„Kein Wunder, dass das oft für Babykleidung verwendet wird, aber warum soll ich davon nicht auch profitieren?“ (aus meinem Tagebuch)
Musselin für Anfänger
Ein bisschen hat man ja den Eindruck, als müsse sich Musselin immer entschuldigen. Oder kennt ihr einen Onlineshop, in dem bei der Produktbeschreibung nicht vom Baby-Spucktuch die Rede ist? Dabei hat es der Stoff wirklich nicht nötig, sich zu verstecken, denn ihr werdet auf dieser Welt nichts Leichteres und Weicheres finden, um daraus luftige Sommerkleider zu nähen.
Aber ich gebe zu, ich hatte ein bisschen Respekt vor Musselin. Bei der Beschreibung von mehreren, lose verbundenen Schichten hatte ich immer sofort das Bild eines Stoffes vor Augen, der auseinanderfällt, kaum dass man die Schere ansetzt. Das ist nicht gänzlich falsch, doch keine Sorge, ihr habt genug Zeit zum Versäubern der Schnittkanten. (Das allerdings solltet ihr unbedingt tun, denn Musselin franst gewaltig.)
Ansonsten gibt es bei der Verarbeitung nur wenig zu beachten. Möchte man das Kleidungsstück später ungebügelt tragen (mit der typischen Kreppoptik), dann sollte man es auch vor dem Nähen nicht bügeln. Der Stoff zieht sich nach jedem Waschen wieder zusammen, und es kann passieren, dass es dann nicht mehr passt. Verwendet wird eine feine Universalnadel (70/10) mit einer Stichlänge von 3 bis 3,5 mm.
Luftige Sommermode aus Musselin
Mein erstes Musselin-Projekt war Kleid Elsa aus dem Skandi-Buch, aus dem letztens schon Top Elfie stammte. Das Schnittmuster für beide ist identisch, beim Kleid wird unten lediglich ein breiter Volant als Rock ergänzt. Ein weiterer Unterschied bei mir war, dass ich auch zum ersten Mal die Belege für den Ausschnitt machen musste, denn beim Top hatte ich einen Jersey verwendet und entsprechend ein elastisches Bündchen genäht.
Wie gesagt, ich empfand die Arbeit mit dem Stoff als sehr einfach. Ich versäuberte alle Teile gleich nach dem Zuschnitt und musste mir dadurch später keine Gedanken mehr machen. Die einzige Hürde waren die Flügelärmel, von denen ich einen noch mal zuschneiden musste. Ich hätte die nicht gegengleich ausschneiden dürfen, da die Flamingos dadurch auf einer Seite falsch herum waren. Mein Gehirn darum zu wickeln, kostete mich ehrlicherweise eine halbe Stunde, was ein bisschen peinlich ist.
Teamwork mit Etamin und Musselin
Da ich definitiv Team „Lieber zu viel als zu wenig“ bin, hatte ich von dem Flamingo-Musselin anschließend noch reichlich übrig. Also warf ich kurzerhand noch den Rest Etamin in den Mix und stattete Top Elfie einen weiteren Besuch ab. Die Pinktöne sind zwar nicht identisch, passen meiner Meinung nach aber gut zusammen. Beim Zuschnitt musste ich dann aber ziemlich präzise sein, da ich unbedingt Flügelärmel konstruieren wollte, für die der Etamin wirklich gerade so reichte.
Ja, das Thema Flügelärmel hatten wir hier noch nicht, obwohl ich letztes Jahr schon mal ein Kleid damit verschönert habe. Sie funktionieren im Prinzip wie ein Tellerrock. Das heißt, sie bestehen aus einem Kreis, bei dem jedoch das Armloch nach unten versetzt wird, damit sich nicht so viel Stoff unter dem Arm sammelt. Zur Berechnung der Größe verwendet man dieselbe Formel wie beim Rock, muss also auch darauf achten, dass sich das Loch durch den teils diagonalen Zuschnitt unter Umständen noch ausdehnt!
Grundsätzlich bin ich mit dem Ergebnis zufrieden, aber hätte ich mehr von dem Etamin gehabt, hätte ich die Ärmel gerne etwas länger gemacht. Einfach deshalb, weil sie sich nun doch sehr bauschen und das Top dominieren. Lustigerweise finde ich, dass es in Kombination mit dem Tellerrock fast besser aussieht als solo. Schätze, damit bin ich jetzt stolze Besitzerin meines ersten Zweiteilers. Die sind doch jetzt wieder in, nicht?
6
Dank exklusiver Previews kannte ich die Tops schon, aber ich finde sie nach wie vor schön.
Musselin emanzipiert sich über das Spucktuch hinaus gerade eh als Trendstoff für den Sommer, kaum ein Anbieter, der nicht wenigstens Shorts daraus im Angebot hat.
Dass man sich beim Nähen das Hirn brechen kann, kenne ich vom letzten Projekt, wo ich den schweren Mantel ohne Innenfutter nähen wollte. Aber die ursprüngliche Konstruktion baut auf der Existenz des Futters auf, sodass es gar nicht so leicht war, es einfach nur wegzulassen. Der Teufel steckt auch hier im Detail.
Wie auch immer, Glückwunsch zur ersten Kollektion 😉
Nachdem du mir das erzählt hattest, ist mir das in den Geschäften auch vermehrt aufgefallen, sogar ein paar Musselin-Kleider hab ich schon gesehen.
Tja, und Nähen ist eben wirklich nur 5 % Nähen und dafür unerhört viel Mathe und Nachdenken und ratlos auf Schnittmuster starren. Das sagt einem vorher keiner. 😆
Und 10% Auftrennen und Fluchen und mit der Wahl des Hobbys hadern …