Star Trek: Deep Space Nine | Children of Time (5×22)

„I’ve always believed that we’re all given one destiny, one path. And now we’re using technology to get around that … I’m not sure how it makes me feel.“

Die Defiant stürzt im Gamma-Quadranten auf einem Planeten ab, der von ihren eigenen Nachkommen bevölkert wird. Spoiler!

We are your descendants

Nachdem sie eine Woche im Gamma-Quadranten unterwegs war, will die Crew der Defiant eigentlich nur noch nach Hause. Als sie aber an einem Planeten mit mysteriöser Energiebarriere vorbeikommen, überredet Dax Sisko, sich das schnell mal anzusehen. Der Flug durch die Barriere beschädigt das Schiff, und kurz darauf melden sich die Bewohner des Planeten, die offenbar ihre eigenen Nachfahren sind. Wenn die Defiant in ein paar Tagen wegzufliegen versucht, wird die Energiebarriere sie zweihundert Jahre in die Vergangenheit schleudern, und sie werden auf dem Planeten stranden. Nun, da sie das wissen, können sie es verhindern, aber sollten sie auch? Zwar wollen alle zu ihren Familien zurück, doch wenn sie die Barriere verlassen, wird die Kolonie mit ihren 8.000 Mitgliedern niemals existiert haben.

Eine etwas andere Liebesgeschichte

„Children of Time“ gehört seit jeher zu meinen Lieblingsfolgen von „Star Trek: Deep Space Nine“. Sie ist wie eine eigene kleine Welt, eine fast klassische Was-wäre-wenn-Geschichte, die sich im Kern aber um nur zwei Personen dreht: Odo und Kira. Die Frage, ob eine Person es wert ist, 8.000 andere für sie zu opfern, greift dabei zu kurz. Wer legt fest, welches Schicksal das „richtige“ ist? Was ist mit den potenziellen Nachkommen, die nicht geboren werden, weil die Crew nicht nach Hause zurückkehrt? Diese Folge lässt einen wie keine andere spüren, dass es niemals nur eine Antwort gibt.

„There’s something I want you to know. Something I’ve wanted to tell you for two hundred years. I love you, Nerys. I’ve always loved you.“

Odos Angst vor dem nun Möglichen

Die Folge beginnt mit einer Unterhaltung zwischen Kira, Dax und Odo, in der Kira erzählt, dass sie und Shakaar sich getrennt haben. Sie hätten die Propheten um Rat gefragt und dadurch erkannt, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben. Diese Szene ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert, denn sie bringt bereits sehr früh Kiras Glauben an Vorbestimmung ins Spiel, der später noch wichtig wird. Interessant sind die unterschiedlichen Reaktionen ihrer beiden Zuhörer. Dax reagiert empört, dass Kira ihr Leben mit einer solchen Gelassenheit in die Hände der Propheten legt. Odo hingegen ist das ganze Thema sichtlich unangenehm, weshalb er schnell das Weite sucht. Die Crux: Die beiden Frauen ahnen nicht, wieso.

Es mag eine Zeit gegeben haben, als Odo das Bedürfnis der Solids nach (körperlicher) Nähe tatsächlich zuwider war. Aber es ist viel passiert in den letzten Jahren, er war sogar eine Zeitlang selbst ein Solid und musste sich mit all den körperlichen Dingen auseinandersetzen, die damit einhergehen. (Und seine erste sexuelle Erfahrung in „A simple Investigation“ war wohl auch nicht ganz unbedeutend.) Er dürfte inzwischen einen völlig anderen Blick auf seine Gefühle für Kira haben – was nichts daran ändert, dass er unerfahren und schüchtern ist. Kiras Beziehung mit Shakaar war so gesehen immer eine willkommene Ausrede, und in diesem Moment wird ihm klar, dass sein Schicksal nun in seinen eigenen Händen liegt.

Keine Zeit mehr vergeuden

Und dann ist da der Odo aus der Kolonie, der zweihundert Jahre hatte, um über seine Entscheidungen nachzudenken. Der erkannt hat, dass er nur Zeit verschwendet hat, und deshalb auch keine Sekunde zögert, Kira in aller Offenheit seine Liebe zu gestehen. Dieser Odo ist unglaublich faszinierend und ermöglicht fast so etwas wie einen Einblick in die Evolution der Formwandler. Nicht nur, weil er in der Zwischenzeit gelernt hat, menschliche Gesichter präziser nachzubilden, sondern auch, weil er so viel gelassener wirkt.

Gleichzeitig ist er durch und durch der Odo, den wir kennen, das wird nirgends deutlicher als in seinem Entschluss, Kira um jeden Preis zu retten. Es ist fast schade, dass wie nicht erfahren, welche Rolle er innerhalb der Kolonie spielt. Ist er Teil davon oder ein Außenseiter, der nie eine Verbindung eingegangen ist? Zumindest hat er das tiefe Bedürfnis, die „Ordnung“ wiederherzustellen, und Kiras „maybe“ auf die Frage, ob sich die Dinge anders entwickelt hätten, wenn er früher etwas gesagt hätte, ist dabei vermutlich nicht ganz unwichtig.

Dax: „Everyone we met, they never existed.“
Sisko: „They existed. As long as we remember them, they always will.“

Wahrscheinlichkeit und Variation

Wie schon gesagt, „Children of Time“ ist vor allem deshalb so stark, weil es keine richtige oder falsche Lösung gibt, kein Gut oder Böse. Yedrin Dax ist dafür ein gutes Beispiel, denn er ist offensichtlich zwischen Schuld und Pflichtgefühl hin und her gerissen. Auf der einen Seite macht er sich dafür verantwortlich, dass sie überhaupt in diese Lage geraten sind, weil Jadzia unbedingt den Planeten erkunden wollte. Andererseits kann der Symbiont die Zeit natürlich in einer ganz anderen Weise überblicken als die restlichen Kolonisten, die nur ihr Jetzt bedroht sehen. Für ihn geht es um die kompletten zweihundert Jahre, die ungeschehen gemacht würden.

Die einzige Schwäche in der Erzählung liegt für mich darin, dass es sowieso nie eine Ein-zu-Eins-Kopie der Kolonie gäbe, selbst wenn sie den Absturz exakt kopierten. Denn die Gemeinschaft, wie wir sie sehen, ist durch ein Ereignis entstanden, das keiner von ihnen vorhergesehen hatte. Es wird sogar betont, dass sie sehr lange auf Rettung hofften und speziell O’Brien gezögert hat, dieses neue Leben zu akzeptieren. Diesmal aber hatten sie sich bewusst zu diesem Schritt entschlossen, hätten die Kolonie also unter ganz anderen Voraussetzungen gegründet. Auch O’Brien ist dafür, zu bleiben, würde diesmal also vielleicht keine zehn Jahre verstreichen lassen? Und schon wäre die Zeitlinie wieder verändert und die Leute in dieser Form vielleicht nie geboren worden.

Notes of Time

• Einige Rezensenten meinten, die Nachkommen Worfs müssten sich eigentlich „Sons of Worf“ nennen statt „Sons of Mogh“. Das setzt aber voraus, dass Worf sie auch gelehrt hat, dass es sich dabei um eine Art Nachnamen handelt. Vielleicht gehen sie davon aus, dass „Sons of Mogh“ ein feststehender Begriff für diesen Lebensstil ist?
• Ein bisschen seltsam ist freilich, dass die Kolonie in den zweihundert Jahren niemals Probleme mit dem Dominion hatte.
• Oh, und Quark als virtueller Mathelehrer? Ein an Genialität nicht zu überbietender Einfall.

5 von 5 Bananen, die nach intelligenten Pilze suchen wollen.

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