„What do you need, Matt? You need more pain?“
Bürgermeister Fisk lädt zum Black & White Ball. Auch Matt ist mit Heather dort, die seine krankhafte Fixierung auf Fisk nicht nachvollziehen kann. Spoiler!
What were you looking for, Devil?
Zwischen Matt und Heather hängt der Haussegen schief. Nach dem Angriff von Muse macht sie Daredevil für ihre eigene Gewaltbereitschaft verantwortlich und will Matts Versuche der Differenzierung gar nicht hören. Währenddessen finden Fisk und Vanessa wieder zueinander, als er ihr den eingesperrten Adam vorführt und sie selbst einen Schlussstrich zieht. Als wäre Matts Tag nicht schon schlimm genug, möchte auch noch Poindexter mit ihm sprechen. Bei Fisks pompösen Black & White Ball, zu dem auch Heather plus One eingeladen ist, will Matt ein paar Dinge mit dem Bürgermeister klären.
Es kommt endlich Schwung in die Sache
Wahrscheinlich habt ihr schon an der Inhaltsangabe gemerkt, dass es diese Woche schwer ist, sämtliche Plots in wenigen Sätzen abzudecken. Gerade, als ich an „Daredevil: Born again“ zu zweifeln begann, hauen sie „Isle of Joy“ raus, eine Folge, die sich anfühlt, als entstamme sie direkt der alten Netflix-Serie. Es ist irgendwie bitter, dass man so deutlich merkt, wo der neue Showrunner übernommen hat, andererseits macht mir das jetzt Hoffnung für die zweite Staffel. „Isle of Joy“ jedenfalls jongliert virtuos mit den vielen verschiedenen Plots und lässt sie am Ende kunstvoll ineinander crashen.
„We’re not serving justice here, you know? We’re babysitting chaos.“
Beschützen, nicht rächen
„That’s what good men do, right? Defend their worst enemies.“ Es wird interessanterweise viel darüber spekuliert, warum sich Matt schützend vor Fisk wirft, als Poindexter seinen Schuss abfeuert. Damit Fisk nicht zum Märtyrer wird oder weil Matt ihn selbst zur Strecke bringen will. Dabei ist die Antwort eigentlich ziemlich offensichtlich: Daredevil sieht sich nicht als Rächer, sondern als Beschützer.
Auch wenn ich Matt und Daredevil immer ein bisschen wie zwei verschiedene Personen behandle, sind sie natürlich untrennbar miteinander verbunden. Daredevils Handeln wird von Matts Werten gesteuert, von seinem festen Glauben an Gerechtigkeit. Dass er Poindexter in „Heaven’s half Hour“ in Tötungsabsicht vom Dach gestoßen hat, war ja genau der Grund, warum er die Maske an den Nagel gehängt hat.
Tatsächlich gelingt „Isle of Joy“ damit sogar eine interessante erzählerische Ellipse, denn als Matt die Kugel abfängt, die für Fisk bestimmt ist, tut er das, wovon er denkt, dass er es in jener Nacht für Foggy hätte tun sollen. Beschützen statt rächen. Fisk ist sein Feind, daran besteht auch weiterhin kein Zweifel, aber deswegen hat er nicht automatisch den Tod verdient. Matt glaubt noch immer an ein System, dass Leute wie Fisk zur Verantwortung zieht.
Wieso hat es Poindexter auf Fisk abgesehen?
Doch spulen wir noch mal etwas zurück und widmen uns der großen Enthüllung, wer im Endeffekt für Foggys Tod verantwortlich ist. Seine Sorgen führen Matt zu Josie’s Bar, die zwar geschlossen, aber trotzdem einen Drink für ihn parat hat. Und als er erfährt, dass Foggy an besagtem Abend einen Sieg feierte, dessen er sich bereits sicher war, schlussfolgert er, dass Fisk seine Ermordung beauftragt hat, um genau das zu verhindern.
Dass Fisk zu diesem Zeitpunkt gar nicht in der Stadt war und Vanessa das Unternehmen leitete, wird Matt erst beim Ball bewusst. Sie war es, die Foggy beseitigen wollte, um ihre Geschäfte zu schützen. Auf Vanessa gehe ich gleich noch ausführlicher ein, die in diesem Zusammenhang wichtigere Frage lautet doch: Wieso will Poindexter Fisk töten?
Ich las die Vermutung, er wolle sich wegen Julies Tod an ihm rächen, aber im Kontext dieser Serie ergibt das eigentlich keinen Sinn. Da „Daredevil: Born again“ als neue Serie vermarktet wird, können sie nicht einfach Wissen aus der anderen Serie voraussetzen. Ich sehe zwei Möglichkeiten: Er glaubt, dass Fisk der Auftraggeber war. (Wieso ihn dann töten?) Oder Vanessa hatte ihn damals auch beauftragt, ihren Mann zu töten. Übersehe ich etwas?
„I think we’ve worked it out. Sins of the past are dead and buried for both of us.“
Vanessa liebt Macht
Zurück zu Vanessa, zweifellos einer der interessantesten Figuren der Serie. Als Fisk sie zu dem Verlies führt, in dem er ihren Ex-Lover gefangenhält, lernen wir so viel über sie. Oh, ich unterstelle ihr durchaus, dass sie Gefühle für Adam hatte und er nicht nur ein Spielzeug für sie war. Aber ihn derart hilflos und weinerlich zu sehen, hat ihre Leidenschaft für ihn wahrscheinlich nicht gerade neu entfacht. Vanessa liebt Macht – und Männer, die Macht haben. Ich war erschrocken, aber nicht allzu überrascht, als sie ihn erschießt.
Und welch spannende Dynamik zwischen ihr und Matt herrscht! Fisk und Matt haben eher so eine Beziehung, wo sie einander subtil drohen und immer ihr bestes Pokerface aufsetzen. Vanessa aber scheint fast mit Matt zu flirten, und er hat nichts dagegen, mitzuspielen. Fisks verdatterter Gesichtsausdruck, als er sie ihm auf der Tanzfläche geradezu entreißt, ist einmalig. Aber er zeigt damit auch, dass er selbst noch nicht verstanden hat, wo Vanessa ihre Finger überall im Spiel hat.
Beziehungsstatus: es ist kompliziert
Heather hingegen empfand ich in dieser Folge ehrlich gesagt nur noch als nervtötend. Damit tue ich der Figur Unrecht, aber mir ist einfach nicht klar, wo die Autoren mit ihr hin wollen. Anfangs schien sie ja eine differenzierte Meinung über „Vigilantes“ zu haben oder zumindest willens zu sein, sich auch deren Seite anzuhören. Aber jetzt schmeißt sie plötzlich Muse und Daredevil in einen Topf, das ist doch absurd. Ist das das Trauma oder verfängt Fisks Propaganda am Ende etwa doch?
An diesem Punkt wünsche ich mir eigentlich schon, dass die Beziehung endet. Ich brauch das nicht, dass die Serie wertvolle Sendezeit verplempert, um ein Beziehungsdrama abzuspulen, das in diesem Genre sowieso immer recht ähnlich verläuft. Und es ist offensichtlich, dass die Probleme hier auch nicht allein von der Geheimniskrämerei rühren, sondern grundlegender Natur sind. Heather wird Daredevil nicht plötzlich cool finden, bloß weil Matt unter der Maske steckt.
Matt: „Not sure you can put Muse and Daredevil in the same category.“
Heather: „Not so sure that you can’t. They’re just these underdeveloped boys, hiding behind masks, trying to make it look like something more sophisticated.“
Farben als Stilmittel
Um euch vollends zuzutexten, lasst mich noch kurz auf die Kinematografie von „Isle of Joy“ eingehen. Der Spannungsbogen ist nämlich das eine, wodurch sich die Folge von den vorherigen abhebt, das andere ist die Bildkomposition. Jede Kameraeinstellung ist durchdacht, und auch die in der ersten Folge angedeutete Farbsprache ist zurück. Am deutlichsten spürt man das bei Poindexter, denn wann immer seine Bullseye-Persona übernimmt, ist das Bild (sprichwörtlich durchs Zielfernrohr) in Blau getränkt.
Vanessa erscheint zum Black & White Ball in leuchtendem Rot. Natürlich tut sie das. Aber es ist auch eine Vorahnung, ein Vorgriff auf Matts Blut, das später auf Fisks schneeweißem Anzug geradezu leuchtet. (Darin liegt eine gewisse Poesie, denn zuvor wurde uns noch mal das weiße Kunstwerk ins Fisks Verlies gezeigt, mitsamt seinem Blut, als Daredevil ihn damals in „A new Napkin“ zusammengeschlagen hat.) Und dann natürlich, als Matt zu Boden geht und alles in Rot getaucht wird.
Notes of Joy
• Die zur Stichwortgeberin degradierte Kirsten tut mir irgendwie leid, der neue Showrunner weiß mit ihr offenbar noch weniger anzufangen als die alten. Ich frage mich, ob man die Kanzlei für die zweite Staffel nicht komplett streichen wird.
• Was meint ihr, wollte Matt Poindexter tatsächlich helfen, als er dessen Kopf auf den Tisch haut? Er ging sicher davon aus, dass er dann wieder in Einzelverwahrung kommt. Dass er das zur Flucht nutzt, konnte er kaum ahnen.
• Ich weiß, das war eine Entscheidung zugunsten der Bildsprache, aber ich fand es trotzdem traurig, dass nach dem Schuss alle zu Fisk rennen, um ihn zu schützen, aber niemand zu Matt, um ihm zu helfen. Das sagt irgendwie alles über diese Gesellschaft.
5 von 5 Bananen in Rot.
Vorherige Folge
Nächste Folge
Zurück zur Staffelübersicht