The Handmaid’s Tale | The Wilderness (4×10)

„They know what he was, what he did, and how it felt. They made a deal with him anyway. So maybe what he‘s giving them is more valuable than what he took for me.“

Die Waterfords stehen kurz vor der Freilassung. June heckt einen wahnwitzigen Plan aus, um das zu verhindern. Spoiler!

Pretend you like it

Nachdem sich Fred Waterford dazu bereit erklärt hat, wichtige Informationen über Gilead preiszugeben, scheint einem Freispruch nichts mehr im Wege zu stehen. Er und Serena planen sogar schon ihr neues Leben. June bemüht sich vergeblich, das Kapitel hinter sich zu lassen und kontaktiert erneut Kommandant Lawrence. Schließlich gelingt es ihr, Tuello davon zu überzeugen, Fred an Gilead auszuliefern, wenn dafür 22 Frauen aus dem Widerstand freigelassen werden. Den ganzen Plan kennt aber auch Tuello nicht, denn Nick bringt Fred in den Wald, wo June und weitere missbrauchte Frauen bereits auf ihn warten.

Ein Ende mit Schrecken … für Fred

Fängt das Staffelfinale noch vergleichsweise ruhig an, endet es definitiv mit einem Knall. Und es verfehlt nicht seine Wirkung, dass wir Zuschauer genau wie Fred lange im Dunkeln gelassen werden, was wirklich vor sich geht. Bis ihm im Wald dann plötzlich June mit einer Waffe gegenübersteht. Es ist vor allem auch ein befriedigendes Ende, in gewisser Weise ein Abschluss dieses Kapitels, und wir dürfen gespannt sein, welche Kreise das in der nächsten Staffel noch ziehen wird.

Fred: „What we had, it was vital, it was a relationship we both needed very badly to survive in our own ways. I wouldn‘t call it love. It was something else, something very strong.“
June: „Yeah, yeah, there was.“
Fred: „It‘s funny to find myself missing her.“
June: „Who?“
Fred: „Offred. I realize that must sound strange to you.“
June: „No, I miss her too, some things so much. I miss her strength.“
Fred: „She was very special, inspiring in a way.“

Fred schaufelt sich sein eigenes Grab

Ich denke, eine der Schlüsselszenen von „The Wilderness“ ist Junes Besuch bei Fred, als der gerade seine Sachen für die Reise nach Genf zusammenpackt. Bis zu dem Moment war sie, glaube ich, durchaus entschlossen, einen Schlussstrich für sich zu ziehen, auch Luke zuliebe. Doch zu hören, wie Fred alles, was zwischen ihnen passiert ist, herunterspielt und sogar halb als Affäre hinstellt, die sie vor Luke nur nicht zugeben wollte, zementiert sein Schicksal. Seine völlig absurde Entschuldigung macht es am Ende nur schlimmer.

Es ist durchaus aufschlussreich, dass Moira diejenige ist, die an eine juristische Lösung glaubt, während Emily sofort weiß, was June wirklich will. Selbst wenn Fred in einem Gefängnis verrotten würde, wäre das noch nicht einmal ansatzweise genug. Es geht dabei noch nicht mal darum, ihn zu töten, auch wenn es sicher das Sahnehäubchen ist, dass er am Ende wirklich an der Mauer hängt. Nein, June will, dass er Angst um sein Leben hat, dass er erfährt, wie sie und all die anderen Frauen sich jahrelang gefühlt haben.

Für Luke ist damit eine Linie überschritten

Für Junes Ehe mit Luke ist das – diese Prognose wage ich hier – der Sargnagel. Er hat viel Rücksicht bewiesen, aber diese Sache dürfte ihm vor Augen führen, dass er nicht einmal im Ansatz versteht, wie sehr June sich verändert hat. Wie tief sie verletzt wurde, nicht nur als Frau, sondern auch als Mensch. In „Vows“ sagte sie im Flashback zu ihm, jeder habe eine Linie, etwas, was er dem anderen nicht verzeihen könnte. Der Mord an Fred ist Lukes Linie, da bin ich mir ziemlich sicher.

Das ist eben das, was ich schon recht früh in der Serie prophezeit habe. June und Luke sind sich in einer Weise fremd geworden, die unüberwindbar scheint. Nick hingegen versteht viel zu gut, wie June sich fühlt, und würde noch dazu alles für sie tun. Ich will gar nicht wissen, was es ihn gekostet hat, diese Scharade zu organisieren, ohne dass es die falschen Leute mitkriegen. Obwohl ich tatsächlich interessiert wäre, zu erfahren, inwieweit Lawrence eingeweiht war. Wusste (und befürwortete) er, was wirklich mit Fred passieren wird, oder dachte er, er wird tatsächlich vor Gericht gestellt? Ich meine, sie haben dafür 22 Frauen gehen lassen, das muss doch auffallen!

Emily: „What do you want?“
June: „I want him to be afraid because I was afraid for so long.“
Emily: „How afraid?“
June: „Like in the woods when I was caught, when they took Hannah.“
Emily: „More than that.“
June: „I want him to be scared to death.“

Serenas Schicksal bleibt vorerst offen

Serenas Reaktion auf Freds Tod wird in dieser Staffel wohlweislich ausgespart, denn das dürfte noch mal sehr interessant werden. Ich fand sie speziell in dieser Folge extrem unangenehm, als sie verlangt, dass die Leute ihren Mann doch bitte mit Kommandant anreden sollen. Und dann will sie dringend auch schnelleres Internet, und wie läuft es eigentlich mit der Haussuche? Die Frau hat so was von kein Gespür dafür, was ihrer Situation angemessen ist, die hält sich allen Ernstes für eine VIP.

Und genau das macht es so spannend, wie ihre Geschichte weitergeht. Ist sie nun frei oder gibt es noch irgendwelche Anschuldigungen gegen sie? Dass sie nicht nach Gilead zurückkehren wird, dürfen wir als gesichert ansehen. Aber wird sie Freds Tod zum Anlass nehmen, sich endgültig vom Leitbild Gileads zu lösen, wie sie es zu Beginn der Staffel ohnehin vorhatte? Oder wird sie es sich in den Kopf setzen, Fred zu rächen? (Da es für deutlich mehr Drama sorgt, tippe ich auf letzteres.)

Erste Staffelhälfte mau, zweite dafür umso besser

Schwer zu sagen, wie ich diese Staffel insgesamt bewerten soll. Generell ist das Problem, dass „The Handmaid‘s Tale“ längst nicht mehr dieselbe Wucht hat wie damals in der ersten und stellenweise auch noch in der zweiten Staffel. Ich möchte nicht soweit gehen zu sagen, dass wir gegenüber dem thematisierten Leid abgestumpft sind. Aber wir wissen inzwischen, wie der Hase läuft, und das raubt dem Ganzen doch viel von seiner Relevanz.

Hinzu kommt, dass sich auch die Drehbücher allzu oft im Kreis drehen, und die erste Hälfte der vierten Staffel war in der Hinsicht keine Ausnahme. Erst mit Junes Flucht nach Kanada gelang es, wieder frische Geschichten zu erzählen, und das hat der Serie unfassbar gut getan. Die reduzierte Anzahl der Folgen dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben. Alles in allem blicke ich der nächsten Staffel nun wieder positiv entgegen, wenngleich ich doch hoffe, dass sie dann auch endlich mal ein Ende ins Auge fassen.

Blessed be the fruit

• Es ist so süß, wie June zu Rita meint, sie solle doch nicht immer für sie kochen und putzen. Und Rita darauf mit einem Achselzucken antwortet, daran arbeite sie noch mit ihrem Therapeuten.

4 ½ von 5 abgehackten Bananen im Briefumschlag.

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