Westworld | Trompe l’Oeil (1×07)

„At first, I thought you and the others were gods. Then I realized you’re just men.“

Im Machtkampf zwischen dem Aufsichtsrat und Robert gerät ausgerechnet Bernard zwischen die Fronten. Unterdessen plant Maeve schon ihre Flucht aus dem Park. Spoiler!

William und Dolores sind noch immer mit El Lazo im Zug unterwegs, bis sie von Konföderierten angegriffen werden und ihre Reise mit Pferden fortsetzen müssen. Sie entkommen nur knapp und finden ein Tal, das Dolores nur wenige Stunden zuvor vermeintlich aus ihrer eigenen Fantasie gezeichnet hat. Derweil plant der Aufsichtsrat, Robert in den Ruhestand zu schicken, und es ist Charlottes Aufgabe, zu verhindern, dass er vorher irgendwelche Codes löscht.

Vergleichsweise ruhig erzählt, wartet diese Folge erst am Ende mit einer großen Überraschung auf und bestätigt damit eine der vielen Theorien, die schon seit Beginn der Serie durchs Netz geistern. Leider ist der Plot um Dolores und William, der anfangs noch am vielversprechendsten schien, derweil zum Füller verkommen. Zwar ist die Liebesgeschichte zwischen den beiden wunderschön erzählt, doch ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie irgendwie überhaupt nicht vorankommen.

„The longer I work here, the more I think I understand the hosts. It’s the human beings who confuse me.“ Dass Bernard in der Tat selbst ein Android ist, war für mich nicht mehr so die ganz große Enthüllung, hatte ich meinen diesbezüglichen Verdacht doch schon in der Folge „The Stray“ geäußert. Nichtsdestotrotz war die Sequenz großartig erzählt, bis hin zu dem Detail, dass Bernard die Tür nicht sieht, weil er sie laut Programmierung gar nicht sehen darf. Und dann der Horror in Theresas Gesicht, als sie Bernards Bauplan findet und er nur meint: „Doesn’t look like anything to me.“

Ich glaube, die weiterführenden Fragen sind es, die nun wirklich interessant werden. Ich gehe nämlich davon aus, dass Robert Bernard nicht aus dem Blauen heraus konstruiert hat, sondern dass es einmal einen echten Bernard gab. Robert spricht ja auch davon, dass er die Hosts im Grunde darum beneidet, dass sie frei von Selbstzweifeln leben, es wäre also durchaus denkbar, dass er es als Freundschaftsdienst ansah, den echten Bernard auf diese Weise zu verewigen. Genauso kam mir während der Szene der Gedanke, dass er womöglich auch von Theresa eine Kopie anfertigt – einerseits, um den Mord zu vertuschen, andererseits, um so eine weitere loyale (sprich kontrollierbare) Mitarbeiterin zu gewinnen. Ich fand in dem Zusammenhang diesen Satz so vielsagend: „The hosts are the ones who are free. Free here, under my control.“ Der Widerspruch seiner Aussage fällt Robert augenscheinlich gar nicht auf, und das ist es, was diesen Mann so ungeheuer gefährlich macht.

Wenn ich auch sage, dass Dolores’ und Williams Suche nach dem „maze“ zur endlosen Schnitzeljagd verkommen ist, möchte ich doch betonen, dass ich die Dynamik der beiden Charaktere über die Maßen liebe. „I used to think this place was all about pandering to your baser instincts. Now I understand. It doesn’t cater to your lower self, it reveals your deeper self. It shows you who you really are.“ William spricht sehr ausführlich darüber, dass er sich daran gewöhnt hat, in der realen Welt nur so zu tun, als gehöre er dazu, und dass er erst hier wirklich in der Lage ist, er selbst zu sein. Das ist ganz spannend, weil das ziemlich genau das ist, was Logan anfangs schon sagte. Aber es zeigt eben auch, dass es zu einfach ist, den Park als Spielplatz abzutun. (Angesichts dessen klingt die Theorie, dass wir hier verschiedene Timelines sehen und William die junge Version des Man in Black ist, gar nicht mehr so abwegig. Zumindest würde es erklären, wieso er seit dreißig Jahren immer wieder kommt und dabei so großes Interesse an Dolores zeigt.)

Der Part über Maeve wurde diese Woche wieder kurz gehalten, zeigt aber dennoch sehr anschaulich, was die neue Programmierung für sie bedeutet. Denn als die Techniker kommen und alle Hosts quasi in der Bewegung einfrieren, ist dieser Befehl bei ihr wirkungslos. Mehr noch, sie zeigt echte Sorge um Clementine, die aus dem Park fortgeschafft wird und für eine eindeutig gestellte Demonstration herhalten muss. Als sie mitansehen muss, wie Clementine außer Betrieb genommen wird, sind das echte Emotionen, die uns wirklich in Frage stellen lassen müssen, was die Hosts noch von uns Menschen unterscheidet. Ihr Plan, aus Westworld zu fliehen, könnte jedenfalls interessant werden, auch unter dem Gesichtspunkt, dass wir nicht wissen, wo der Park eigentlich liegt. (Ich tippe insgeheim immer noch auf einen fremden Planeten oder eine Raumstation oder so was.)

These violent delights have violent ends. „Trompe l’œil“ bezeichnet eine illusionistische Malerei, die ihre Blütezeit in der Renaissance erlebte. Damals versuchte man, mit Scheinarchitektur Räume größer und prunkvoller erscheinen zu lassen. Spannend: Wörtlich lässt sich „trompe l’œil“ auch als „Augenwischerei“ übersetzen. Wieso zeigt Bernard eigentlich ausgerechnet Hector Fotos der realen Welt? Ihn hatte ich bisher nicht im Verdacht, ein Bewusstsein zu entwickeln. Und es ist pure Ironie, dass sie Bernard feuern, denn was soll der in der realen Welt machen?

4 von 5 Bananen, die in Wirklichkeit Hosts sind.

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