Star Trek: Strange new Worlds | Strange new Worlds (1×01)

„This is your captain. We’re a little early out of the gates, so I hope we didn’t catch anybody with your hair wet or your pants down.“

Captain Pike und die Crew der Enterprise werden zu einem missglückten Erstkontakt gerufen. Spoiler!

Take me to your leader

Seitdem er auf Boreth seine Zukunft gesehen hat, hat sich Captain Pike auf seine Ranch in Montana zurückgezogen und es nicht eilig, den Dienst wiederaufzunehmen. Als jedoch seine Nummer Eins beim Erstkontakt auf dem Planeten Kiley 279 verschwindet, muss er wohl oder übel auf die generalüberholte Enterprise zurückkehren. Vor Ort erkennt die Crew, dass der Sternenflotte ein fataler Irrtum unterlaufen ist: Die Warp-Signatur, die Auslöser für den ersten Kontakt war, gehört nicht zu einem Antrieb, sondern zu einer Bombe. Die Bewohner von Kiley 279 sind noch lange nicht bereit zum Aufbruch ins All.

Keine klassische Pilotfolge

„Star Trek: Strange new Worlds“ ist in einer seltsamen Lage, die sich für die Show jedoch überraschend als wahrer Segen erweist. Denn das (wie es ein anderer Reviewer treffend nannte) Spinoff-Prequel-Sequel ist so firm in das „Star Trek“-Universum eingebettet, dass die erste Folge „Strange new Worlds“ eigentlich kein Pilotfilm mehr ist. Ob man das 1965er „The Cage“ oder die gesamte zweite Staffel von „Star Trek: Discovery“ als Piloten betrachtet, spielt dabei keine große Rolle. Die Folge profitiert davon, seine Zuschauer direkt ins Geschehen werfen zu können und zumindest den Hauptcast nicht erst groß vorstellen zu müssen.

Spock: „Sir, I would suggest knowledge of death is vital for effective leadership.“
Pike: „Knowledge is one thing, Spock, but I experienced it. How will it live in me? Will it make me hesitant? Cautious? Not cautious enough? I’m already second-guessing myself, and that’s the last thing a captain can afford.“

Jede Menge Eastereggs und Nostalgie

Für mich als jemand, der mit „Star Trek“ aufgewachsen ist und sämtliche Realserien gesehen hat, ist schwer einzuschätzen, ob „Strange new Worlds“ ohne Vorwissen verständlich ist. Für Fans ist es zweifellos ein Vergnügen, all die Querverweise zu entdecken und altbekannte Figuren in neuem Licht zu sehen. Ethan Peck hat dabei den undankbarsten Job, denn er muss eine jüngere Version sowohl von Leonard Nimoys Spock als auch von Zachary Quintos Interpretation spielen. Andere wiederum – wie Nummer Eins, die erst jetzt einen Namen bekommen hat (Una Chin-Riley), oder auch Schwester Chapel – füllen ihre Figuren erstmals wirklich mit Leben. Und können wir bitte kurz dem glorreichen Auftritt von T’Pring huldigen? Kenner der klassischen Serie mögen sich an „Amok Time“ erinnern und daher wissen, wie die Geschichte ausgeht, doch was Gia Sandhu aus der Figur macht, ist deliziös.

Von solchen kleinen Hinweisen abgesehen, stützt sich „Strange new Worlds“ vor allem auf die Ereignisse der zweiten Staffel „Star Trek: Discovery“. Es werden zwar sowohl Pikes Trauma als auch der Vorfall, der zum Bau der Warp-Bombe auf Kiley 279 führt, kurz erläutert, aber dass das für Neulinge wirklich nachvollziehbar ist, halte ich für unwahrscheinlich. Selbst ich kann mich an die Schlacht in „Such sweet Sorrow, Part 2“ kaum noch erinnern und hab das einfach mal alles so hingenommen. Besser funktioniert das mit Pikes Erlebnis auf Boreth, weil das die Folge durchzieht wie ein roter Faden.

Nicht die Technik ist entscheidend, sondern ihre Nutzung

Aber kommen wir doch endlich einmal zum Inhalt der Folge, die das bekannte Erstkontakt-Szenario um einen neuen Twist bereichert. Obwohl ich gestehen muss, dass mir als Laie schleierhaft ist, wie man anhand einer Beobachtung per Teleskop einen Materie-Antimaterie-Reaktor nachbauen kann, ist die Idee als solche äußerst faszinierend. Eine Gesellschaft, die für diese Technologie noch gar nicht bereit ist, nutzt sie auf die einzige Weise, die ihnen logisch erscheint: als Waffe. Die Serie macht keinen Hehl daraus, dass damit im Grunde die Erde der Jetztzeit gemeint sind, sie legt den Finger sogar noch genüsslich in die Wunde.

Es ist interessant, dass in dem Zusammenhang General Order One (der Vorläufer der Ersten Direktive) eine so wichtige Rolle spielt. Wenn es den Wissenschaftlern auf Kiley 279 möglich war, die Technik einzig anhand von Beobachtungen nachzubauen, dann fand rein rechtlich gesehen keine Einmischung statt. (Andernfalls müsste sich die Sternenflotte grundsätzlich von Systemen fernhalten, die noch nicht Teil der Föderation sind, weil sie irgendwas beobachten könnten.) Verletzt wird die Direktive erst in dem Moment, als der Erstkontakt stattfindet, und noch einmal, als Pike die verfeindeten Parteien zusammenbringt, damit sie ihre Probleme lösen.

Pike: „Spock. Are you … naked?“
Spock: „No, captain.“
T’Pring: „No, Chris, he’s not. He was about to be. It’s a special night.“

Eine vielversprechende Crew

Naturgemäß lässt sich über die Crew zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu viel sagen, doch „Star Trek: Strange new World“ positioniert sich spürbar als Ensemble-Show. Dass der Captain bis zu einem gewissen Grad im Mittelpunkt steht, ist unvermeidlich, aber er ist nicht das alleinige Bindeglied. Bei zwei Gelegenheiten stellt sich in dieser Folge zum Beispiel heraus, dass sich Figuren bereits von woanders kennen. Dadurch wirken sie eigenständiger und wie Leute, die schon ein Leben vor der Enterprise hatten. Auch darüber werden wir im Laufe der Zeit sicher noch mehr erfahren.

Persönliche Favoriten hab ich noch nicht, wenngleich Pike einen gewissen Heimvorteil genießt, weil ich ihn schon in „Star Trek: Discovery“ großartig fand. Seine Freundschaft zu Spock ist ganz anderer Natur als die zwischen Kirk und Spock, auch das ist reizvoll. Die Brückencrew ist überraschend weiblich, die neue Uhura auf jeden Fall vielversprechend (ihr „cool“ auf Pikes „Boldy go“-Rede ist herrlich), und La’an Noonien-Singh erinnerte mich stark an Drummer aus „The Expanse“. Und von Chapel will ich bitte noch viel, viel mehr sehen!

Strange new Notes

• Ich meine, nicht, dass irgendjemand daran gezweifelt hat, aber „Strange new Worlds“ macht ziemlich deutlich, dass Vulkanier durchaus auch außerhalb des Pon-Farr Sex haben. Wenn sie nicht gerade von ihrem Captain gestört werden …
• Und Spock auch gar nicht eingebildet: „As you know, the Vulcans invented first contact.“
• Sam Kirk (Jims Bruder) ist zu diesem Zeitpunkt für mich ein reines Fan-Gimmick. Mal sehen, ob sie mit der Figur noch irgendwas Substanzielles vorhaben.
• Eigentlich war in der Folge zu viel los, um wirklich auf das Szenenbild zu achten, aber insgesamt überwiegt der Eindruck, dass sehr auf die Details geachtet wurde. Geradezu sentimental wurde ich, als beim Roten Alarm dann auch noch die klassische Sirene ertönte.

4 von 5 Bananen, die nicht nackt sind.

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