Elementary | Fragen und Antworten (1×22)

Moriarty tut etwas für einen Bösewicht recht Unerwartetes: Er engagiert Sherlock, um einen Mord zu untersuchen. Obwohl Watson ihm abrät, darauf einzugehen, ist Sherlock nicht zu bremsen, winken als Belohnung doch Antworten auf einige seiner dringendsten Fragen. Ich warne vor Spoilern!

Nun, da Sherlock Moriarty endlich mal am Telefon hat, verlangt er Antworten, doch sein Widersacher ist nicht ganz so leicht zu knacken. Er verlangt von ihm, einen Fall für ihn zu lösen, erst dann wird er ihm alle Fragen beantworten, inklusive der, warum Irene sterben musste. Sherlock akzeptiert und klärt praktisch im Handumdrehen einen Mord aus Rache auf, doch Moriarty ist nicht zufrieden, denn es steckt mehr hinter dem Fall, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Und das ist nur recht, denn wie Sherlock am Ende erfährt, steckt auch mehr hinter seiner Frage nach Irene, als er selber ahnen konnte.

Okay, bringen wir’s hinter uns. Der Fall der Woche war solide konstruiert und ergab sogar für mich Sinn, deren Gehirn bei Krimis gerne mal abschaltet und tanzen geht. Allerdings hat die Möglichkeit, Antworten zu kriegen, irgendwie die ganze Folge überschattet, und das hat ihr einfach nicht gut getan. Erst das letzte Stück war wirklich spannend und hat uns genau mit dieser Mischung aus Unglauben und Freude zurückgelassen, mit der man einem Staffelfinale entgegenblicken sollte.

Ich glaube, für niemanden, der die Serie bis hierher verfolgt hat, kommt die Enthüllung überraschend, dass Irene Adler noch lebt. Ich schrieb bereits damals bei ihrer ersten Erwähnung, dass die Autoren dumm wären, sich diesen Plot entgehen zu lassen, oder ihren Namen zu nennen und dem Zuschauer kein Gesicht zu präsentieren. Man könnte höchstens argumentieren, dass sie den Mund nun ziemlich voll nehmen, indem sie uns zum Finale sowohl Moriarty als auch Irene präsentieren, was natürlich damit zusammenhängen könnte, dass die Zwei irgendwie gemeinsame Sache machen, aber eben auch zwei der großen Themen auf einmal angeht. Auf gut Deutsch: Was soll da noch folgen?

Doch so weit sind wir noch nicht. Ich glaube, was mich an Irene in dieser Folge am allermeisten fasziniert hat, ist die Art und Weise, wie sie mit wenigen Pinselstrichen charakterisiert wurde (pun intented). Auf der einen Seite bekommen wir eine fast klinische Auflistung ihrer Vorzüge von Sherlock, als Watson ihn fragt, wie sie eigentlich so war. Amerikanerin, eine begabte Künstlerin, kurzum „die Frau“. Das ist spannend, weil wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht fühlen können, was sie ihm wirklich bedeutet hat, das kommt erst ganz zum Schluss, als er das Atelier betritt und sich die wenigen Worte, mit denen er sie beschrieben hat, plötzlich mit Leben füllen. Und dann bricht Sherlock regelrecht zusammen, das ist nicht mehr der Mann, der kühl analysiert, denn hier kommen nicht nur seine Gefühle ins Spiel, er erkennt auch, dass er reingelegt worden ist. Von wem, wieso, das ist in dem Moment nicht wichtig, aber diese Lüge hat sein Leben massiv beeinflusst. Und Irene? Sie schien mindestens genauso überrascht zu sein, ihn zu sehen, wie er sie, also glaubte sie bislang womöglich ebenfalls, er sei tot?

Moriarty bezeichnet sich selbst zu Beginn der Folge als Spinne in ihrem Netz. Das mag sogar stimmen, auch wenn die Vermutung, dass diverse Personen für ihn gearbeitet haben, lediglich geäußert, aber nie bestätigt wird. Was mir an diesem Teil des Plots fehlt, ist das Gefühl von Dringlichkeit und unmittelbarer Gefahr. Ich vergleiche „Elementary“ üblicherweise nicht mit dem „Sherlock“ der BBC (aus Gründen), aber in dem Fall muss ich einmal darauf hinweisen, dass Moriarty dort ein physisch greifbarer Gegner war, der Sherlocks Leben gefährdet hat. Hier jedoch erklärt Sherlock mehrmals, dass Moriarty ihn nicht umbringen will und er folglich keine Angst vor ihm haben muss. Also? Warum genau soll er mich jetzt noch mal interessieren?

Fragen und Notizen. Captain Gregson hat Watson einem Freund als Suchtbetreuerin für dessen Tochter vorgeschlagen. Die Geste hat für mich irgendwie nicht funktioniert, weil wie gesagt kein Gefühl der Bedrohung da war und es deshalb so wirkte, als wolle er nur eine inkompetente Kollegin höflich abschieben. „Vorname Er, Nachname Funden.“ Meine Highlights sind immer Szenen wie die, wo Sherlock die Lampe über der schlafenden Watson an und aus schaltet, bis sie aufwacht, und dann ruft: „Oh, gut, Sie sind wach.“ Oder: „Wenn Sie auf die Toilette wollen, dreh ich mich um. Sie haben doch keinen Spargel gegessen?“

Wie die meisten vermutlich schon mitbekommen haben, nimmt Sat.1 „Elementary“ kurz vor dem Finale wegen schlechter Quoten aus dem Programm. Und ist auch noch so dreist, „neue spannende Fälle“ fürs nächste Jahr anzukündigen. Na ja.

4 ½ von 5 doch nicht toten Bananen.

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