Star Trek: Deep Space Nine | Tears of the Prophets (6×26)

„The Sisko is of Bajor. It is where he belongs. It is where he is meant to be.“

Sisko soll die Invasion von Cardassia anführen, doch die Propheten warnen ihn vor diesem Schritt – zurecht? Spoiler!

If you ask me, it’s an ungodly hour to go to war

Ein guter Tag für Captain Sisko: Zuerst bekommt er die Christopher Pike Medal of Valor verliehen, dann eröffnet ihm Admiral Ross, dass er die Invasion von Cardassia planen soll. Eine Schwäche in der Verteidigung des Dominions ist schnell gefunden, doch auch die Romulaner müssen für die Operation gewonnen werden. Und eine Warnung der Propheten bringt Sisko zum Nachdenken. Derweil ist das Ziel nicht so schutzlos, wie sie glauben, denn Damars neue bewaffnete Drohnen stehen kurz vor dem Einsatz. Da kehrt Gul Dukat mit einem wahnwitzigen Plan nach Cardassia zurück: Er befreit einen Pah-Wraith aus einer Statuette und will so die Propheten selbst herausfordern.

Gelungene Kulmination zahlreicher Plots

„Tears of the Prophets“ ist ein vollgepacktes Staffelfinale, das dank guter Vorbereitung der einzelnen Plots überraschend kohärent ist. Auch wenn natürlich alles vom Tod Jadzia Dax’ überschattet wird, werden viele wichtige Weichen für die kommende, letzte Staffel gestellt. Dabei ist die Folge spannend, bietet den meisten Figuren einen kleinen, persönlichen Moment und stellt mit dem Cliffhanger am Ende alles auf den Kopf. Vor allem aber ist es genuin „Star Trek: Deep Space Nine“, dass eine vordergründig militärische Story unversehens in einen mystischen Kampf Gut gegen Böse übergeht.

„You’ve got to make a decision. You are either the Emissary or a Starfleet captain. You can’t be both.“

Das Magische und das Wissenschaftliche

Ich habe es sicher schon oft geschrieben, doch eines der Alleinstellungsmerkmale von „Star Trek: Deep Space Nine“ ist die Offenheit für das Unerklärliche. Anders als in den vorherigen Shows muss hier nicht immer alles (pseudo-)wissenschaftlich erklärt werden. Und ebenfalls im Gegensatz zu den anderen Serien spielten Glaube und Religion von Anfang an eine wichtige Rolle, wurden vor allem ernst genommen und nicht als Merkmal von Rückständigkeit missbraucht.

Im Zentrum dieses vermeintlichen Widerspruchs zwischen Wissenschaft und Glaube steht Captain Sisko. Der, wenn man an die Anfänge der Serie zurückdenkt, eine gewaltige Entwicklung durchgemacht hat. Das Spannende ist aber, dass er trotz wachsendem Glauben niemals aufgehört hat, ein rationaler Sternenflottenoffizier zu sein. Bisher hat das gut funktioniert, doch nun wird er vor die Wahl gestellt, das eine oder das andere zu sein.

Gab es überhaupt eine „richtige“ Wahl?

Die Frage, mit der wir letzten Endes allein gelassen werden, lautet: Hat sich Sisko falsch entschieden? Wäre Dax noch am Leben, wenn er auf Deep Space Nine geblieben wäre? Hätte er verhindern können, dass Dukat den Orb im Schrein „vergiftet“? Wir wissen es schlicht nicht, die Propheten haben ihm nicht gerade eine genaue Handlungsanweisung gegeben. (Und seien wir ehrlich, an seinem Schreibtisch sitzend hätte er auch bloß nicht mitbekommen, dass sich Dukat direkt in den Schrein beamt.)

Von der anderen Seite aus betrachtet, fällt das Urteil allerdings nicht so günstig aus, denn es ist offenkundig, dass Sisko nicht zwingend bei dem Angriff hätte dabei sein müssen. Die Idee, wie sie die Drohnen unschädlich machen können, kam von Garak. Und ab der Hälfte der Schlacht fiel Sisko sogar ganz aus. Mag sein, dass es beim Militär irgendwie zum guten Ton gehört, dass der, der den Angriff plant, auch bei der Ausführung dabei ist. Doch strategisch betrachtet war es unnötig.

„This is a disaster. Federation soldiers have landed on Cardassian soil and now you’re telling me the wormhole is gone? And with it, any chance of getting reinforcements from the Gamma Quadrant.“

Eine Zeitenwende

Was uns zur Gegenseite bringt. Ich las diese wundervolle Analyse, dass Weyoun und Dukat gewissermaßen die Plätze getauscht haben. Denn während alles rund um das Dominion anfangs noch sehr mystisch wirkte, ist Weyoun als sein Stellvertreter nun ein klassischer Kriegsherr. Dukat hingegen begann als Soldat und Stratege, hat das aber zugunsten eines „religiösen“ Ansatzes aufgegeben. Für mich persönlich ist das aber auch schon das Interessanteste an der Angelegenheit, mit den Pah-Wraiths konnte ich wie gesagt nie sonderlich viel anfangen.

Unabhängig davon stellt „Tears of the Prophets“ natürlich eine Zäsur dar. Indem Dukat den Pah-Wraith in einen der Orbs überträgt (die wie eine Standleitung zu den Propheten sind), kann dieser ins Wurmloch gelangen. Was genau dort passiert, erfahren wir nicht, doch die Folge davon ist, dass sich das Wurmloch komplett schließt. Dass das den Krieg beeinflussen wird, ist klar, doch wie, lässt sich kaum erahnen. Sicher, das Dominion ist nun vollständig vom Gamma-Quadranten abgeschnitten. Doch andererseits halten die Propheten auch nicht mehr ihre schützende Hand über Bajor und damit den Alpha-Quadranten.

Nicht das Ende der Geschichte

Ganz zum Schluss komme ich nicht umhin, auch kurz auf das Thema Dax zu sprechen zu kommen. Ich habe das Drama um den Weggang von Terry Farrell ehrlicherweise weder damals noch heute wirklich verfolgt und maße mir daher kein Urteil darüber an. Aus erzählerischer Sicht ist es einfach bitter, die Figur ausgerechnet dann zu verlieren, wenn die Serie vor ihrer finalen Staffel steht. Und es ist unzweifelhaft ein sinnloser Tod, der vielleicht sogar reflektiert, dass die Autoren ziemlich angepisst waren, das überhaupt schreiben zu müssen.

Obwohl ich die Figur heute mit etwas anderen Augen sehe als damals als Teenager, habe ich niemals eine so innige Beziehung zu Jadzia entwickelt wie viele andere Fans. Vielleicht war sie mir immer einen Tick zu perfekt, ich weiß es nicht. Bei ihrer Nachfolgerin Ezri ist das anders, sie mochte ich von Anfang an und bin ehrlich gespannt, ob das beim Rewatch immer noch der Fall sein wird. Auch wenn ich immer mit einer gewissen Frustration auf Jadzias Tod blicken werde, bin ich den Autoren unendlich dankbar dafür, dass sie die Figur Dax nicht auch haben sterben lassen.

„I’ve failed as the Emissary, and for the first time in my life I’ve failed in my duty as a Starfleet officer.“

Vermutlich die beste Staffel der Serie

Ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass die sechste Staffel objektiv betrachtet die beste der Serie darstellt. Insbesondere die ersten sechs Folgen sind als Ganzes über jeden Zweifel erhaben, selbst wenn sie einzeln betrachtet nicht alle herausragend waren. Der Krieg gegen das Dominion war das alles beherrschende Thema, selbst wenn es für meinen Geschmack manchmal zu sehr in den Hintergrund trat, um Platz zu machen für sinnlose Ferengi-Folgen oder die jährliche „Wir quälen O’Brien“-Story. Wenn es um den Krieg ging, waren die Geschichten meist von erschütternder Ehrlichkeit und haben deshalb auch Jahrzehnte später noch große Relevanz.

Die qualitative Bandbreite der Storys ist dennoch gewohnt groß. Da gibt es die atemberaubenden Highlights wie „Inquisition“, „In the pale Moonlight“ oder „The Sound of her Voice“, aber auch unfassbare Tiefpunkte mit „Profit and Lace“ und „Waltz“ (auch wenn ich mit letzterem sehr allein stehe). Auffallend ist auch der sehr durchschnittliche Mittelteil, der deutlich zeigt, dass schon damals eine moderate Reduzierung der Folgen der Serie sehr gut getan hätte.

Eine interessante Beobachtung, die ich speziell bei dieser Staffel gemacht habe, ist, dass „Star Trek: Deep Space Nine“ entgegen aller Vermutungen doch noch immer ganz klar eine episodische Serie war. Trotz oder vielleicht auch wegen des Plots um den Dominion-Krieg merkt man, wenn man die Staffel am Stück schaut, wie „klein“ die Handlung letztendlich doch ist. Bei nur einer Folge pro Woche fiel das weniger auf, da die Autoren Spannung aufbauen konnten, die eben nicht schon am nächsten Tag gelöst wurde.

Notes of the Prophets

• Odo und Kira haben ihren ersten Streit, und weil Odo so gar keine Ahnung von Beziehungen hat, denkt er, das war es jetzt. Putzig.
• Hüllen wir den Mantel des Schweigens über den Subplot um Bashir und Quark, die in Selbstmitleid zerfließen, weil Dax und Worf ein Baby haben wollen. Inklusive überflüssiger Gesangseinlage von Vic Fontaine.
• Großartig allerdings, als Worf erst meint „it is a private matter“, worauf Dax ihre Pläne sofort ausplaudert und Worf nur stoisch korrigiert „it was a private matter“.

4 ½ von 5 Bananen, für die mehr Glück übrig bleibt.

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