Schreibstube | KW05

Arwel beobachtete, wie er sie mit seiner typisch charmanten Art ansprach, ihr vermutlich das eine oder andere Kompliment machte, dabei seine Vampir-Fähigkeiten nur leicht durchscheinen ließ. Als sie sich kennengelernt hatten, war er zu ihr genauso gewesen, hatte er ihr das Gefühl gegeben, etwas ganz Besonderes zu sein. Das hatte ihr nie was ausgemacht, aber nach dem heutigen Streit fühlte sie, dass sie nichts Besonderes mehr für ihn war.

Selbstfindung ist eines dieser Worte, über die ich eigentlich immer nur gelacht habe. Wo soll man sich denn suchen? Unterm Bett vielleicht, oder in der Schublade oder am Ende etwa hinterm Schrank? Es ist eines dieser Modeworte, mit denen sich Menschen in der Konversation wichtig tun, obwohl sie im Grunde keine Vorstellung haben, was es bedeutet.

Wenn ich schreibe, nenne ich es Entwicklung. Katharsis, wenn man so will. Jede Geschichte hat so etwas, jede Figur macht eine Entwicklung durch, aber sie muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass sie hinterher klüger oder glücklicher ist, und die wenigsten finden sich dabei selbst. Einst bei meinem zweiten Roman habe ich daraus einen Handlungsstrang gemacht, die Aussage war reinste Ironie, denn mein Held wurde trotz seiner vielen Erfahrungen einfach nicht schlauer, er grub sich nur tiefer in die Scheiße. Wie im richtigen Leben halt. Ich halte daran fest und gestehe nur wenigen meiner Figuren so was wie Erlösung zu, manche mögen das als Geiz bezeichnen, ich halte es für spannender.

Bei einem Projekt wie “Arwel” befallen mich manchmal Zweifel, ob ich das machen kann. Ich sage immer, es handelt sich dabei um humorvolle Krimis mit parodistischen Zügen. Aber darf man in einer lustigen Geschichte ernste Themen unterbringen? Darf man seine Figuren weiterentwickeln? Der zweite Band wird sich vom ersten grundlegend unterscheiden, es gibt einen übergreifenden Handlungsbogen, der bedrohlich über allem schwebt, Arwel verliebt sich ernsthaft, was ihr eine Scheißangst macht, und Lorians Vergangenheit hat ungeahnt dramatische Ausmaße. Für mich als Autorin ist das ein natürlicher Prozess, doch ein bisschen Bammel hab ich schon, dass die Leser mit Arwel 2.0 nichts mehr anfangen können.

Es sind diese Momente, in denen ich darüber nachdenke, wie es nach diesem Band weitergehen könnte. So, wie das Ende geplant ist, bleibt genug offen, um mindestens noch ein drittes Buch zu schreiben, doch auch das würde sich grundlegend von den vorherigen unterscheiden. Aber ich gebe zu, es wäre auch reizvoll. Eine klassische Trilogie, das würde mir wirklich gefallen …

Cocktail für eine Leiche
Detektelfe Arwel 2, Story Nr. 1
Seite 24 (+ 3 Seiten)