Star Trek: Picard | Absolute Candor (1×04)

„Total communication of emotion without any filter between thought and word. And it runs entirely counter to everything that the Romulans hold dear.“

Picard macht einen Abstecher nach Vashti, um sein Team zu vervollständigen. Spoiler!

You owe me a ship, Picard

Bevor sie nach Freecloud fliegen können, besteht Picard auf einem Abstecher nach Vashti. Vor vierzehn Jahren war er im dortigen Flüchtlingslager der Romulaner ein gern gesehener Gast und schloss Freundschaft mit einer Nonne des Qowat Milat sowie dem Waisenjungen Elnor. Als er nun dort landet, um eine der Nonnen als Kriegerin für seine Mission zu gewinnen, ist die Stimmung jedoch eine ganz andere. Die Romulaner machen ihn für ihre Lage verantwortlich und glauben, dass die Föderation von Anfang an vorhatte, ihren alten Feind in alle Winde zu zerstreuen und die romulanische Kultur zu zerstören.

Starke Folge mit nur einer Schwäche

Es hat seinen Grund, warum ich die wenigen Szenen im Borg-Kubus gar nicht erst in meiner Zusammenfassung erwähnt habe. Denn sie sind wirklich die einzige Schwäche an dieser ansonsten herausragenden Folge. Wir sehen mehr von dem Picard, dem die Heldenrolle so sehr zu Kopf gestiegen ist, dass er gar nicht verstehen kann, wieso ihn die Romulaner hassen. Und selbst wenn uns mit den Qowat Milat ein weiterer romulanischer Geheimorden um die Ohren gehauen wird, von dem wir nie zuvor gehört haben, gefällt mir das Konzept dahinter. (Mal ehrlich, wie könnte man Kriegernonnen auch nicht mögen?)

Picard: „I have to ask you, what made you decide to bind yourself to my cause?“
Elnor: „It met the requirements for worthiness and it seemed like you needed me after all.“
Jurati: „What is the requirement for worthiness?“
Picard: „The qalankhkai will only bind herself, himself, to a lost cause.“

Picards Heldenrolle wird weiter demontiert

Bleiben wir aber zunächst bei unserem Titelhelden. Ich schrieb bereits, dass ich es spannend finde, wie die Autoren den Mythos entzaubern, zu dem Picard geworden ist. Man mag es plakativ finden, dass er in den Rückblenden auf Vashti ausgerechnet in Weiß gekleidet ist, aber es unterstützt die Aussage. Er ist der große Retter, und weil die Romulaner ihn als solchen behandeln, glaubt er das schließlich auch selbst. Das Problem ist, dass er immer nur ein Rädchen im System war. Er war vielleicht die Galionsfigur der Rettungsmission, aber ohne die Ressourcen der Föderation blieb am Ende nichts als guter Wille und viele Versprechen, die er nicht einlösen konnte.

Man kann Picard sicher keinen Vorwurf machen, dass sich die Föderation zurückgezogen hat. Aber wie auch schon Raffi festgestellt hat, war es für ihn fast ein bisschen zu leicht, sich behaglich in den Ruhestand zurückzuziehen. „Because you could not save everyone, you chose to save no one“, bemerkt Zani an einer Stelle ganz richtig. Picard hat wegen eines angekratzten Egos erschreckend viele Leute im Stich gelassen.

Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass all das keine Erklärung für die Armut oder den Rassismus auf Vashti ist. Die Föderation hat die Romulaner vor dem sicheren Tod bewahrt. Damit hat sie ihre Pflicht erfüllt, und es wäre an den Romulanern selbst gewesen, sich ein neues Leben aufzubauen statt immer weiter auf Hilfe von außen zu vertrauen. Wer hat diese Leute daran gehindert, Vashti zu verlassen und irgendwo anders ihr Glück zu versuchen?

Der Sohn, den Picard nie hatte?

„Star Trek: Picard“ erzählt seine Geschichte auch weiterhin vergleichsweise langsam. Dennoch wirkt gerade die Story um Elnor und seine Beziehung zu Picard leider etwas gehetzt. Wir erhalten hier nur einen kurzen Einblick in die Kindheit Elnors und können zumindest vermuten, dass er in Picard so etwas wie eine Vaterfigur gesehen hat. Wie sehr sich dieses Bild in den letzten vierzehn Jahren verändert hat, erfahren wir allerdings nicht, denn trotz eines kurzen Wutausbruchs schließt sich Elnor der Sache am Ende an. Andererseits, vielleicht bietet das gerade Potenzial für kommende Konflikte. Schließlich ist Elnor, gemessen an der Lebenserwartung eines Romulaners, immer noch ein Kind und wahrscheinlich verzweifelt auf der Suche nach (männlichen) Vorbildern.

Picard: „And you would send him away? He might find himself in serious danger. He might die.“
Zani: „He will. Before that comes to pass, it would gladden my heart to see him live.“

Die Liebe in den Zeiten der Raumfahrt

Wahrscheinlich sollte ich nun doch noch auf Soji und Narek zu sprechen kommen. Im Grunde hätte man die Szenen aber sämtlich streichen können, denn sie verraten uns absolut nichts Neues. Soji rätselt weiterhin, was es mit Ramdha auf sich hat, und Narek nutzt das aus, um sie weiter zu verunsichern. Als Liebesgeschichte funktioniert das alles jedoch überhaupt nicht, und ich weiß nicht recht, ob er nur an der Banalität des Gezeigten liegt (auf Socken durch den Korridor rutschen, echt jetzt?) oder daran, dass es insgesamt nicht zur Story passt. Ich fürchte mittlerweile, es wird darauf hinauslaufen, dass sich Narek wirklich verliebt und die Seiten wechselt, was einfach nur langweilig wäre.

Absolute Notes

• Interessant fand ich, dass Rios meint, ein „Geldgeschenk“ sei immer hilfreich. Das ist eine krasse Abkehr von „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“, als es noch hieß, in der Zukunft gäbe es kein Geld mehr. (Eine Aussage, die bereits bei „Star Trek: Deep Space Nine“ deutlich relativiert wurde.)
• Apropos Rios, sein Spanisch sprechendes Hologramm Emmet war der Brüller! Ich las irgendwo die Theorie, dass auch der Captain ein Hologramm ist und das Schiff auf diese Weise versucht, über den Tod des echten Captains hinwegzukommen. Ich glaube zwar nicht, dass das stimmt, aber die Idee finde ich extrem originell!

5 von 5 Bananen, die immer die Wahrheit sagen.

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