Star Trek: Picard | Imposters (3×05)

„Starfleet is compromised. At the highest level.“

Picard und seinen Mithelfern droht ein Verfahren wegen Hochverrat. Beverly entdeckt Erstaunliches über die Formwandler. Spoiler! (Ernsthaft, Leute!)

It’s evolution

Nachdem Captain Shaw den Vorfall im Ryton-System der Sternenflotte gemeldet hat, wird die Titan von der USS Intrepid abgefangen. Picard, Riker und Seven droht eine Anklage wegen Hochverrats, doch als ausgerechnet Commander Ro Laren zur Befragung an Bord kommt, ist Picard außer sich. Währenddessen führt Beverly eine Autopsie an dem getöteten Formwandler durch und entdeckt, dass sie sich offenbar weiterentwickelt haben und nun in der Lage sind, sogar Organe und Blut perfekt nachzubilden. Und das bedeutet, dass wirklich jeder ein Formwandler sein könnte. Worf und Raffi suchen nach einer Möglichkeit, ins Daystrom Institute zu gelangen.

Eine gänzlich unerwartete Rückkehr

Diese Staffel von „Star Trek: Picard“ macht Fanträume wahr und erzählt gleichzeitig mit bemerkenswerter Leichtigkeit eine spannende Geschichte. Wieso eigentlich war das in den vorangegangenen zwei Staffeln nicht möglich? „Imposters“ jedenfalls war mit der Rückkehr von Ro Laren etwas wirklich Besonderes für mich und mit so vielen persönlichen Gefühlen verbunden, dass meine Wertung einigen vielleicht zu enthusiastisch ist. Aber das hier ist plötzlich wieder mein „Star Trek“, und das überfordert mich fast ein bisschen. 😅

Picard: „I believed in you.“
Ro: „Only when it was easy for you. If I meant so much, you would’ve understood.“
Picard: „You broke my heart.“
Ro: „And you broke mine.“

Wie Ro Laren mein dreizehnjähriges Ich prägte

Für alle, die es noch nicht wissen: „Star Trek: The Next Generation“ war die erste Serie aus dem Franchise, die ich als Kind sah. Es mag nicht meine liebste sein, aber sie bildet das Fundament und hat mich einfach menschlich unheimlich geprägt. Die Geschichte um die Bajoranerin Ro Laren war 1994 der letzte große Story Arc vor dem Serienfinale und diente auch der Vorbereitung von „Star Trek: Deep Space Nine“, das sich anschließend ja sehr stark auf Bajor fokussierte. Ursprünglich war sogar geplant, dass Ro als Bindeglied zur neuen Serie wechselt, doch Michelle Forbes wollte sich damals nicht langfristig an eine Serie binden.

Das erklärt auch, warum es einige Parallelen zwischen den Figuren Ro Laren und Kira Nerys gibt – und wahrscheinlich auch, warum ich beide so sehr schätze. Ro war eine neue Art von Charakter in „Star Trek“, mit Ecken und Kanten und einer aufmüpfigen Attitüde, die nicht so recht zur Sternenflotte passen wollte. Wie gesagt, mir ist bewusst, dass das mein persönliches Empfinden ist und die Figur für andere Zuschauer nur eine unter vielen war. Für mich als damals Dreizehnjährige war sie jemand, mit dem ich mich identifizieren konnte, und weil Picard gleichzeitig mein Kindheitsheld war, tat mir der Bruch zwischen ihnen extrem weh.

Geschicktes Spiel mit Ungewissheiten

Dass dieser Fallout noch mal irgendwann aufgearbeitet wird, hätte ich nie zu träumen gewagt. Das Beste aber ist, dass wir nicht nur eine wunderbar emotionale Katharsis erleben (wenn ihr mich fragt, toppt dieses Gespräch das zwischen Picard und Beverly um Längen), sondern Ros plötzliches Auftauchen auch praktisch den ganzen Plot trägt. Natürlich denken wir sofort, dass sie ein Formwandler sein muss. Wie könnte das auch sein, dass sie, die Verräterin, plötzlich Commander ist? Und als Beverly herausfindet, dass ein Bluttest bei diesen Formwandlern kein Beweis mehr ist, scheint die Sache klar zu sein. Auch für Picard.

Ohne meine Kritik von letzter Woche zurücknehmen zu wollen, bin ich mit der Erklärung einer Evolution bei den Formwandlern einverstanden. Vor allem, weil das erzählerisches Potenzial bietet, denn wenn es keinerlei biologische Unterscheidungsmöglichkeiten mehr gibt, legt das den Fokus aufs Psychologische. Picard und Ro legen im Gespräch praktisch ihre Seelen bloß, nur dadurch wissen sie, dass sie wirklich sind, wer zu sein sie vorgeben. Kompromisslose Ehrlichkeit, um einander vertrauen zu können … das klingt, als könnten wir uns noch auf einige unbequeme Wahrheiten zwischen den Figuren freuen.

Shaw: „They might remember that time that someone hot dropped the saucer section of the Enterprise-D on a planet. Or that time that someone threw the Prime Directive out the window so they could snog a villager on Ba’ku. Or the time that you boys nearly wiped out all of humanity by creating a time paradox in the Devron System. Basically, when it comes to rescues from danger, you two have a real chicken and egg thing happening.“
Picard: „Those were the days.“

Die zwei Geschichten finden zusammen

Erfreulicherweise werden die beiden Handlungsstränge im Zuge dessen auch endlich zusammengeführt. Denn wie sich am Ende herausstellt, ist Worfs Kontakt bei der Sternenflotte Ro Laren. Zuvor allerdings spüren er und Raffi erst mal einen Vulkanier namens Krinn aus dem Dunstkreis von Sneed auf. Bei dem Zusammentreffen gab es für meinen Geschmack ein paar Wendungen zu viel, vor allem Worfs vermeintlicher Tod überzeugte mich keine Sekunde, weil mir klar war, dass man den Charakter niemals so nebenbei killen würde. Aber die Story kommt voran, denn von Krinn erhalten sie ein Gerät, mit dem sie ins Daystrom Institute gelangen können.

Der Plan, Version 2.0

Pünktlich zur Halbzeit der Staffel wird nun auch etwas klarer, worum es im Wesentlichen geht. Ro sagt, die Sternenflotte sei bis in die höchsten Ränge von Formwandlern unterwandert. Das ist keine weltbewegend neue Idee, so ehrlich müssen wir sein, denn das war im Grunde schon bei „Star Trek: Deep Space Nine“ ihr Plan. Doch für mich stellt sich langsam wirklich die Frage, wie groß diese angebliche Splittergruppe der Founder eigentlich ist. Vor allem aber, wer hier die Strippen zieht.

In einem anderen Punkt tappen wir hingegen weiter im Dunkeln, denn was mit Jack los ist, kann ich beim besten Willen nicht erklären. Er hat diese merkwürdigen Visionen und Träume (die Worte „connect us“ und „I know what you really are“ halte ich in dem Zusammenhang für besonders wichtig). Und als er die vier Formwandler tötet, scheint er fast in einen anderen „Modus“ zu schalten. Immerhin vertraut er sich endlich seiner Mutter an, das ist ein Fortschritt. Aber sagt mal ehrlich, habt ihr nicht auch das Gefühl, dass Beverly mehr weiß, als sie ihm gegenüber zugibt?

Fake Notes

• Wenn man bedenkt, dass die dritte Staffel zusammen mit der zweiten gedreht wurde, also irgendwann zwischen April 2021 und März 2022, kann man vor allen Beteiligten nur den Hut ziehen, dass sie es geschafft haben, das Casting von Michelle Forbes bis zur Ausstrahlung geheimzuhalten. Meine exakten Worte zum Fernseher waren: „Scheiße, nein!“
• Krinn war auch eine Freude, weil er von Kirk Acevedo gespielt wird, den ich letztens bei meinem „Fringe“-Rewatch wieder zu schätzen gelernt habe. Und ein Vulkanier als Gangsterboss ist immerhin mal was Neues.
• Meine Lieblingsszene: Shaw, Picard und Riker im Turbolift auf dem Weg zur Befragung, und Shaw summt freudig vor sich hin. Bitte gebt dem Mann ein Spin-off!
• „Ro, I do see you. Everything. Forgive me. It’s only now.“ Schnüff, diese Serie bringt echt zu viele der alten Figuren um.

5 von 5 Bananen, die ihren Ohrring nicht mehr tragen.

Vorherige Folge
Nächste Folge
Zurück zur Staffelübersicht