Nach „Falling Skies“ ist nun die zweite Science-Fiction-Serie unter der Hand von Produzent Steven Spielberg gestartet. „Terra Nova“ gilt als guter Kandidat, das schwere Erbe von „LOST“ anzutreten. Auch wenn der Pilotfilm jetzt nicht gerade philosophische Tiefe durchblicken lässt. Spoileralarm!
Wir schreiben das Jahr 2149, die Erde ist überbevölkert, die Ressourcen beinahe aufgebraucht, die Menschheit steht am Abgrund ihrer Existenz. Doch für einige wenige gibt es Hoffnung auf ein neues, besseres Leben in Terra Nova, einer Kolonie weit in der Vergangenheit des Planeten. Durch einen Raum-Zeit-Riss gelangen die Siedler in einen neuen Zeitstrom 85 Millionen Jahre in der Vergangenheit, so dass sie ihre Zivilisation neu aufbauen können, ohne die alte gleichzeitig auszulöschen. Im Mittelpunkt der Erzählung stehen der ehemalige Cop Jim Shannon, seine Frau Elisabeth und die drei Kinder Josh, Maddy und Zoe, die sich nicht nur einer völlig neuen Umgebung anpassen, sondern auch ihre zerrüttete Familie kitten müssen.
Als ich das erste Mal von „Terra Nova“ hörte, war ich von der Idee absolut begeistert, vor allem aber skeptisch, ob diese Serie überhaupt funktionieren kann. Es ist bekannt, wie schwierig es ist, Zeitreisen zu thematisieren, man kann alles noch so clever durchdenken, an irgendeinem Detail hapert es am Ende doch. „Terra Nova“ erklärt das Paradoxon, dass die Menschen in die Vergangenheit der Erde reisen können, ohne ihre Zukunft zu verändern, damit, dass der Riss einen neuen Zeitstrom kreiert, was anhand einer Sonde überprüft wurde, die man in der Zukunft niemals fand. Fraglich aber ist, ob erst ihr Eingriff in die Vergangenheit einen neuen Zeitstrom geschaffen hat, oder ob er von Anfang an existierte – was durchaus wichtig sein könnte, wenn auch die Vergangenheit schon eine andere ist. Angeblich ist eine Rückkehr in die Zukunft nicht möglich, Kommunikation indes schon. Die Probleme, die mit Zeitreisen einhergehen, werden im Pilotfilm allenfalls angerissen, für meinen Geschmack sogar etwas zu spät, nachdem man sich als Zuschauer schon eine halbe Stunde lang gewundert hat, wieso die Zukunft eigentlich noch existiert. Das muss aber nicht heißen, dass genau diese Ungereimtheiten nicht noch in späteren Episoden eine Rolle spielen werden, denn hier sind keinesfalls schon alle offenen Fragen beantwortet.
Obwohl ich den Pilotfilm alles in allem gut und unterhaltsam fand, war er für meinen Geschmack ein bisschen zu gewollt großes Eventkino. Die Folge startet direkt und ohne große Erklärungen in die Handlung im Jahre 2149, eine dunkle und dreckige Dystopie, die sich hinter „Blade Runner“ und ähnlichen Produktionen wahrlich nicht zu verstecken braucht. Familie Shannon wird ihrer jüngsten Tochter beraubt, weil es gesetzlich verboten ist, mehr als zwei Kinder zu haben, was mir allerdings nicht sofort klar war, weshalb ich mich auch erst mal eine Weile wunderte, warum da wegen eines Kindes so ein Aufstand gemacht wird. Das große Problem der Folge ist ihr viel zu hohes Tempo. Es wäre einerseits interessant gewesen, mehr von dieser Zukunft zu sehen, andererseits hat man als Zuschauer überhaupt keine Zeit, die Figuren kennenzulernen, bevor sie auch schon eine emotionale Achterbahn durchleben. Deshalb gehen viele dramatische Szenen zu Beginn der Folge leider völlig ins Leere.
Grundsätzlich ist die Erzählweise eher konventionell, tatsächlich war es mir fast Klischee zu viel, dass der rebellische Sohn, nur um seinem Vater eins auszuwischen, ein paar anderen Teenagern nach draußen folgt und dann auch beinahe von einem Dinosaurier gefressen wird. Ich sehe ein, dass man die potenzielle Gefahr, die außerhalb der Siedlung lauert, frühzeitig zeigen wollte, um die Zuschauer zu beeindrucken und ein bisschen Geld für Spezialeffekte rauszuhauen. Dramaturgisch betrachtet war das allerdings kein kluger Schachzug, weil man kaum Zeit hat, sich an die fragile Idylle von Terra Nova zu gewöhnen. Erst, wenn man sich dort heimisch fühlt, kann so ein Angriff wirklich erschüttern.
Spannend sind die sogenannten Sixers, Angehörige der sechsten Siedlerwelle, die sich von Terra Nova losgesagt haben und nun ein Leben als Jäger und Diebe führen. Vor allem, weil damit eigentlich bewiesen ist, dass das Experiment schon gescheitert ist, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Die Probleme in der Zukunft basieren zu einem guten Teil auch darauf, dass Menschen gegen Menschen kämpfen, einander ausbeuten und töten. Terra Nova soll der Beginn einer besseren Menschheit sein, und doch krankt sie bereits an den alten Gebrechen. Die Menschen können einfach nicht anders, das ist ihre Natur.
Darüber hinaus wurden etliche Fragen angedeutet, die Stoff für eine spannende Staffel bieten. Taylors verschwundener Sohn beispielsweise, der offenbar für die seltsamen Zeichnungen auf den Felsen am Wasserfall verantwortlich ist. Und nach wie vor bin ich nicht davon überzeugt, dass die Dinosaurier die einzige Gefahr sind, in einem neuen Zeitstrom können durchaus auch Wesen existieren, die in keinem Geschichtsbuch stehen. Trotz einiger Startschwierigkeiten macht „Terra Nova“ jedenfalls einen guten Eindruck, so dass es sich gewiss lohnt, der Serie eine Chance zu geben.
4 von 5 Bananen im neuen Zeitstrom.
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