Star Trek: Strange new Worlds | Those old Scientists (2×07)

„Sometimes I wish I could have lived back then.“

Bei der Erforschung eines Portals purzelt der Crew der Enterprise Ensign Boimler entgegen – aus der Zukunft. Spoiler!

You guys look … very realistic

Die Cerritos untersucht ein vermeintlich inaktives Portal auf Krulmuth-B. Dabei wird es versehentlich ausgelöst und schleudert Ensign Boimler gute 120 Jahre in die Vergangenheit, wo die Enterprise gerade dasselbe Portal erforscht. Boimler kann sein Glück kaum fassen, endlich kann er all seine Idole treffen! Doch die Ernüchterung folgt schnell, denn auch Pike und seine Crew sind nur normale Offiziere, die einfach ihre Arbeit machen. Beim Versuch, ihn in seine Zeit zurückzuschicken, landet dann auch noch Ensign Mariner in der Vergangenheit. Nun haben sie ein echtes Problem, denn die Energie des Portals ist aufgebraucht.

Triff niemals deine Helden

„Those old Scientists“ ist mehr als nur die lang erwartete Crossover-Episode zwischen „Star Trek: Strange new Worlds“ und „Star Trek: Lower Decks“. Es ist eine Metapher für uns Fans, die wir erbitterte Streits über den Kanon führen und unbedeutende Details zu riesigen philosophischen Paradigmen aufblähen. „Those old Scientists“ ist nicht „Trials and Tribble-ations“, spielt aber definitiv in der gleichen Liga, denn auch wenn vieles einfach nur lustig ist, erhalten unsere Helden durch den Besuch aus der Zukunft unerwartete Denkanstöße. Einzig die Auflösung ging mir ein wenig zu schnell, da wollte man wohl wirklich keine Zeit verschwenden.

Boimler: „This era’s weird.“
Mariner: „I know. Have you noticed how slow everybody talks?“
Boimler: „Yeah, and quietly.“

Das Beste aus beiden Welten

Kurz zur Einordnung: Ich habe zwar niemals Reviews dazu geschrieben, aber bisher alle Staffeln von „Lower Decks“ geschaut. Das heißt, ich bin grundsätzlich mit dem Tonfall und den Insidergags vertraut. Das ist meines Erachtens hier absolut essenziell, weil der überzeichnete Stil der Folge daher stammt und nicht typisch für „Strange new Worlds“ ist. Vor allem Jack Quaid gelingt die Übertragung seiner animierten Figur Boimler in eine Person aus Fleisch und Blut dennoch unfassbar gut – seine Unbeholfenheit, seine kindliche Begeisterung für alles, was mit der Sternenflotte zu tun hat, selbst seine Körpersprache.

Es ist ein lange überwundenes Klischee, dass gezeichnete Figuren keinen Tiefgang besitzen können, doch allein der Schritt von einer Comedy-Serie zu einem im Kern ernsthaften Science-Fiction-Drama ist gewaltig. Im direkten Vergleich wirken die Figuren bei „Lower Decks“ simpler, ein spannender Effekt von „Those old Scientists“ aber ist, dass dieser Eindruck irgendwann nachlässt. Boimler wächst über sein gezeichnetes Alter Ego hinaus. Bei Mariner hat das übrigens nicht ganz so gut funktioniert, aber das mag an mir selbst liegen, Boimler steht mir charakterlich einfach näher.

Beide Seiten lernen voneinander

Natürlich ist „Those old Scientist“ zuerst und vor allem eine Gimmick-Episode: Das Crossover ist die Story. Doch wie den besten ihrer Art, gelingt der Folge gleichzeitig das Kunststück, die zugrundeliegende Erzählung voranzubringen. In diesem Fall, weil wir keine durchlaufende Handlung haben, betrifft das die Charakterentwicklung – womit wir den Bogen zum eingangs erwähnten „triff niemals deine Helden“ schlagen. Boimler und Mariner haben eine von Geschichtsbüchern kuratierte Vorstellung von der Crew der Enterprise. Die Realität ist in gewisser Weise ernüchternd, lässt sie die Menschen (und Vulkanier) dahinter am Ende aber erst wirklich wertschätzen.

Beim Gegenüber ist der Eindruck wahrscheinlich sogar noch tiefer, denn Pike, Uhura, Spock und all die anderen werden mit einer Version von sich konfrontiert, die ihrer eigenen Wahrnehmung widerspricht. Am meisten trifft das vielleicht auf Uhura zu, die eben (noch) nicht die selbstbewusste Frau ist, die ein Vorbild für Mariner war. Dieses Wissen aber öffnet für Uhura eine Tür und lässt sie entspannter in die Zukunft blicken. Das traurige Gegenbeispiel ist Chapel, die durch Boimlers unsensibles Geplapper erfährt, dass sie keinen langfristigen Effekt auf Spocks Leben haben wird. Wie wird das die gerade erst aufblühende Beziehung wohl beeinflussen?

„Sir, there has to be a peaceful solution. And I know diplomacy is one of your many, many strengths. That and patience, forgiveness, benevolence … really great hair?“

Keine allzu anspruchsvolle Story

Erwartungsgemäß lässt sich der Plot der Folge in wenigen Worten zusammenfassen, da er im Grunde nur einen Unterbau für die verschiedenen Interaktionen liefert. Das Portal macht, was Portale so machen, die Orions sind nur da, um Tendi irgendwie einbauen zu können, und dass sie die Lösung des Problems am Ende im Fußboden des Maschinenraums finden, nun, das ist schon sehr gefällig. Ein paar Minuten mehr Laufzeit hätten der Geschichte vielleicht ganz gut getan, damit das Ende nach all dem Klamauk nicht gar so gehetzt wirkt.

Hervorheben möchte ich Spocks und Boimlers Versuch, Horonium künstlich herzustellen. Hier wird nämlich ganz wunderbar mit unser Vorstellung einer weniger kultivierten Vergangenheit gespielt. Die beiden tragen bei dem Versuch Gummischürzen, lange Handschuhe und dunkle Schutzbrillen – und natürlich fliegt ihnen das halbe Labor um die Ohren. Kurzum, es wirkt alles herrlich provisorisch und damit genau so, wie sich Boimler sein „golden age of exploration“ vermutlich vorgestellt hat.

Those old Notes

• Der Folgentitel bzw. seine Abkürzung TOS ist natürlich eine liebevolle Hommage an die Originalserie. Aber dass der deutschen Synchro wirklich nicht Besseres als „Tierisch olle Sternenreisende“ eingefallen ist, um das Akronym zu treffen, finde ich etwas enttäuschend.
• „It’s just the right shade of gray“ ist Boimler wie er im Buche steht. Und natürlich sein „Riker!“, als er auf Pikes Sattel steigt.
• Seine Begeisterung für den Tricorder erinnerte mich übrigens stark an Dax, die in „Trials and Tribble-ations“ vom klassischen Design des 23. Jahrhunderts schwärmt. Das war Absicht, oder?
• Der subtilste und gleichzeitig beste Witz der Folge war meiner Meinung nach, dass Uhura ewig mit der Übersetzung der Inschrift auf dem Portal kämpft, und sie dann sinngemäß lautet „this is a time portal“. Weil, yeah, realistisch.
• Schön, dass man uns zum Schluss noch eine animierte Version der Enterprise-Crew gönnt, aber Pikes Haar hatte nicht ansatzweise genug Fluff, wenn ihr mich fragt.

4 ½ von 5 Bananen bei Pikes Überraschungsparty. (Hot Spock agrees with me.)

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