Star Trek: Strange new Worlds | Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow (2×03)

„This is a fork in the road. Your future and mine diverging from this moment. If we fix your timeline, we destroy mine.“

La’an und Kirk müssen im 21. Jahrhundert ein unbekanntes Ereignis verhindern, damit die Föderation gegründet werden kann. Spoiler!

Did you break it?

Auf der Enterprise taucht aus dem Nichts ein Unbekannter auf, der angeschossen wurde und behauptet, ein Zeitreisender zu sein. Er drückt La’an ein Gerät in die Hand und stirbt, kurz darauf befindet sie sich auch schon einer anderen Zeitlinie, in der James Kirk Captain der Enterprise ist und die Föderation nie gegründet wurde. Bei einer Rangelei wird das Gerät aktiviert, worauf es Kirk und La’an nach Toronto ins 21. Jahrhundert verschlägt. Offenbar kam es genau hier zum entscheidenden Ereignis, das Kirks Zeitlinie geschaffen hat.. Ihre Spur führt sie zum Noonien Singh Institute, wo angeblich mit Kalter Fusion experimentiert wird.

Nicht das Highlight, das es sein könnte

Die gute Nachricht ist: Ich werde langsam mit Paul Wesleys Interpretation von Kirk warm. Die schlechte: Ich bin mir nicht sicher, ob er und La’an die Folge allein tragen können. „Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow“ tut enorm viel für die Charakterentwicklung von La’an und gewinnt übrigens durch zweimaliges Ansehen sehr. Aber ich bleibe skeptisch, ob sich die Serie mit dem Temporal War nicht doch etwas zu viel vorgenommen hat, selbst wenn die Thematik natürlich hochspannend ist.

„Khan becomes a brutal tyrant. Maybe humanity needs the dark age that he brings in to usher in their Age of Enlightenment. Or maybe it’s just random. Doesn’t really matter though. See, if I kill him, the Federation never forms and the Romulans lose their greatest adversary.“

Die Vergangenheit ist nicht festgeschrieben

Zeitreisen sind, wie wir alle wissen, ein beliebtes Gimmick in Science-Fiction. Auch „Star Trek“ hat eine beeindruckende Sammlung entsprechender Storys vorzuweisen. Das hat dazu geführt, dass die Historie, wie sie uns die verschiedenen Serien im Laufe der Jahrzehnte präsentiert haben, mittlerweile das reinste Chaos ist. Da variieren die Daten bestimmter Ereignisse schon mal um einige Jahrzehnte, Chronologien werden wild durcheinandergewürfelt, und wie viele parallele Dimensionen inzwischen existieren, weiß kein Mensch.

Oft ist das frustrierend, vor allem, wenn selbst Serien, die im Abstand von nur ein oder zwei Jahren produziert wurden, einander widersprechen. „Star Trek: Strange new Worlds“ versucht, aus dem Bug ein Feature zu machen, und erklärt, dass Geschichte immer im Fluss ist, weil jederzeit und überall Zeitreisende zugange sind, die historische Ereignisse zu ihren Gunsten zu beeinflussen versuchen. Das ist ein interessanter Gedanke, der nicht nur hilft, all die Widersprüche zu erklären, sondern auch für sich genommen ein geniales Konzept darstellt.

Lass uns Hitler Khan töten!

Es geht dabei um weitaus mehr als die Frage, ob die Eugenischen Kriege nun in den 1990ern stattgefunden haben oder erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts. „Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow“ argumentiert vielmehr, dass manchmal auch scheinbar Unzusammenhängendes eng miteinander verknüpft ist. Ein Khan Noonien Singh war vielleicht ein Tyrann, doch ohne ihn hätte die Menschheit niemals begonnen, nach höheren Idealen zu streben. Das gute alte „Töte Hitler und alles wird noch schlimmer“-Phänomen.

Streng genommen geht es hier also um die fundamentale Frage, ob es so etwas wie die „richtige“ Zeitlinie überhaupt noch gibt. Der Temporal War spielte in den späteren Staffeln von „Enterprise“ eine zentrale Rolle und war am Ende das, was mich an der Serie am meisten begeisterte. Wie so oft, verlief die Idee anschließend im Sand, und obwohl ich ahne, dass sie für eine Show mit nur zehn Folgen pro Staffel zu gewaltig ist, finde ich das Anliegen dennoch ehrenhaft. Zumindest würde ich gerne mehr Storys über den Temporal War und seine Auswirkungen hören. (Die Nahaufnahme der Uhr am Ende deutet darauf hin, dass da noch mehr kommt, oder?)

„People are usually … difficult for me. There’s always been a barrier and it can get lonely.“

Genetik vs. Erziehung

Auch wenn ich zu Beginn in Zweifel gezogen habe, dass Christina Chong und Paul Wesley die Folge alleine tragen können, ist dies natürlich ganz und gar La’ans Geschichte. Sie gehört für mich zu den faszinierendsten Charakteren von „Star Trek: Strange new Worlds“, weil sie einerseits ein unbeschriebenes Blatt ist, andererseits aber durch ihren Namen ein massives Erbe zu schultern hat. Und Chong hat der Figur von Anfang an ihren ganz eigenen, rauen Charme verpasst.

Wie sie hier die Last ihrer Herkunft thematisieren, finde ich persönlich ziemlich elegant. La’an hat Khan immer nur durch die Augen jener gesehen, die ihn (und in Konsequenz sie) als Monster betrachten. Doch als sie ihm begegnet, ist er nichts weiter als ein verängstigtes Kind. Ein Kind, das erst durch den Einfluss anderer zu dem werden wird, der in die Geschichte eingeht. Und das ist, denke ich, eine ganz heilsame Erkenntnis. (Obwohl ich die Theorie in dem Raum stellen möchte, dass sie auch ihren Anteil daran hat, weil sie nämlich ihre Waffe im Zimmer des Jungen liegen lässt, als sie geht.)

Kostprobe eines Lebens ohne Ballast

Freilich können wir nicht über La’an in dieser Folge sprechen, ohne die kleine Romanze mit Kirk zu erwähnen. Das war ein unerwarteter Zug, denn wir kennen sie nur als diese stoische, verschlossene Person, die lieber für sich ist. Dass sie und Kirk auf einer Wellenlänge sind, wird auf amüsante Weise relativ früh angedeutet, als sie sich praktisch dasselbe Outfit aussuchen. Aber es ist mehr als das, denn da der Kirk aus der anderen Zeitlinie niemals von Khan Noonien Singh gehört hat, begegnet er ihr ohne die bekannten Vorurteile.

Dadurch ändert sich La’ans Verhalten in keiner Weise, sie bleibt pessimistisch, störrisch und misstrauisch. Aber etwas an der Art, wie sie sich selbst und die sich entwickelnde Beziehung zu Kirk erlebt, ändert sich. Der Kuss, als sie gerade zu einem „you assh-“ ansetzt, ist Perfektion. Und wenn La’an am Schluss der Folge zusammenbricht, weil der Kirk ihrer Zeitlinie sie natürlich nicht kennt, hat das wenig mit dem Verlust der Romanze zu tun. Es ist der Verlust jener Freiheit, von der sie nur einmal kurz kosten durfte, was sie mit voller Härte trifft.

Notes and Notes and Notes

• Mein erster Gedanke, als ich den Titel der Folge las, war ja: Moment, da gab es doch eine Folge bei „The Orville“, die genauso hieß. Stellt sich raus, es handelt sich um ein Zitat aus Shakespeares „Macbeth“.
• Raffiniert, wie Pelia La’an im Vorfeld die entscheidende Information gibt, um sie später in der Vergangenheit finden zu können. Aber hey, heißt das, dass Pelia nur wegen ihr Ingenieurin wird? Hach, Zeitreisen.
• So viele herrliche Momente! Zum Beispiel Kirks Kommentar, wie er im Gefängnis gelernt hat, Plomeek-Suppe in der Toilette zu kochen. Oder die ganze Diskussion um Kirks zweiten Vornamen und später dann La’ans trockenes „discretion is his middle name“. Oder Kirk, der stolz erklärt, wie ihm im Apple-Store jemand erklärt hat, wie DuckDuckGo funktioniert.
• Oh, und die Temporal Investigation schaut auch vorbei. Bevor sie überhaupt gegründet wurde.

3 ½ von 5 Bananen, die nicht wissen, was ein Meme ist.

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