Westworld | Chestnut (1×02)

„Real world is just chaos. It’s an accident. But in here, every detail adds up to something.“

Sind es die großen Abenteuer oder die Kleinigkeiten, die die Besucher von Westworld faszinieren? Während die Menschen noch Grundsatzfragen erörtern, rumort es im Geheimen bei den Hosts. Spoiler!

Noch immer sorgt die Fehlfunktion von Dolores’ Vater für Unbehagen. Während ihn Elsie gerne wiederherstellen möchte, um auszuschließen, dass es sich um ein Problem handelt, das sich ausbreiten könnte, spricht Bernard heimlich mit Dolores, weil er von ihrer andersartigen Denkweise fasziniert ist. Tatsächlich scheint sie sich immer wieder schlaglichtartig an vergangene Ereignisse zu erinnern und wiederholt Maeve gegenüber das Shakespeare-Zitat ihres Vaters, woraufhin auch sie Flashbacks erleidet. Derweil setzt der Man in Black seine blutige Suche nach dem „deeper level“ fort und entfernt sich immer weiter vom Zentrum des Parks.

Wenngleich ich diese Folge als etwas schwächer als den Piloten einschätzen würde, bleibt „Westworld“ seinem philosophischen Ansatz treu. Während die Themen der vorherigen Folge weiter erforscht werden, erhalten wir zudem auch Einblick in die Perspektive der Gäste. Letzten Endes ist diese Zerfaserung in mehrere Storylines auch mein einziger Kritikpunkt an „Chestnut“, denn auf diese Weise bleibt wenig Zeit, einzelne Themen genauer zu betrachten.

Interessant fand ich auf jeden Fall die unterschiedlichen Ansatzpunkte von Lee Sizemore und Robert. Lee entwickelt eine neue Geschichte voller Abenteuer und Blutvergießen und schwingt große Reden darüber, dass die Leute kommen, um sich selbst kennenzulernen (eine Formulierung, die auch einer der Gäste zu Beginn verwendet, als er seinen Freund zum ersten Mal nach Westworld mitnimmt). Robert auf der anderen Seite ist der Meinung, dass niemand den Park wegen Storys besucht, die ihm sagen, wer er ist, sondern dass sie einen Blick auf das erhaschen wollen, was sie sein könnten. Der Schlüsselsatz aber ist meiner Meinung nach dieser hier: „They come back because of the subtleties, the details.“ Denn das deckt sich erstaunlicherweise mit den Worten des Man in Black, der genau diesen Details nachspürt, dabei aber eine Spur der Verwüstung hinterlässt.

Auch die hier erstmals gezeigte Perspektive der Gäste ist aufschlussreich, denn bisher haben wir immer nur gehört, dass es sich dabei um ein Luxusvergnügen handelt, das sich nur die Reichsten leisten können. Allein die Szenen im Ankleidezimmer zeigen recht deutlich, was das bedeutet, das Abenteuer beginnt an sich schon vor dem Eintritt in Westworld. Die Stadt Sweetwater, die bisher unser Handlungsort war, stellt das Zentrum des Parks dar und ist auch der sicherste Ort. Je weiter man sich davon entfernt, desto aufregender (und gefährlicher) werden die Geschichten, in die man verwickelt werden kann. Das ist auch der Grund, warum der Man in Black auf seiner Suche nach dem „maze“ immer weiter an die Grenzen von Westworld geht (und das ist mehrerlei Hinsicht). Ganz abwegig scheint seine Odyssee aber nicht zu sein, denn er erhält von einem Kind immerhin den kryptischen Hinweis: „The maze isn’t meant for you.“ Noch wissen wir nicht, was es mit diesem Labyrinth auf sich hat.

Viele andere Dinge, die in dieser Folge angedeutet werden, versprechen auf jeden Fall noch spannende Storylines. Elsie verwendet zu Beginn den Ausdruck „contagious“, was sich zum Teil zu bestätigen scheint, als Dolores ihre Fähigkeit, sich zu erinnern, durch eine Berührung an Maeve weitergibt. Durch Maeve erfahren wir, dass die Hosts nicht träumen, das Konzept aber verstehen, speziell in Bezug auf Alpträume. Ich fand es in dem Zusammenhang ganz besonders aufschlussreich, dass sie sich selbst aus Alpträumen weckt, indem sie von drei rückwärts zählt – eine Methode, die die Techniker benutzen. Als sie später mitten in einer Operation aufwacht (und wir durch sie noch weiter hinter die Kulissen blicken können und sehen, dass die Hosts tatsächlich wie Puppen behandelt werden), geschieht das mit exakt dieser Methode. Hat der Techniker also wirklich vergessen, sie in den Schlafmodus zu versetzen oder war sie in Wirklichkeit in der Lage, diesen selbsttätig zu beenden?

Robert wiederum scheint noch viel größere Macht über die Hosts zu besitzen als jeder andere, was auch logisch ist, da der Park seine Erfindung ist. Wir kennen bereits die Wendung „deep and dreamless slumber“, mit dem die Hosts in den Schlafmodus versetzt werden können, Robert befielt einem Host hier, nach Hause zu gehen und nie wieder an den Ort zurückzukehren, den er soeben besucht hat. Kurz zuvor hat er eine Schlange mit einer simplen Geste am Angriff gehindert. Viel interessanter aber ist die halb vergrabene Kirche, die er bei seinem Spaziergang findet, und die ihm offenbar eine Idee für eine neue Geschichte gibt. Der Man in Black redet immer wieder davon, „deeper“ in das Spiel vorzustoßen, und diese Kirche legt nahe, dass es in Westworld tatsächlich noch andere, ältere Schichten gibt. (Einzig die Bezeichnung als „game“ stellt mich vor Rätsel, wie kann man in Westworld „gewinnen“?)

These violent delights have violent ends. Theresa und Bernard sprechen an einer Stelle darüber, warum die Hosts miteinander reden. Angeblich üben sie dabei für die Interaktion mit den Gästen, aber darüber müsste man wirklich mal nachdenken. Zu welchem Zweck sollten programmierte Androiden miteinander kommunizieren? Dolores gräbt in der Nähe ihres Hauses eine Waffe aus, wir erfahren aber noch nicht, wem sie gehört.

4 von 5 ansteckenden Bananen.

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