The Orville | Gently falling Rain (3×04)

„You never want to underestimate a populist movement. Emotions can be more persuasive than thoughts.“

Die Orville fliegt zur Vertragsunterzeichnung nach Krill, wo gerade wichtige Wahlen anstehen. Wirklich kein Grund zur Sorge? Spoiler!

Krill comes first!

Nach erfolgreichen Verhandlungen soll die Orville den Präsidenten der Planetary Union zur Vertragsunterzeichnung auf die Heimatwelt der Krill bringen. Dort stehen gerade Wahlen an, doch Kanzler Korin hat trotz viel Zuspruch für seine Gegnerin Teleya keine Sorge, dass er den Posten behalten wird – ein fataler Irrtum. Kurz darauf gewinnt Teleya mit ihrem harten Anti-Unions-Kurs die Wahl und tötet Korin. Auch die Delegation von der Union soll am nächsten Tag hingerichtet werden, was Captain Mercer wenig Zeit lässt, um an Teleyas Gnade zu appellieren. Immerhin hat er sie damals auch gehen lassen …

Falscher Fokus bei einer ansonsten guten Geschichte

„Gently falling Rain“ ist eine für „The Orville“-Verhältnisse recht komplexe Folge. (Und passt zu meinem Eindruck, dass die dritte Staffel fast schon Reboot-Charakter hat und tonal oft nicht mit den ersten beiden übereinstimmt.) Natürlich ist ein gewisses Framing nicht zu ignorieren: Die Krill sind religiöse Fanatiker und lassen sich deshalb von einer Populistin aufstacheln. In erster Linie aber fürchten sie den Verlust ihrer Identität und Kultur, was ein interessantes Thema gewesen wäre, wenn man sich nicht so auf den Hinrichtungsplot fokussiert hätte.

„The Chancellor would have you believe that this treaty protects us. But in truth, it weakens us. It demands we surrender our divine right to expand our territory. It forces us to protect other worlds at the risk of our own, to spill our blood, to expend our resources for their benefit!“

Diplomatie ist nicht die Stärke der Krill

Wenn ich ehrlich bin, habe ich das Gefühl, dass man sich mit einer ehrlichen Besprechung von „Gently falling Rain“ nur in die Nesseln setzen kann. Das ist nur bedingt die Schuld der Folge, auch wenn natürlich einzelne Aspekte überbetont werden, was es schwer macht, unemotional über den Kern der Sache zu sprechen. Ich versuche es also einmal mit einer strikten Trennung der zwei Plots und bitte um Nachsicht, falls das nicht vollständig gelingt.

Der „einfachere“ Plot lässt sich recht schnell abhandeln: Es steht außer Frage, dass man nicht einfach Diplomaten anderer Planeten hinrichten kann, bloß weil man deren Ansichten nicht teilt. In der Hinsicht bekleckert sich Teleya auch nicht mit Ruhm, wenn sie Mercer zu retten versucht, denn im Prinzip scheint sie dieses Vorgehen also für richtig zu halten. Hätte man sich auf Seiten der Krill an die Regeln der Diplomatie gehalten, wäre der ganze Konflikt vermeidbar gewesen und alle wären friedlich ihres Weges gegangen – nur eben ohne Vertrag.

Eine demokratische Entscheidung

Komplizierter wird das Ganze, wenn man die rein politische Aussage betrachtet. Dem Zuschauer wird eigentlich von Beginn an vorgekaut, dass der „liberale“ Korin der Gute und die „populistische“ Teleya die Böse ist. Ich habe nie verstanden, wieso Populismus eigentlich so negativ konnotiert ist, denn im Wortsinn bedeutet es ja nichts anderes als die Umsetzung von Volkes Willen. Verkürzt formuliert: Korin ist ein Politiker, der dem Volk seine Meinung aufzwingen will, Teleya hingegen hört auf die Meinung des Volkes. Was ist jetzt demokratischer?

Wie gesagt, ohne die ganzen Nebenschauplätze wäre die Geschichte eindeutig. Die Krill wollen keine Allianz mit der Union und haben das in demokratischer Wahl zum Ausdruck gebracht. Das mag die Union rückständig und bigott finden, aber die inneren Angelegenheiten Krills gehen sie nichts an. Impliziert wird indes: Wir sind besser. Und wir Zuschauer müssen das so hinnehmen, weil die Bedingungen des Vertrages nicht thematisiert werden. Vielleicht haben die Krill ja allen Grund, eine Verwässerung ihrer Kultur zu fürchten? Vielleicht hat eine Allianz für sie keine Vorteile und nur jede Menge Pflichten?

„What is it the Anhkana teaches? With every child, a new world is born.“

Eine Geschichte in mehreren Akten

Faszinierend ist, wie sehr sich „The Orville“ in dieser Staffel darum bemüht, an frühere Folgen anzuknüpfen. Eigentlich findet die Serie damit erst jetzt ihre Stimme, weil Geschichten über einen längeren Zeitraum verfolgt werden. Im Falle von Teleya geht das sogar noch auf die erste Staffel zurück, als wir ihr in „Krill“ zum ersten Mal begegnet sind. Aber es sind vor allem die Ereignisse der zweiten Staffel und speziell „Nothing left on Earth excepting Fishes“, die zu den aktuellen Entwicklungen geführt haben.

Und die Geschichte ist auch spürbar nicht auserzählt, denn da ist immer noch Anaya, die Tochter von Teleya und Mercer. Eigentlich ist es ein bisschen gemein, dass man sie einfach so in den Mix wirft, ohne jede vorherige Andeutung. Aber ich finde, sie haben das Dilemma gut gelöst, denn es wäre für Mercer ein Leichtes, sie für seine Zwecke zu nutzen, was er aber klar ablehnt. Anaya ist sicher nicht der große Gamechanger, der die Gesellschaft der Krill von heute auf morgen umkrempelt, aber sie ist ein Zeichen der Hoffnung.

Gently falling Notes

• Ich weiß den Insidergag ja zu schätzen, dass Bruce Boxleitner, der damals bei „Babylon 5“ als Präsident der Interstellar Alliance endete, hier den Präsidenten der Planetary Union spielt. Aber musste man ihn wirklich in eine Maske packen, unter der man ihn faktisch nicht erkennt?
• Amüsant auch, wie ich seinerzeit bei „Nothing left on Earth excepting Fishes“ schrieb, es würde bestimmt Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft der Krill haben, dass Mercer Teleya gehen lässt. Und siehe da, ich hatte recht, auch wenn der Effekt ein anderer war als erwartet.

4 von 5 demokratisch gewählten Bananen.

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