im Weltall bis hin zu dem halsbrecherischen Plan, auf den Kontraktionswellen aus dem Nebel zu „surfen“. Auf dem Papier klingt das komplett bescheuert, aber irgendwie funktioniert es und endet sogar noch mit einer positiven Note, wenn sie schließlich von neugeborenen Weltraumquallen umgeben sind. Das Einzige, was mich weiterhin frustriert, sind die vielen Widersprüchlichkeiten, die diese Staffel von „Star Trek: Picard“ anhäuft.

„They’re goo people. Walking, talking clay-dough. They can replicate a person on sight alone. Voice, mannerisms, speech patterns, but that’s it. Most of the time, you can tell. Ask them a question that they should know the answer to. Simple question, wrong answer, boom. Changeling.“

Formwandler 2.0

Lasst mich aus einer persönlichen Präferenz heraus mit dem Thema Formwandler beginnen. Nach wie vor: Wahnsinnig begeistert, dass sie Teil der Story sind. Leider hat man sie unnötigerweise einem kompletten Redesign unterzogen. Was bitteschön war verkehrt an dem Morphing-Effekt aus den 1990ern? Damals sahen die Formwandler in ihrem flüssigem Zustand wie eine goldgelbe, homogene Masse aus, fast ein bisschen wie Wackelpudding.

Heute scheint das nicht mehr zu reichen, oder man wollte wirklich ganz sicher gehen, dass auch der dümmste Zuschauer versteht, dass sie böse sind. Deshalb sehen sie nun wie glibberige Hirnmasse aus, die von pulsierenden Adern durchzogen ist. (Formwandler haben kein Blut, das nur zur Erinnerung.) Entweder das oder das soll ein Hinweis sein, dass mit denen irgendwas entschieden nicht stimmt. Normalerweise bleibt nämlich auch kein Körper zurück, wenn man sie tötet.

Was nun die Tatsache angeht, dass Shaw Seven erst einmal breit erklären muss, was Formwandler sind, so weiß ich natürlich, dass das in erster Linie Service für die Zuschauer ist, die „Star Trek: Deep Space Nine“ (aus Gründen, die ich wirklich nicht nachvollziehen kann) nicht gesehen haben. Und man kann es auch leidlich damit erklären, dass Seven während des Dominion-Kriegs im Delta-Quadranten war. Ich fand es trotzdem etwas unelegant, ein Brocken Exposition mitten in der Folge – auch wenn ich Shaws anschauliche Beschreibung durchaus zu schätzen weiß.

Ach, wie schön, Sie waren damals also auch da?

Was mich zu Shaw und einer weiteren interessanten Parallele zu „Star Trek: Deep Space Nine“ bringt: Wolf 359. Das scheint so das „Star Trek“-Äquivalent von 9/11 zu sein, weil jeder noch genau weiß, wo er damals war. Als uns Benjamin Sisko in „The Emissary“ vorgestellt wurde, war die Schlacht bei Wolf 359 das prägende Ereignis seines Lebens, ein Trauma, das er erst im Laufe der Serie überwand. Seine Spitze gegen Picard war allerdings wesentlich subtiler, nur die leise Andeutung, dass sie einander schon auf gegnerischen Seiten begegnet sind.

Shaw übt keine solche Zurückhaltung, aber haben wir etwas anderes von ihm erwartet? Bemerkenswert ist, dass Picard das alles über sich hinweg rollen lässt, ohne sich zu rechtfertigen. Nicht, weil es ihm egal wäre, oder weil er glaubt, dass er das verdient hat. Nein, ihm ist klar, dass es Shaw für sein eigenes Seelenheil braucht, ihm all das endlich ins Gesicht sagen zu können. Und jetzt verstehen wir auch seine Reserviertheit gegenüber Seven, obwohl ich mich ernsthaft frage, welche masochistische Laune ihn da wohl geritten hat, sie als Ersten Offizier zu nehmen.

Beverly: „To seek out new life.“
Riker: „I think we should boldly get the hell out of here.“

Inkonsequente Figurenzeichnung

Das ist eine gute Gelegenheit, um auf die eingangs erwähnten Widersprüchlichkeiten zurückzukommen. Gut, Widerspruch ist vielleicht etwas hart, mir geht es mehr um das Gefühl einer konsistenten Erzählung. Und wenn Riker plötzlich Eheprobleme hat, weil er seit dem Tod seines Sohnes „emotional distanziert“ ist, dann passt das nicht so recht zu dem, was wir in „Nepenthe“ gesehen haben. Das macht auf mich den Eindruck, als schrieben sich die Autoren diese Staffel alles so zurecht, wie sie es gerade brauchen. Und heute brauchten sie halt einen pessimistischen Riker, der durch die Geburt von Weltraumquallen geläutert wird. Oder so.

Vadics Hand & Jacks Visionen

Okay, bevor das hier wieder zu einer halben Doktorarbeit ausartet, noch ein paar lose gruppierte Gedanken. Was ist das mit Vadic und ihrer Hand, die sie irgendwie dazu benutzt, um mit einem körperlosen Kopf zu kommunizieren? (Gibt der Wendung „talk to the hand“ einen völlig neuen Dreh, was?) Ist sie ein Formwandler? Ihre manische Art scheint auch komplett aufgesetzt zu sein, das fand ich sehr aufschlussreich. Und was für ein grandioser Moment, als Riker am Ende denselben Trick wie sie benutzt, um einen Asteroiden auf ihr Schiff zu schleudern!

Jack, tja, Jack, um den ranken sich noch immer viele Geheimnisse. Zum einen erfahren wir durch eine Rückblende, dass er Picard schon vorher begegnet ist, als der ein paar Kadetten von seinen Abenteuern erzählt. Auf seine Frage, ob er sich nie eine Familie gewünscht hat, antwortet er sinngemäß, die Sternenflotte war immer die einzige Familie, die er braucht. Da-da-dum. Und dann sind da seine komischen Visionen, wo so was wie rote Wurzeln an den Wänden wachsen? Ich hab’s nicht verstanden, aber laut Transcript sagt die Stimme „together soon, Jack, find me“. Ja, na ja, ich bin ratlos.

No Win Notes

• Aus der Kategorie „lustig“: Die Formwandler haben offenbar kollektiv entschieden, alle das Design von Odos Eimer zu kopieren. Entweder das, oder der Replikator kennt nur dieses eine.
• Ich glaube, ich will „we should boldly get the hell out of here“ auf einem T-Shirt.
• Kein Worf und keine Raffi diese Woche. 🙁

4 von 5 Bananen, die dem Formwandler seinen Eimer stehlen sollen.

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