Arwel beobachtete, wie er sie mit seiner typisch charmanten Art ansprach, ihr vermutlich das eine oder andere Kompliment machte, dabei seine Vampir-Fähigkeiten nur leicht durchscheinen ließ. Als sie sich kennengelernt hatten, war er zu ihr genauso gewesen, hatte er ihr das Gefühl gegeben, etwas ganz Besonderes zu sein. Das hatte ihr nie was ausgemacht, aber nach dem heutigen Streit fühlte sie, dass sie nichts Besonderes mehr für ihn war.
Selbstfindung ist eines dieser Worte, über die ich eigentlich immer nur gelacht habe. Wo soll man sich denn suchen? Unterm Bett vielleicht, oder in der Schublade oder am Ende etwa hinterm Schrank? Es ist eines dieser Modeworte, mit denen sich Menschen in der Konversation wichtig tun, obwohl sie im Grunde keine Vorstellung haben, was es bedeutet.
Wenn ich schreibe, nenne ich es Entwicklung. Katharsis, wenn man so will. Jede Geschichte hat so etwas, jede Figur macht eine Entwicklung durch, aber sie muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass sie hinterher klüger oder glücklicher ist, und die wenigsten finden sich dabei selbst. Einst bei meinem zweiten Roman habe ich daraus einen Handlungsstrang gemacht, die Aussage war reinste Ironie, denn mein Held wurde trotz seiner vielen Erfahrungen einfach nicht schlauer, er grub sich nur tiefer in die Scheiße. Wie im richtigen Leben halt. Ich halte daran fest und gestehe nur wenigen meiner Figuren so was wie Erlösung zu, manche mögen das als Geiz bezeichnen, ich halte es für spannender.
Bei einem Projekt wie „Arwel“ befallen mich manchmal Zweifel, ob ich das machen kann. Ich sage immer, es handelt sich dabei um humorvolle Krimis mit parodistischen Zügen. Aber darf man in einer lustigen Geschichte ernste Themen unterbringen? Darf man seine Figuren weiterentwickeln? Der zweite Band wird sich vom ersten grundlegend unterscheiden, es gibt einen übergreifenden Handlungsbogen, der bedrohlich über allem schwebt, Arwel verliebt sich ernsthaft, was ihr eine Scheißangst macht, und Lorians Vergangenheit hat ungeahnt dramatische Ausmaße. Für mich als Autorin ist das ein natürlicher Prozess, doch ein bisschen Bammel hab ich schon, dass die Leser mit Arwel 2.0 nichts mehr anfangen können.
Es sind diese Momente, in denen ich darüber nachdenke, wie es nach diesem Band weitergehen könnte. So, wie das Ende geplant ist, bleibt genug offen, um mindestens noch ein drittes Buch zu schreiben, doch auch das würde sich grundlegend von den vorherigen unterscheiden. Aber ich gebe zu, es wäre auch reizvoll. Eine klassische Trilogie, das würde mir wirklich gefallen …
Siehste, das passiert, wenn man nicht noch mal gegenliest, bevor man auf den Veröffentlichen-Button drückt, ts, ts …
Ich glaube, was mich an dem Wort Selbstfindung so stört, ist einfach die Tatsache, dass es so gern von Promifrauen benutzt wird, die gerade eine Trennung hinter sich haben. Klar muss man sich damit auseinandersetzen, wer man ist, wer man vielleicht mal werden wollte, usw. Aber am Ende steht nun mal kein großer Aha-Moment totaler Erleuchtung, und deshalb finde ich es realitätsfern, wenn es in Büchern so ist. Arwel wird sich verändern, aber doch immer die gleiche bleiben.
Was mich zum dritten Band bringt. Stimmt, beim Schreiben wird die 3 plötzlich zur runden Zahl, bestimmt kann man das erzähltheoretisch erklären. Bislang bin ich unsicher, wie ein dritter Band von Arwel aussehen könnte, und ob der dann überhaupt noch was mit Krimi zu tun hat. Vielleicht kommt es zum Krieg in der Märchenwelt, aktuell stehen die Zeichen auf Sturm. (Uh, Spoiler!)
Hm, Selbstfindung. Natürlich muss man in sich selbst suchen, nicht hinterm Bett *ggg* Ich finde nicht, dass das ein klassisches Modewort ist, ich halte es für einen ernsthaften und oft nicht einfachen Prozess. Man muss sich mit seinem ärgsten Kritiker aueinandersetzen, sich selbst. Es erfordert Demut und Aufrichtigkeit, und vielleicht ist man nie damit zufrieden, was aus einem wird, werden kann oder geworden ist.
Jaaaa, ich steh auch auf Trilogien. Drei scheint eine magische Zahl bei Büchern zu sein, oder? Auftakt, Hauptteil, Epilog, zum Beispiel. Der Held, sein Sidekick und der Gegner (sehr oft ohne Sidekick). Oder so. Ich habe nie wirklich drüber nachgedacht, aber irgendwie habe ich das instinktive Gefühl, dass Drei in der DNA des Schreibens steckt. Oder?
Pssst, das würde DIR gefallen, nicht DICH. ;)))