Im Schnelldurchlauf | Serien im Juli

„Komm schon. Wir haben jetzt den letzten Lederschuh gekocht, das muss man ausnutzen. Danach ist der Teppich dran.“
(„Class of ’07“)

Resteessen im Juli. Zwischen Urlaub, Nähprojekten und Reviews blieb diesen Monat wenig Raum für anderes, doch ich konnte immerhin mal meine Prime-Watchlist aufräumen. Herausgekommen ist eine ziemlich wilde Mischung. Spoiler!

Class of ’07 (Staffel 1)

Nachdem sich Zoe bei einer Datingshow bis auf die Knochen blamiert hat, zieht sie sich in die Einöde zurück – bis plötzlich Wasserfontänen aus dem Boden sprudeln. Der höchstgelegene Rückzugsort ist ausgerechnet ihr altes College, wo gerade das Zehnjährige ihres Jahrgangs gefeiert wird. Da niemand ihre Warnungen hören will, lässt sich Zoe erst mal volllaufen, bis das Wasser schon vor der Tür steht. Und weil alle nur an sich denken, haben sie schon nach einem Tag keinen Strom, kein Essen und kein Wasser mehr. Stattdessen brechen die alten Zickenkriege neu aus.

„Class of ‘07“ ist definitiv die ungewöhnlichste Survival-Story, die ich jemals gesehen habe. Und ja, das sinnlose Rumgezicke angesichts des blanken Überlebenskampfes ist zeitweise schon arg anstrengend. Aufmerksame Zuschauer könnten aber so manchen erhellenden Kommentar über unsere Gesellschaft entdecken, in der der schöne Schein oft mehr wert ist als Wissen oder Können. Man mag es deprimierend finden, dass sich in so einer Notsituation jeder selbst der nächste ist, aber es ist eben auch realistisch, und das wird hier amüsant auf die Spitze getrieben. Nächste Staffel dann „Waterworld 2.0“?

4 von 5 Bananen, die abstimmen, wen sie essen sollen.

The Expanse (Staffel 1)

Der Eisfrachter Canterbury fängt einen Notruf der Scopuli auf und schickt ein Erkundungsteam zu dem Schiff, das jedoch verlassen ist. Als James Holden und sein Team zurückkehren wollen, wird die Canterbury von einem unbekannten Tarnkappen-Schiff zerstört. Sie selbst entkommen und werden von einem Schiff der Mars-Flotte aufgegabelt, das bald darauf ebenfalls angegriffen wird. Auf der Ceres-Station versucht der abgehalfterte Polizist Joe Miller derweil, Millionärstochter Juliette Mao aufzuspüren, die sich offenbar mit der Terroristengruppe OPA eingelassen hat.

Mit ein wenig Abstand zum Finale vor anderthalb Jahren empfinde ich „The Expanse“ auch beim nunmehr dritten Schauen immer noch als überragend. Science-Fiction mit dem Anspruch, das Leben im All realistisch zu zeigen, mit komplexer Politik und einer Bedrohung, die sich erst nach und nach herausschält. Die Serie punktet vor allem mit ihrer differenzierten Figurenzeichnung, die viele Graustufen ermöglicht und scheinbar verlorene Seelen wie Miller unerwartet zu Helden werden lässt. Aber machen wir uns nichts vor, das spannendste Element ist und bleibt das mysteriöse Protomolekül.

4 ½ von 5 Bananen mit Hut.

Craig: „Und, hast du schon angerufen?“
Elaine: „Ich bin doch nicht deine Assistentin.“
Craig: „Nein, du bist meine Kreativdirektorin.“
(„The Consultant“)

The Consultant (Staffel 1)

Nachdem der Chef der Spielefirma CompWare, Sang Woo, erschossen wurde, steht am nächsten Tag Regus Patoff vor der Tür. Der behauptet, von Sang als „Berater“ eingesetzt worden zu sein, und übernimmt die Leitung der finanziell schwer angeschlagenen Firma. Den Angestellten Craig und Elaine kommt Regus von Anfang an komisch vor, deshalb versuchen sie herauszufinden, was es mit ihm auf sich hat, und welchen Deal er mit Sang ausgehandelt hat. Doch je weiter sie den Spuren folgen, desto mehr scheint nicht nur ihr Job, sondern ihr ganzes Leben auf dem Spiel zu stehen.

Das Gute ist: Man kann eigentlich nicht spoilern, wer Regus Patoff ist, denn die Antwort scheint zwar offensichtlich zu sein, ist am Ende aber doch nur eine von vielen möglichen Interpretationen. So ist „The Consultant“ nur auf den ersten Blick eine Büro-Komödie und tatsächlich eine Parabel auf die moderne Arbeitswelt mit all ihren moralischen Grauzonen. Klar, dass die Serie vor allem von Christoph Waltz lebt, der den exzentrischen Berater mit viel Genuss spielt. An manchen Stellen schießt die Geschichte etwas übers Ziel hinaus, doch unterhaltsam ist das allemal.

4 von 5 Bananen, die den Aufzug nehmen.

The Time Traveler’s Wife (Staffel 1)

Im Alter von sechs Jahren lernt Clare den unfreiwilligen Zeitreisenden Henry kennen. Der ist Mitte dreißig und in der Zukunft mit Clare verheiratet, was er ihr zunächst verheimlicht. Vierzehn Jahre lang landet Henry immer wieder bei Clare, bis sie ihn endlich in der Gegenwart trifft – aus seiner Sicht ihre erste Begegnung. Doch der jüngere Henry ist zunächst eine Enttäuschung für Clare, der nicht klar ist, dass sie es sein wird, die ihn zu dem Mann macht, den sie als Kind kennengelernt hat. Als die Hochzeit schließlich kurz bevorsteht, beginnt Henry unkontrolliert durch die Zeit zu springen.

Die Romanvorlage „Die Frau des Zeitreisenden“ von Audrey Niffenegger fand ich damals großartig, die erste Verfilmung 2009 allerdings viel zu melancholisch. Die Serie gibt der Geschichte ihren Esprit zurück – ohne die tragischen Untertöne zu verneinen. Die Querverbindungen und nicht-chronologische Erzählung machen die Liebesgeschichte einzigartig; hier zeigt sich, wie routiniert „Doctor Who“-Veteran Steven Moffat den Zuschauer lenkt. Die teils harsche Kritik kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen, ich hatte meinen Spaß und würde mich freuen, wenn es eine zweite Staffel gibt.

4 von 5 Bananen, die angepinkelt werden.