Sleepy Hollow | Pilot (1×01)

Ichabod Crane verschlägt es aus dem Jahre 1781 unversehens in unsere Gegenwart, wo der Kopflose Reiter dem Örtchen Sleepy Hollow die Hölle heiß macht. Zunächst aber hat Ichabod noch mit den Tücken der Moderne zu kämpfen. Beware of Spoilers!

Ichabod Crane begegnet auf dem Schlachtfeld des Jahres 1781 einem scheinbar unsterblichen Reiter und schlägt ihm den Kopf ab, was diesen jedoch nicht am Weiterkämpfen hindert. Als nächstes wacht er in einer Höhle auf und muss bald darauf feststellen, dass er im 21. Jahrhundert gelandet ist – und der kopflose Reiter mit ihm. Ichabod gerät aufgrund seiner altmodischen Kleidung selbst unter Verdacht, kann aber das Vertrauen der jungen Polizistin Abbie Mills gewinnen, die den Kopflosen als Einzige ebenfalls gesehen hat. Sie setzt sich über die Anweisung hinweg, Ichabod in die Psychiatrie zu bringen, und nimmt ihre eigenen Ermittlungen auf.

Seien wir ehrlich, die Serie gewinnt keinen Preis in Sachen Originalität. Das meiste davon haben wir in irgendeiner Form schon mal irgendwo anders gesehen, doch das Setting und die exzellente Auswahl an Darstellern lässt einen beim Schauen kaum einen Gedanken daran verschwenden. „Sleepy Hollow“ nimmt sich nicht zu wichtig und versucht sich nicht an komplizierten Erklärungen, weshalb die Folge einer näheren Betrachtung wohl nicht standhalten würde, aber sie macht Spaß und Lust auf mehr.

Den Originaltext von Washington Irving habe ich nie gelesen, das muss ich an dieser Stelle sogleich klarstellen. Tatsächlich kann ich mich auch an die Verfilmung mit Johnny Depp nur schwach erinnern, meine aber, dass Ichabod Crane da ein rechter Feigling war. Der Ichabod in der Serie hat also nicht das geringste mehr mit der eigentlichen Figur zu tun, und man tut vermutlich gut daran, auch nicht allzu genau auf die Ursprünge zu schauen. Die Serie hat außer der Ausgangslage nichts mit der Kurzgeschichte zu tun und nutzt einen eigentlich ziemlich billigen Trick, um sich die Mühe zu ersparen, eine eigene Figur zu entwickeln. Das kann man als Schwäche empfinden, ich denke zu diesem Zeitpunkt erst mal, es kommt darauf an, was sie daraus machen. Der Ichabod Crane der Serie ist ein charismatischer Typ, der seine gesamte Vergangenheit in Frage gestellt sieht, als er erfährt, dass seine Frau eine Hexe war. Und dessen Zukunft ebenso unklar ist, denn wenn sein Leben durch die Vermischung ihres Blutes an die Existenz des kopflosen Reiters gebunden ist, dann wird er sich zwangsläufig irgendwann die Frage stellen, ob er ihn überhaupt töten will. (Unabhängig davon, dass der Reiter der Tod ist und de facto nicht getötet werden kann.)

Der größten Problematik der Idee begegnet die Pilotfolge mit bewundernswerter Nonchalance. Ein Mann des 18. Jahrhunderts landet in unserer Gegenwart? Okay, lassen wir ihn klischeehaft fast überfahren werden, dann darf er sich über eine Taschenlampe und die Verbreitung von Starbucks wundern, und dann ist’s auch erst mal gut. Es ist für mich völlig in Ordnung, wenn sie keinen Riesendeal daraus machen, sondern nur hier und da andeuten, es würde die eigentliche Geschichte sowieso nur aufhalten, wenn sich Ichabod über praktisch alles wundern würde, was unsere Welt ausmacht. (Abgesehen davon ist er ein für seine Zeit gebildeter Mann, er ist Geschichtsprofessor, und es wäre ziemlich out of character, wenn er alles Moderne als Teufelswerk sähe.) Einziger Minuspunkt ist vielleicht, dass zumindest mir nicht klar geworden ist, ob ihm Abbie seine Geschichte nun glaubt oder nicht. Interessant ist ihre Dynamik allemal, denn für Ichabod sind all diese Dinge wie die vier Reiter der Apokalypse oder Hexen völlig normal, er zitiert aus der Bibel wie aus einem Tatsachenbericht, während die rationale Abbie über seine Schlussfolgerungen nur den Kopf schütteln kann. (Da die Serienschöpfer Alex Kurtzman and Robert Orci heißen, die schon „Fringe“ verbrochen haben, ist diese Parallele zu „Akte X“ gewiss kein Zufall.)

„And when did it become acceptable for ladies to wear trousers?“ Wie sich Ichabod um Kopf und Kragen redet, war eigentlich das Highlight der Folge. Eine schwarze Frau als Polizistin? Oh, er war natürlich immer schon voll gegen die Sklaverei! Ja, Tom Mison ist süß, und dass Nicole Beharie deutlich kleiner ist als er, ist umso süßer. Apropos, bitte, bitte kommt nicht auf die Idee, Ichabod in moderne Kleidung zu stecken, der ist gut so wie er ist. Und seine Sprache, der Akzent, die Wortwahl, der höfliche Sarkasmus, alles großartig! Habt ihr das Straßenschild mit dem Reiter bemerkt, das genau an der richtigen Stelle abgebrochen war? „Put your hands on your …“ Hm, genau. Und was hat es mit dem Priester auf sich?

Wir können gespannt sein, wie sie die Serie aufbauen werden. Es scheint zumindest so, als wollten sie den Weg des Falls der Woche gehen und gleichzeitig die Mythologie um den Reiter sowie Ichabods Vergangenheit aufrollen, was für ein 40-Minuten-Format recht gewaltig ist. Doch wenn das Tempo und der Witz bleiben, bin ich dabei.

5 von 5 kopflosen Bananen.

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