Im Schnelldurchlauf | Serien im September

„Es wird die ganze Nacht brennen und stinken. Schlimmer wird’s nicht mehr.“
(„Chernobyl“)

Diesen Monat konnte ich einen ganz dicken Brocken von meiner Longtime-Watchlist streichen: die völlig zurecht gepriesene Miniserie „Chernobyl“. Aber es waren auch noch viele weitere Highlights dabei, wie mein Schnelldurchlauf zeigt. Spoiler!

The Expanse (Staffel 3)

Nachdem Naomi die Protomolekül-Probe Fred Johnson überlassen hat, ist die Stimmung an Bord der Rocinante gereizt. Holden will nach Io fliegen, um doch noch sein Versprechen einzulösen und Prax’ Tochter zu finden. Unterwegs gabeln sie Generalsekretärin Avasarala und Mars-Marine Bobbie auf, die Informationen haben, um einen Krieg zu verhindern. Doch es könnte bereits zu spät sein, denn Unterstaatssekretär Errinwright hat den Präsidenten zum Erstschlag gegen den Mars überredet. Da erhebt sich von der Venus plötzlich eine gewaltige Protomolekül-Struktur und bildet einen Ring.

Von der ersten Staffel einmal abgesehen, habe ich die dritte Staffel von „The Expanse“ immer als die am besten erzählte empfunden. Obwohl der Übergang vom zweiten zum dritten Roman auch diesmal deutlich spürbar ist, überschneiden sich die Plots genug, um ein Gefühl von Kohärenz zu vermitteln. Wahrhaft unübertroffen sind die letzten drei, vier Folgen, die sich um den Ring drehen und nicht nur sagenhaft spannend sind, sondern Erde, Mars und Gürtel auch erstmals zusammenbringen. Und es gibt so ein paar Momente, die mir immer noch die Tränen in die Augen treiben.

5 von 5 Bananen, die sich 35 Mal aufs Protomolekül testen.

His Dark Materials (Staffel 2)

Nachdem Lyra das Portal ihres Vaters durchquert hat, landet sie in Cittàgazze, einer von Gespenstern heimgesuchten Stadt in einer Parallelwelt. Auch Will aus unserer Welt ist dort gelandet und überredet Lyra zur Zusammenarbeit. Bei einem Ausflug in Wills Welt sucht Lyra die Physikerin Mary Malone auf, die sich mit Dunkler Materie befasst, wie in dieser Welt der Staub heißt. Als Lord Boreal Lyras Alethiometer stiehlt, lassen sie sich auf einen Handel mit ihm ein: Sie sollen ihm das magische Messer Æsahættr besorgen, das Fenster in andere Welten öffnen kann.

Auch wenn meine Zusammenfassung des Inhalts noch mal um einiges komplizierter klingt, ist die zweite Staffel von „His Dark Materials“ so viel besser. Vielleicht liegt es daran, dass der Plot diesmal eher dem eines Abenteuers entspricht. Lyra und Will erkunden Cittàgazze und wie die Fenster in andere Welten funktionieren, während der politische Rahmen mit dem Magisterium etwas in den Hintergrund rückt. Die Verbindung zwischen Dunkler Materie, Schattenteilchen und Engeln ist mir ehrlich gesagt aber nicht ganz klar geworden. Und wieso nur werden alle sympathischen Figuren gekillt?

4 von 5 Bananen im Omalette.

Lily: „Ich bin bereit, meine Jungfräulichkeit zu verlieren.“
Harry: „Ich bin bereit, mein Gehirn zu verlieren.“
(„And just like that …“)

And just like that … (Staffel 2)

Carrie gönnt sich eine kleine Affäre mit ihrem Podcast-Produzenten Franklyn, schreckt aber noch davor zurück, daraus mehr werden zu lassen. Dann meldet sich ihre alte Liebe Aidan wieder. Miranda begleitet Che nach Los Angeles, wo die Pilotfolge einer Comedy-Serie gedreht werden soll. Als das Projekt floppt, fällt Che in ein tiefes Loch, was die Beziehung mit Miranda stark belastet. Unterdessen erhält Charlotte das Angebot, wieder in einer Galerie zu arbeiten. Doch erst als sie merkt, dass ihre Kinder ihre Gutmütigkeit nur ausnutzen, beschließt sie, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.

Erstaunlicherweise ist die zweite Staffel von „And just like that …“ tatsächlich besser. Ob es nun daran liegt, dass wir mit den neu eingeführten Figuren vertrauter sind, oder am etwas humorvolleren Tonfall, die Serie macht jedenfalls endlich Spaß. Und da ich schon in den Tagen von „Sex and the City“ Team Aidan war, hat mich seine Rückkehr natürlich ganz besonders gefreut. Klar ist das reiner Fanservice und obendrein billig für die Autoren, weil sie die Beziehung nicht erst aufbauen müssen, aber ich nehm es trotzdem dankbar an. Nur, dass man sich so vor einem Happyend scheut, ist schade.

3 ½ von 5 Bananen, die alte Liebschaften aufwärmen.

Big little Lies (Staffel 2)

„Lasset die 2. Klasse beginnen.“ Seit dem Vorfall bei der Spendengala ist wieder Ruhe in Monterey eingekehrt, auch wenn die beteiligten Frauen weiterhin misstrauisch beäugt werden. Bonnie, die Perry in den Tod gestoßen hat, zieht sich zurück. Celeste bekommt Besuch von Perrys Mutter Mary Louise, die in ihrem Sohn einen Heiligen sieht und ihre Enkel für sich haben will. Jane dagegen geht erstmals wieder eine Beziehung ein, stößt dabei aber immer wieder an ihre Grenzen. Renata muss sich einem Insolvenzverfahren unterziehen, weil ihr Mann durch illegale Wertpapiergeschäfte ihr gesamtes Vermögen verspielt hat.

Im Grunde kann man die zweite Staffel „Big little Lies“ gar nicht ohne die erste beurteilen, weil die Geschichten der Frauen konsequent weitererzählt werden. Dabei rücken diesmal vor allem Bonnie und Celeste in den Vordergrund, deren Leben der gewaltsame Tod von Perry am meisten verändert hat. Der ohnehin schon erstklassige Cast wird in dieser Staffel durch Meryl Streep ergänzt, die die intrigante Schwiegermutter mit so viel Vergnügen spielt, dass man als Zuschauer gar nicht anders kann als sie voller Inbrunst zu hassen. Eine dritte Staffel wäre möglich, ist aktuell aber wohl leider nicht geplant.

5 von 5 Bananen, die sehr klein sind.

Anatoly Dyatlov: „Was sagt das Dosimeter?“
Alexandr Akimov: „3,6 Röntgen. Aber das ist der Höchstwert des Geräts.“
(„Chernobyl“)

Chernobyl (Miniserie)

In der Nacht des 26. April 1986 kommt es in Reaktorblock 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl zur Katastrophe. Bei der Simulation eines Stromausfalls explodiert der Reaktor, was die zuständigen Wissenschaftler zunächst nicht glauben wollen und herunterspielen. Auch die Politik ist sich schnell einig, den Vorfall unter Verschluss zu halten. Erst, als in Schweden erhöhte Strahlung gemessen wird, lässt sich der Unfall nicht länger vertuschen. Und es könnte noch schlimmer kommen: Die Maßnahmen zur Eindämmung des Feuers drohen eine Dampfexplosion auszulösen, die alles im Umkreis von 200 Kilometern verstrahlen würde.

Als das Unglück von Tschernobyl passierte, war ich noch ein Kleinkind, deshalb war das immer nur ein abstraktes Ereignis in meinem Geschichtsbuch. Doch auch wenn die Serie zweifellos einige Details ausschmückt, habe ich allein in der ersten Folge mehr darüber gelernt als in meiner gesamten Schulzeit. „Chernobyl“ verzichtet auf reißerische Dramatik und erzählt die Geschichte mit fast dokumentarischer Ruhe, trotzdem habe ich lange nichts so Spannendes mehr gesehen. Umso mehr vielleicht, weil man weiß, dass das alles wirklich passiert ist. Eine Serie, die unter die Haut geht.

5 von 5 Bananen, deren Strahlung das Dosimeter sprengt.

Ghosts (US) (Staffel 1+2)

Nach dem Tod einer Großtante erben Samantha und ihr Ehemann Jay deren großzügiges Anwesen, das jedoch leider von einer bunten Schar an Geistern bewohnt wird. Nachdem Samantha bei einem Sturz beinahe selbst gestorben ist, kann sie die Geister plötzlich sehen und glaubt zunächst an eine Nebenwirkung der Kopfverletzung. Die Geister wiederum sind hellauf begeistert, endlich einen lebendigen Zuhörer zu haben, und belagern sie förmlich mit ihren Wünschen und Klagen. Ihre größte Furcht: Da Samantha und Jay aus dem Haus eine Frühstückspension machen wollen, könnte es mit der Ruhe bald vorbei sein.

Gemessen an der Prämisse der Serie, ist „Ghosts“ nicht so klamaukig, wie man denken würde. Klar gibt es hier und da Verwicklungen, die übertrieben sind, doch die Charaktere retten vieles. Obwohl ich anfangs recht klare Vorlieben und Abneigungen hatte, wuchsen mir schließlich alle Geister irgendwie ans Herz, je mehr ich über sie erfuhr. Sei es nun Wikinger Thorfinn, der gerne über Dorsch fachsimpelt, Captain Isaac Higgintoot, der seit Jahrhunderten einen gegnerischen Soldaten anschmachtet, oder sogar Yuppie Trevor Lefkowitz, der kein so sexistisches Arschloch ist, wie es den Anschein hat.

3 von 5 Bananen, die einen hoch kriegen wollen.