Star Trek: Deep Space Nine | Melora (2×06)

„Try sitting in the chair, Commander. No one can understand until they sit in the chair.“

Eine Elaysianerin kommt auf die Station und sträubt sich gegen die penetrante Hilfsbereitschaft ihrer Kollegen. Spoiler!

You let me fly for the first time, I let you walk – we’re even

Fähnrich Melora Pazlar erhält einen befristeten Auftrag auf Deep Space Nine und löst damit vor allem bei Bashir Begeisterung aus. Denn Melora ist die erste Elaysianerin in der Sternenflotte und in der „normalen“ Schwerkraft der Station auf einen Rollstuhl angewiesen. Auch mit den Kollegen gibt es Reibereien, denn Melora besteht darauf, dass sie nicht anders behandelt wird. Unterdessen erhält Quark Besuch von Fallit Kot, einem alten Geschäftspartner, der ihn umbringen will.

Ambitioniertes Ziel

„Melora“ verfolgt das ehrgeizige Ziel, gleich zwei Problematiken zu behandeln. Einerseits, wie man in Zukunft mit Handicaps umgeht, andererseits, ob völlige Autonomie es wert ist, dafür die eigene Identität aufzugeben. Beides gelingt nur mittelmäßig, was allerdings weniger dem Drehbuch und mehr der Tatsache geschuldet ist, dass die Geschichte einfach nicht genug Zeit hat, sich zu entwickeln. Die Figur der Melora hätte wesentlich besser funktioniert, wenn sie wenigstens ein paar Folgen auf der Station verbracht hätte. Der Eindruck täuscht nicht: Melora sollte ursprünglich eine der Hauptfiguren werden, wurde angesichts des technischen Aufwands mit der Schwerelosigkeit dann allerdings durch Dax ersetzt. Der muss man bekanntlich nur ein paar Flecken ins Gesicht malen.

Bashir: „Melora, no one on this station is completely independent. In space, we all depend on one another, to some degree.“
Melora: „I just want you all to know that you can depend on me.“
Bashir: „You’ve proven that. Now, what do the rest of us have to do to convince you?“
Melora: „Of what?“
Bashir: „That you can depend on us.“

In der Zukunft ist kein Platz für Mängel

Die Ausrottung jeglicher Krankheiten und Behinderungen ist ein zentraler Punkt der meisten Utopien. Nicht den Kapriolen des eigenen Körpers ausgeliefert zu sein, scheint ein wichtiges Merkmal für Fortschritt zu sein. Entsprechend selten sind in dem Genre Geschichten über Personen, die auf Hilfsmittel und fremde Hilfe angewiesen sind, um den ganz normalen Alltag zu bewältigen. Was auch der Grund sein dürfte, weshalb Meloras Handicap eben kein Defizit, sondern ein spezifisches Merkmal ihrer Spezies ist. (Man könnte darüber streiten, ob das die Relevanz der Erzählung beeinträchtigt.)

Aber gerade, weil körperlich eingeschränkte Personen im „Star Trek“-Universum so selten sind, fühlt sich Meloras Kampf umso realer an. Niemand weiß so recht, wie er mit ihr umgehen soll, und sie selbst macht es ihren Mitmenschen durch ihre defensive Art nicht eben leichter. Bashir gewinnt durch seinen Umgang mit Melora deutliche Sympathiepunkte, wenngleich es niemanden überraschen dürfte, dass er sich sofort an sie heranmacht.

Unterschätzter Aspekt der Raumfahrt

Interessant ist natürlich die daraus folgende Überlegung, ob auf Raumschiffen unterschiedlicher Spezies auch unterschiedliche Schwerkraft herrscht. Es ist schon ein reichlich unglaubwürdiger (in der Science-Fiction aber üblicher) Zufall, dass offenbar alle mehr oder weniger die gleiche Luft atmen. (Man stelle sich das mal vor, dass man nichtsahnend auf ein anderes Schiff beamt und dort unvermittelt erstickt.)

Spätestens seit „The Expanse“ wissen wir aber auch, welche Auswirkungen die Schwerkraft bzw. ihr Mangel auf den menschlichen Körper hat. Sie ist also ein wichtiger Faktor in der Raumfahrt, wird aber nur selten thematisiert. (In dem Zusammenhang muss ich meinen Unglauben darüber ausdrücken, dass Bashir vorher noch nie Schwerelosigkeit erlebt haben will. Sollte das nicht zum Standardtraining bei der Sternenflotte gehören?)

„Maybe independence isn’t all it’s cracked up to be. I kind of like how it feels to be dependent on someone for a change. And I’m glad you got me to unlock the doors to my quarters, so I could finally let someone into my life.“

Ist das Ergebnis den Preis wert?

Die Tatsache, dass Meloras Zustand kein Makel im klassischen Sinne ist, macht es im Grunde leicht, den zweiten Teil der Geschichte zu erzählen. Sie lässt sich von Bashir dafür begeistern, eine experimentelle Therapie auszuprobieren, die in letzter Konsequenz dazu führen wird, dass sie sich überall außer auf ihrer Heimatwelt normal bewegen kann. Doch sie merkt, dass sie damit etwas ganz Essenzielles aufgibt, einen Teil von sich selbst, den sie bisher vielleicht nicht genug zu schätzen wusste. Dieser Konflikt wäre zweifellos interessanter gewesen, wenn Melora tatsächlich behindert wäre.

Melora’s Notes

• Der Plot um Fallit Kot war nur nervig und im Grunde überflüssig. Außerdem, wie soll man jemanden ernst nehmen, der einen Henkel im Gesicht hat? (Evolutionär gesehen eine absolute Sackgasse, der hätte nicht mal die Suppe essen können, die Quark ihm serviert.)
• Aber Odos breites Lächeln, als Quark ihm erzählt, dass Kot ihn umbringen will, war Gold wert.

3 ½ von 5 schwerelosen Bananen.

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