Suzanne Collins | Die Tribute von Panem: Tödliche Spiele

Dieses Brot stammt aus Distrikt 11. Behutsam hebe ich den noch warmen Laib auf. Was muss es die Bewohner von Distrikt 11 gekostet haben, die sich noch nicht einmal selbst ernähren können? Wie viele von ihnen mussten sich das bisschen Geld vom Mund absparen, um zur Sammlung für diesen einen Laib Brot beizutragen? Es war für Rue bestimmt, ganz sicher. Aber anstatt das Geschenk zurückzuziehen, als sie starb, haben sie Haymitch ermächtigt, es mir zu geben. Als Dankeschön? Oder weil sie wie ich Schulden nicht gern unbeglichen lassen? Wie dem auch sei, dies ist eine Premiere. Ein Geschenk für einen Tribut aus einem anderen Distrikt.

Mit Hypes ist das so eine Sache. Wie oft wurde in den letzten Jahren nicht schon von Büchern behauptet, sie seien der neue “Harry Potter”? Zugegeben, als ich mich damals hab breitschlagen lassen, den ersten Band der “Twilight”-Saga zu lesen, da tat ich das nicht, weil ich glaubte, dass an dem Gerücht irgendetwas dran sei. Es war eine Mischung aus Masochismus und beständigem Drängen von Freunden, die meine ungeschminkte Meinung dazu hören wollten, aber das ist eine andere Geschichte. Die Buchreihe, um die zuletzt solch ein Wirbel veranstaltet wurde, sind die “Hunger Games” von Suzanne Collins, im Deutschen etwas holprig unter den Namen “Die Tribute von Panem” veröffentlicht. Und hier war es wirklich mein persönliches Interesse, das mich zum ersten Band greifen ließ.

Die Handlung dürfte vermutlich inzwischen jedem bekannt sein. In einer Zukunft, in der Nordamerika in 13 Distrikte unterteilt wurde und die Bewohner in bitterer Armut leben, werden jedes Jahre die sogenannten Hungerspiele veranstaltet, um die Macht des Kapitols zu untermauern. Aus jedem Distrikt werden ein Mädchen und ein Junge ausgelost, die in einer Arena um Leben und Tod kämpfen müssen. Als in Distrikt 12 die gerade mal zwölfjährige Prim ausgelost wird, meldet sich ihre Schwester Katniss freiwillig für die Spiele. Zusammen mit dem Jungen Peeta und den Tributen aus den anderen Distrikten werden sie in einem unwirtlichen Waldgebiet ausgesetzt, wo sie sich nicht nur selbst versorgen, sondern auch gegenseitig umbringen müssen.

Wie gesagt, nun ist das mit Hypes so eine Sache. Und hättet ihr mich gefragt, als ich das Buch erst zur Hälfte durch hatte, dann hätte ich voller Begeisterung davon geschwärmt. “Die Tribute von Panem” ist keine anspruchsvolle Literatur, es ist, was man im besten Sinne des Wortes als Schmöker bezeichnen kann. Ist man einmal eingetaucht, möchte man das Buch eigentlich nicht mehr weglegen. Am Ende jedoch folgt Ernüchterung, denn nach dem großen Showdown in der Arena machen die letzten Kapitel leider den Eindruck, als habe die Autorin die Lust an der eigenen Geschichte verloren. Generell ist problematisch, wie der Roman strukturiert ist, allein die Einteilung in Kapitel erscheint völlig willkürlich, weil sie Szenen unterbrechen statt in sich geschlossen zu sein. Von der sinnlosen Binnengliederung in drei Bücher möchte ich gar nicht erst anfangen.

Hätte ich dieses Buch geschrieben, wäre ich es wahrscheinlich anders angegangen. Ich bin ja grundsätzlich skeptisch gegenüber der Ich-Perspektive in Romanen, weil sie das Sichtfeld doch arg einschränkt, aber bei einem Thema wie diesem wirkt sich das geradezu fatal aus. Als Leser hat meine keine Chance, sich eine eigene Meinung zu bilden, und gerade das ist bei einer Dystopie doch das eigentlich Spannende! Ein Perspektivwechsel hätte hier Wunder gewirkt, vor allem angesichts dessen, dass es um ein mediales Ereignis geht. Wie viel von Katniss’ Überlebenskampf haben die Menschen draußen gesehen? Was hat es in der Gesellschaft bewirkt, dass sie sich gegen das Kapitol aufgelehnt hat? Wie kam die vermeintliche Liebesgeschichte an? Mehr als Andeutungen und Vermutungen finden sich nicht, und da merkt man leider, dass es sich um ein Jugendbuch handelt, das seine Leser nicht ernst nimmt.

Vermutlich hat der Roman einiges richtig gemacht, denn ich habe auf jeden Fall vor, auch die zwei anderen Bände noch zu lesen. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Hype ein künstlich gemachter ist, denn ich würde das Buch Freunden nicht vorbehaltlos empfehlen. Vielleicht mag mir ja jemand erzählen, ob der Film mehr aus der Grundprämisse des medialen Großereignisses macht?