“Eure Nähe ist die Nähe von Planeten. Ich bin die Leere zwischen euch. Wenn ich weggehe, habt ihr keine Leere mehr, um darin zu schwimmen.”
Da es diese Woche einmal nichts zu reviewen gibt, möchte ich die kleine Pause nutzen, um ein paar Zeilen über Henry Millers “Wendekreis des Krebses” zu schreiben, dessen letzte Seiten ich gerade lese. Dies soll bitte nicht als Buchbesprechung missverstanden werden, ich möchte einfach nur ganz subjektiv davon berichten.
Zwei Dinge wurden mir vorweg auf den Weg gegeben. Zum einen müsse man einmal im Leben Henry Miller gelesen haben, ob er einem nun gefällt oder nicht. Und zum anderen gefällt er einem vermutlich nicht. Beste Voraussetzungen also. Die ersten Seiten wusste ich nicht so recht, was ich von ihm halten sollte, es war ein buntes Potpourri von Eindrücken und Szenen ohne jeden Zusammenhang, teilweise in derber Sprache verfasst. Aber, und das war das irgendwie Faszinierende daran, es fesselte trotzdem. Irgendetwas, was ich bis zum Schluss nicht so recht zu fassen gekriegt habe, übt einen ungeheuren Sog aus, die Sprache mag stellenweise primitiv erscheinen, ergießt sich aber gleichzeitig wie eine Fontäne über einen.
Über eines sollte man sich klar sein, wenn man sich “Wendekreis des Krebses” vornimmt: Der erste Eindruck täuscht nicht. Wer eine geradlinige Handlung braucht, der wird an dem Buch keine Freude haben, denn der Stil lose miteinander verbundener oder auch gänzlich ohne Zusammenhang aneinandergereihter Kapitel und Szenen zieht sich durch bis zum Schluss. Es ist wie ein Mosaik, das sich erst im Kopf des Lesers zu einem Ganzen zusammensetzt, nicht zu einer Geschichte, sondern zu einem Gefühl für den Ort und das Leben der Protagonisten.
Wer damit kein Problem hat, der sollte Miller unbedingt eine Chance geben, denn seine Art, mit Worten eine Stimmung so lange zu umkreisen, bis man völlig vergessen hat, dass man gerade “nur” ein Buch liest, die ist mir bisher bei keinem anderen Autoren begegnet. Freilich, am Ende bin ich schon ein bisschen ratlos, was er mit dem Buch wohl bezweckt haben mag, aber das ändert ja nichts daran, dass ich das Lesen genossen habe. Einmal im Leben sollte man halt …