The OA | Away (1×04)

Gemeinsam arbeiten die vier Gefangenen daran, mehr über die Experimente zu erfahren, die Hap mit ihnen durchführt, während sie bewusstlos sind. Spoiler!

Nachdem Prairie durch den Schlag auf den Kopf erneut gestorben ist, trifft sie Khatun wieder, die sie wiederum vor die Wahl stellt, zu bleiben und mit ihrem Vater wiedervereint zu werden, oder zurückzukehren. Aus Pflichtgefühl gegenüber ihren Mitgefangenen kehrt Prairie zurück, kann nun aber sehen, was sie Hap wohlweislich verschweigt, als der sie über ihre Nahtoderfahrung ausfragt. Als die vier herausfinden, dass das Gas, das sie regelmäßig ausknockt, nicht nur ihr Gedächtnis löscht, sondern sie auch gefügig macht, entwickeln sie einen tollkühnen Plan, um es Homer zu ermöglichen, bei den Experimenten wach zu bleiben.

Ich wusste im Grunde von Anfang an, dass es eine Herausforderung wird, „The OA“ zu reviewen, doch je tiefer ich in die Mythologie der Geschichte vorstoße, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass es nicht das Surreale, fast Märchenhafte ist, das es so schwierig macht. „Away“ konzentriert sich stärker als die vorherigen Folgen auf das zentrale Thema der Serie, das Leben nach dem Tod – und das ist eine zutiefst persönliche Angelegenheit. Jeder hat seine eigene Vorstellung davon, was nach dem Tod passiert, und das kann mit religiösen Ansichten ebenso eng verknüpft sein wie mit der Erziehung oder Erfahrungen, die man im Leben gesammelt hat. Es gibt keine allgemeingültige Antwort, und es ist „The OA“ anzumerken, dass sich die Autoren dessen absolut bewusst sind.

Auch die Protagonisten erleben das unterschiedlich und verbinden andere Gefühle damit, gemäß ihrer eigenen Persönlichkeit. Als Prairie diesmal im Nachleben erwacht, befindet sie sich in der Natur, an einem wunderschönen und friedlichen Ort, an dem sie Ruhe und Geborgenheit findet. Khatun erlebt sie als universelle Mutter, die sich sorgt, aber auch herausfordert. Und so, wie wir Prairie bisher kennengelernt haben, ist es absolut glaubwürdig, dass ihre Rückkehr auf ihrer eigenen Entscheidung beruht, dass sie bereit ist, die Ewigkeit mit ihrem Vater aufzugeben, um den anderen zu helfen.

Homer auf der anderen Seite ist eine getriebene Seele, jemand, der hohe Maßstäbe an sich selbst stellt, für den Scheitern keine Option ist. Die Tatsache, dass er immer und immer wieder versucht, der Prozedur von Hap bei wachem Verstand standzuhalten, sagt viel über ihn aus. Es ist interessant, dass dieser Ehrgeiz in der vorherigen Folge noch als selbstsüchtig dargestellt wurde, während hier eine deutliche Verschiebung stattfindet. Aber es passt eben auch zu seinem Charakter, dass sein Nachleben geradezu wie eine Fortsetzung, wenn nicht gar Verstärkung seiner Gefühle im Leben wirkt. Er fühlt sich verfolgt und ist an einem kalten und sterilen Ort gefangen, der sich wie ein Labyrinth ohne Ausgang vor ihm erstreckt.

Aber es ist die Erkenntnis, dass Hap diese jungen Menschen immer und immer wieder tötet, die mich am meisten getroffen hat. Prairie nennt seine Forschung an einer Stelle ein Stochern im Dunkeln, und das umschreibt es tatsächlich erstaunlich gut. Er weiß eigentlich nicht, wonach er sucht, geschweige wenn, wie er es finden kann, denn mit seiner Methode kann er lediglich die körperlichen Auswirkungen davon messen. Das, was ihm die Arbeit erleichtert, nämlich das emotionale Ausbeuten seiner Testobjekte, verbaut ihm zugleich die Chance, wirkliche Fortschritte zu machen, denn wie wir als Zuschauer wissen, wäre er darauf angewiesen, dass ihm die vier erzählen, was sie erleben. Dass sie sich vor allem überhaupt daran erinnern. Es wäre interessant, Haps Gedankengänge zu verfolgen, in diesem Punkt zeigt sich die Schwäche der von „The OA“ gewählten Erzählweise allein aus Sicht von Prairie.

„His experiment is our way out.“ Alles, was wir bisher erfahren haben, dreht sich um die innere Entwicklung der vier Gefangenen, um ihre spirituelle Reise, wenn man so will. Prairie aber deutet an, dass ihr Ziel nicht sein muss, Hap oder seinen Versuchen zu entkommen, vielmehr stellt sie fest: „We have to try to get in.“ Einen ersten Schritt haben sie gemacht, indem es Homer schließlich gelingt, die Prozedur ohne den Einfluss von Drogen zu erleben und sich an sein Erlebnis zu erinnern. Wie aber soll ihnen das nützen?

In der Gegenwart erfahren wir diesmal auch ein wenig mehr über Theo, den verstorbenen Zwillingsbruder von Betty, der Lehrerin. Er war offenbar drogenabhängig, und sie hat dafür gesorgt, dass er in die Entzugsklinik kam, wo er dann gestorben ist. Ich denke, wir sollten bei der Information aufhorchen, dass er ihr Zwilling war, sie selbst erwähnt an einer Stelle diese besondere Verbindung. Womöglich kann ihr Prairie am Ende helfen, Kontakt zu ihm aufzunehmen und einen Abschluss zu finden.

„It’s a name truer than Prairie. Nina even.“ Die Serie erlaubt sich merklich einige erzählerische Freiheiten, die auf Kosten der Logik gehen, dass es Hap aber geschafft haben soll, Prairie so schnell einzuholen, nachdem sie ihn die Treppe runter gestoßen hat, ist einfach lächerlich. Haps Experiment erinnerte mich fatal an „Stranger Things“, und welch ein Zufall, Jesse und seine Schwester schauen in dieser Folge exakt diese Serie! Prairie spricht mit einem Berater vom FBI, der ihr offenbar wirklich helfen will. Und da fragte ich mich unwillkürlich, ob die anderen drei eigentlich immer noch bei Hap gefangen sind, denn dann wäre es doch gut, wenn sie ihm die Wahrheit sagen würde, oder? Hab ich das mit den drei Jahren richtig verstanden? Was hat es mit dem Verschlingen lebender Tiere auf sich? Und wir erfahren ansatzweise, wieso sich Prairie in der Gegenwart OA nennt, als sie Homer zu erklären versucht, dass der Name dessen, was in ihr drin schlummert, so ähnlich klingt wie „away“.

5 von 5 gefügig gemachten Bananen.

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