I’m not looking for Superfriends | Marvel’s The Defenders

Es sollte das Event sein. Die Kulmination dessen, was in den vergangenen zwei Jahren in vier unabhängigen Serien vorbereitet wurde. Und vielleicht sollte man festhalten, dass Marvel und Netflix mit dieser Ankündigung quasi selbst den Sargnagel gesetzt hatten, denn nicht mal unter allerbesten Voraussetzungen konnte „The Defenders“ diesen hochgeschraubten Erwartungen gerecht werden. Spoiler!

Lasst mich eines gleich vorweg sagen, damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Serie macht Spaß. Den acht Folgen gelingt, was viele, schon länger laufende Serien nicht schaffen, denn der Spannungsbogen wird nahezu konsequent gehalten. Nicht nur das, „The Defenders“ wagt sich auch an das Experiment, die vier den Einzelserien zugrundeliegenden Ästhetiken zusammen zu bringen, was in einer wunderschönen Farbdramaturgie resultiert, die subtil illustriert, wie aus vier Individuen ein Team wird (auch wenn sie das immer wieder abstreiten).

Das größte Problem der Serie ist, dass sie die Kenntnis von gleich vier Serien voraussetzt: „Daredevil“, „Jessica Jones“, „Luke Cage“ und „Iron Fist“. Ganz im Gegensatz zum Cinematic Universe von Marvel, bei dem die Gipfeltreffen der Superhelden (a.k.a. „Avengers“-Filme) selbst dann funktionieren, wenn man einzelne der vorherigen Filme nicht gesehen hat. Speziell in den ersten zwei Folgen von „The Defenders“ macht sich das bemerkbar, und gerade die sollten es doch sein, die mich als Zuschauer in die Geschichte hineinziehen. Aber unser Quartett hat sich noch nicht gefunden, stattdessen werden mehr oder weniger die Einzelserien fortgesetzt, um zu zeigen, wo jede der Figuren aktuell steht. Im Falle von Matt Murdock alias Daredevil war das für mich ja noch redlich interessant, damit hörte es dann aber auch schon auf, da ich von Jessica Jones nur einen Teil gesehen habe, während Luke Cage sowie Iron Fist komplett an mir vorbeigegangen sind. Seien wir ehrlich, Gelegenheitsgucker wie mich möchte Marvel hiermit gar nicht ansprechen, deshalb wird mir der Einstieg so schwer wie nur irgend möglich gemacht.

Ärgerlich ist das vor allem deshalb, weil es nicht nötig ist. Zugegeben, anfangs fehlte mir eine übergeordnete Figur wie Nick Fury, die die Helden einberuft, um den übermächtigen Gegner zu besiegen. Wenn sich Matt, Jessica, Luke und Danny in Folge vier dann aber im Chinarestaurant an den Tisch setzen und aussprechen, zeigt sich, dass es durchaus spannend ist, dass vier so unterschiedliche Charaktere von sich aus zum Team werden. Mehr noch, diese Folge beantwortet die wichtigsten Fragen, die ich als Quereinsteiger hatte, insofern wäre es besser gewesen, dieses Treffen wesentlich früher in der Serie anzusiedeln.

Das zweite, fast noch größere Hemmnis ist der Gegner. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat die Geheimorganisation namens „The Hand“ in allen Serien außer „Jessica Jones“ bereits eine Rolle gespielt. Für mich als ausschließlich „Daredevil“-Guckerin war sie bislang kaum mehr als ein Schatten, ein Strippenzieher im Hintergrund, und ehrlicherweise fast der uninteressanteste Part der Serie, weil viel zu mystisch. (Ja, ich gehöre tatsächlich zu denen, die an „Daredevil“ das Realistische mögen.) Um aber zu erfahren, wie der Kampf gegen die „Hand“ ausgeht, was mit Elektra passiert ist, nachdem sie am Ende von Staffel zwei in diesen mysteriösen Sarg gesteckt wurde, und nicht zuletzt, wieso Matt zu Beginn der dritten Staffel vermutlich immer noch einigermaßen ramponiert sein wird – nun, um all das zu verstehen, bin ich gezwungen, „The Defenders“ zu schauen. Es mag der Versuch sein, Fans der einen Serie auch zu den anderen zu locken, aber das geschieht auf derart billige Art und Weise, dass ich es Marvel wirklich übel nehme. (Es hat ohnehin nicht funktioniert, ich werde jetzt vielleicht höchstens „Jessica Jones“ mal zu Ende gucken.)

Zum Glück für die Serie ist der Plot nicht alles, und gerade wenn es um das Zusammenspiel des unfreiwilligen Teams geht, macht „The Defenders“ alles richtig. Die vier Figuren sind dermaßen unterschiedlich, dass Konflikte programmiert sind, aber das ist niemals langweilig oder vorhersehbar, sondern entwickelt eine ganz eigene Dynamik, die stark von den Schauspielern lebt und so nicht planbar war. Speziell hervorheben möchte ich in dem Zusammenhang Charlie Cox und Krysten Ritter, die als Matt Murdock und Jessica Jones ein herrliches Gespann abgeben. Eigentlich sollten die Zwei eine gemeinsame Serie kriegen oder wenigstens einander in ihren Serien besuchen. Die Nebenfiguren hatten vergleichsweise wenig zu tun, wenngleich es nett war, dass so viele von ihnen trotzdem dabei waren, darunter auch so großartige Charaktere wie Claire Temple oder Foggy Nelson.

Letzten Endes geht „The Defenders“ der Event-Charakter ab, der im Vorfeld so sehr betont wurde. „The Hand“ erweist sich als zwar hartnäckiger Gegner, aber auch als einer, bei dem intern viel debattiert wird, was streckenweise ermüdend ist und auch durch das wie immer superbe Spiel von Sigourney Weaver nicht gerettet werden kann. Die Kampfchoreographien sind – wie von Marvel nicht anders zu erwarten – hervorragend inszeniert, doch sehen wir hier nichts wesentlich Neues, stattdessen wirken viele der Massenkämpfe nur chaotisch. Es ist, wenn ich das so zusammenfassen darf, eine okaye Miniserie, die Pflicht für alle sein dürfte, die auch nur eine der Einzelserien gucken – kurzweilig, witzig und ein bisschen überschätzt.