The OA | Invisible Self (1×08)

OA kann gerade noch ihre Erzählung beenden, bevor sie von ihren Eltern fortgeschafft wird. Ihre Freunde wollen deshalb beweisen, dass alles wahr ist. Spoiler!

Um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, erzählt Hap dem Sheriff, dass er einen Weg gefunden hat, seine Frau zu heilen. Tatsächlich gelingt OA und Homer das Kunststück, und sie erhalten von ihr endlich die fünfte Bewegung, bevor Hap den Sheriff und dessen Frau erschießt. Da auch er nun die letzte Bewegung kennt, setzt er OA mitten im Nirgendwo aus, da es ihm zu gefährlich erscheint, die Gruppe zusammen zu lassen. Kaum hat OA ihre Geschichte beendet, finden ihre Eltern sie in dem verlassenen Haus und bringen sie fort. Ihre fünf neuen Freunde suchen nun nach Beweisen, dass ihre Geschichte stimmt, finden dabei aber genau das Gegenteil.

Um ganz ehrlich zu sein, ich habe das Gefühl, dass ich, egal was ich schreibe, der Serie nicht gerecht werde. Obwohl ich das gewöhnlich nicht mache, bevor ich meine eigenen Gedanken zu Papier gebracht habe, habe ich diesmal einige Reviews zur Folge gelesen – und die könnten unterschiedlicher kaum ausfallen. Während die einen sagen, dass das Ende von „Invisible Self“ die ganze Serie ruiniert, die nichts weiter als ein prätentiöses Filmexperiment war, sind die anderen hingerissen von der Stärke und bezeichnen „The OA“ als Parabel für die Macht des Geschichtenerzählens. Irgendwo zwischen diesen beiden Extremen muss ich wohl meine Reaktion einordnen.

Die zentrale Frage, die in „Invisible Self“ (womöglich etwas spät) aufgeworfen, aber in letzter Konsequenz nicht beantwortet wird, lautet: Ist irgendetwas von dem, was OA erzählt hat, wahr? Alfonsos Fund ist ambivalent; die Bücher könnten sowohl darauf hindeuten, dass sich OA damit die nötigen Informationen für ihre fantastische Geschichte beschafft hat, es ist aber ebenso möglich, dass sie über Themen lesen wollte, die sie nun eben beschäftigen. (Eines sollte man jedoch bedenken: OA hat unseres Wissens nach niemals gelernt, Buchstaben zu lesen, sondern nur Braille-Schrift.) Es gab innerhalb der Serie mehr als genug Hinweise, dass OA psychische Probleme hat. Niemand kann ausschließen, dass sie sich all das nur ausgedacht hat, um das wahre Trauma ihrer Entführung zu verarbeiten. Immerhin ist nicht von der Hand zu weisen, dass explizit der Teil ihrer Kindheit in Russland ein bisschen sehr märchenhaft klingt. Nina, die kleine Prinzessin. Ich verwies auch darauf, dass wir die Geschichte nur aus der Sicht von OA erleben, und entsprechend ist vielleicht sogar ihre Interpretation von Hap bereits geschönt. Womöglich war es für ihr emotionales Überleben wichtig, ihrer Gefangenschaft einen Sinn zu verleihen, und da scheint wissenschaftliche Forschung doch eine gute Wahl.

Es gibt also mehr als genug Argumente, die dafür sprechen, dass OA nichts als eine psychisch angeschlagene Frau ist. Das Absurde ist, dass es sich nicht so anfühlt. Selbst ihre fünf Zuhörer, die schließlich mit der Sache abgeschlossen haben, wischen im Moment größter Verzweiflung alle Bedenken zur Seite und verlieren sich in den Bewegungen, die OA ihnen beigebracht hat. Es rettet ihnen das Leben, wenngleich nicht so, wie sie es sich vorgestellt haben. Und ob es ihnen gelungen ist, für OA einen Tunnel in eine andere Dimension zu öffnen, lässt die Serie bewusst offen. Ein Teil von mir hat Angst, dass die geplante zweite Staffel diesen starken Schluss nur verwässern kann.

Dass ich die Serie für eine der besten halte, die in den letzten Jahren produziert wurden, kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Autoren offenbar der Meinung sind, dass Kunst ohne Handwerk auskommt. Handwerklich weist „The OA“ einige frustrierende Schwächen auf, die vermeidbar gewesen wären. Am offensichtlichsten ist das beim Thema der offenen Türen, weil das zu Beginn ein so wichtiger Punkt zu sein schien, nur um dann komplett in Vergessenheit zu geraten. Und bei aller Liebe, es ist absolut unglaubwürdig, dass eine Mutter nicht nur vor ihrem Mann, sondern auch vor der Polizei die Abschiedsnotiz ihrer Tochter verschweigt – und das für sieben Jahre! Viele andere Kleinigkeiten mussten wir einfach hinnehmen, um die Story voranzubringen, obwohl sie letzten Endes totaler Humbug waren.

„She told us a story. It wasn’t true.“ Ob die Sache wirklich anders gelaufen wäre, wenn OA auf Homer gehört und die Frau des Sheriffs nicht geheilt hätte? OA gibt erstmals zu, dass sie Homer liebt. Nancy hat meiner Meinung nach selbst ernsthafte Probleme, denn „I thought because she was blind she would need me forever“. Wieso sieht Alfonso Homer im Spiegel, als er in OAs Haus ist? Und was zum Teufel wollte der FBI-Typ dort? Der Anblick von OAs Fußfessel war von allem fast am bedrückendsten.

4 ½ von 5 vielleicht nur ausgedachten Bananen.

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